Der Rat der Friedensmütter in Wan (tr. Van) hat die Festnahmewelle in Colemêrg (Hakkari) scharf verurteilt und die unverzügliche Freilassung von Mitgliedern der Initiative gefordert, die sich in der benachbarten Provinz in Polizeihaft befinden. „Wir werden uns der Repression nicht beugen, wir wollen Frieden“, lautete am Donnerstag das Motto einer Kundgebung der Friedensmütter, an der sich auch Politikerinnen und Politiker der Parteien YSP, HDP und DBP, der Frauenbewegung TJA, der Gefangenensolidarität Tuhay-Der und vom Verein Mebya-Der, der sich für Menschen einsetzt, die Angehörige im kurdischen Befreiungskampf verloren haben, beteiligten.
Mindestens 24 Personen waren am Dienstag in einem konzentrierten Großeinsatz in verschiedenen Landkreisen Colemêrgs von der türkischen Polizei unter „Terror“-Verdacht festgenommen worden, viele von ihnen sind Frauen. Auch mehrere Aktivistinnen der Friedensmütter befinden sich unter den Festgenommenen. Die Friedensmütter sind Frauen, die sich für Frieden in Kurdistan und der Türkei einsetzen. Die meisten haben Kinder, die politische Gefangene oder in der kurdischen Befreiungsbewegung aktiv bzw. ums Leben gekommen sind.
„Einige der festgenommenen Friedensmütter leiden unter teils gravierenden Gesundheitsschäden“, erklärte die YSP-Abgeordnete Gülcan Kaçmaz Sayyiğit heute. Eine von ihnen ist die 50-jährige Fatma Duman, die unter hohem Blutdruck leidet und seit ihrer Festnahme bereits zwei Mal in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Dass sie trotz ihrer schlechten Verfassung weiterhin in Polizeihaft gehalten wird, sei Ausdruck einer menschenverachtenden Mentalität, betonte Sayyiğit. „Das kurdische Volk kämpft seit Jahren für die Beendigung des Krieges. Die bedeutendsten Vertreterinnen dieses Widerstands sind die Friedensmütter. Ihre Forderungen sind ein Ende des Blutvergießens und ein würdevoller Frieden. Wir unterstützen ihren Kampf.“
Worauf genau sich der gegen die Festgenommenen in Colemêrg erhobene Vorwurf der angeblichen PKK-Mitgliedschaft bezieht, ist bislang unklar. Der Inhalt der Ermittlungsakte ist nach Angaben der Rechtsanwaltskammer Hakkari und der Juristenvereinigung ÖHD nicht bekannt, da die für das Verfahren zuständige Staatsanwaltschaft ein Anwaltsverbot angeordnet habe. Zwar lief die Maßnahme am Mittwoch bereits wieder aus, faktisch sei es aber rechtswidrig weiter in Kraft. Zu den Gründen liegen laut ÖHD ebenfalls keine behördlichen Informationen vor. „Anfragen bei Staatsanwaltschaft und Gericht sowie entsprechende Gesprächsgesuche blieben bisher gänzlich unbeantwortet“, teilte der Kammervorsitzende Ergün Canan mit. Zudem wurde die Dauer des Gewahrsams aller Festgenommenen keine 24 Stunden nach der Festnahmewelle bereits um vier Tage verlängert. Begründet wurde die Verlängerung mit noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen.