Am Freitagabend hat Meike Nack von der Stiftung der freien Frauen in Rojava (Weqfa Jina Azad a Rojava, WJAR) den Abschlussbericht des vierjährigen Projektes „Stärkung der Gesundheitsversorgung in den Kommunen durch Frauenhand“ in der Diözesanversammlung Trier vorgestellt. Im Rahmen des Projektes wurden in Rojava Gesundheitszentren ausgebaut und Mitarbeiterinnen ausgebildet sowie Aufklärungsseminare und Kampagnen zu Gesundheitsthemen durchgeführt.
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Bistum Trier hat rund 28.000 Mitgliedsfrauen. Etwa 100 Vertreterinnen der Diözese kamen am vergangenen Wochenende zu ihrer Jahresversammlung. Auf dieser feierten die kfd-Frauen mit Vertreterinnen der Frauenstiftung und der Musikgruppe Dengê Xwezayê, der Erbane-Gruppe des Frauenrates Viyan aus Wuppertal und des Frauenrates Nalîn aus Düsseldorf den Projektabschluss im Robert-Schuman-Haus in Trier.
Positive Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts ist beiderseitig positiv bewertet worden. Der Frauenverband im Bistum Trier hat das erste Mal ein Projekt unterstützt, das von ständigen Kriegsdrohungen belastet ist. Die Projektreferentin Meike Nack hat den Verband über die vier Jahre regelmäßig zur aktuellen Situation in Nordsyrien sowie den Projektverlauf informiert. Rita Monz fasste die Zusammenarbeit so zusammen: „Der gesamte Projektverlauf war von der anhaltenden Sorge um die Mitarbeiterinnen der Partnerorganisation und um die Menschen in Nordsyrien geprägt. Wir haben das Projekt ‚Hoffnung auf Zukunft für Nordsyrien' genannt, und das war genau richtig!“ Eine weitere kfd-Frau sagte: „Wir haben bei dem Projekt viel gelernt und haben so zu vielem einen neuen Blick bekommen.“ Vorstandsmitglied Rita Ney wertschätzte besonders die direkten Berichte: „Eine Vertreterin der Frauenstiftung aus Syrien ist zu uns gekommen und hat von vor Ort berichtet, es hat mich im Herzen bewegt.“ Für viele ältere Frauen in den Ortsgruppen kamen Erinnerungen an eigene Kriegserlebnisse wieder hoch, umso wichtiger war für sie die Unterstützung der Frauen vor Ort.
Die Ortsgruppen der kfd im Bistum Trier haben in vielfältigen Aktivitäten über die letzten vier Jahre die Gesundheitsarbeit unterstützt. Auf Weihnachtsmärkten wurden selbstgemachte Handarbeiten verkauft, es fand eine Ausstellung mit Bildern der Fotografin Annett Bender statt, es wurden Veranstaltungen und sogar eine Lotterie organisiert. Auch Erlöse aus einer Karnevalsveranstaltung wurden gespendet und beim Friedensgebet wurde gesammelt.
Beispielprojekt für kommunale Arbeit in Rojava
Das vierjährige Gesundheitsprojekt der Frauenstiftung in Rojava ist ein Beispielprojekt für kommunales und nachhaltiges Arbeiten in der Region. Es haben bisher über zehntausend Frauen und damit noch einmal mindestens ebenso viele Kinder und Familienangehörige von dem Projekt profitiert.
Zu den vier aufgebauten Frauengesundheitszentren in Serêkaniyê, Qamişlo und Tepke bei Dêrik hat die Stiftung 2018 ein Naturheilzentrum für Frauen in Dirbesiyê eröffnet. Die Naturheilkunde ist die Basis für jede Medizin, sie gehört zu dem ureigenen Wissensgebieten von Frauen. Die Stiftung möchte mit ihrem Projekt die Naturheilkunde fördern, dazu hat sie auch vier jungen Frauen in dem Zentrum ausgebildet. In dem Zentrum werden viele Menschen mit Behinderung behandelt. Insgesamt werden in allen Gesundheitszentren monatlich, je nach Jahreszeit, zwischen 800 und 1.200 Patientinnen behandelt.
Gesundheitskampagnen und Seminare
Ergänzend zur Versorgung von Patientinnen hat die Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Kurdischen Roten Halbmond (Heyva Sor a Kurd) mehrere Gesundheitskampagnen durchgeführt:
Die Aufklärungskampagne „Sauberkeit als Grundlage der Gesundheit“ richtete sich in erster Linie an Lehrer*innen und Schüler*innen des Kantons Cizîrê. Insgesamt haben 16.772 Frauen und Kinder im Rahmen der Kampagne gelernt, wie sie durch Hygiene im schulischen und außerschulischen Alltag ihre Gesundheit schützen können. Das Angebot wurde sehr gut angenommen.
Des Weiteren ist eine Aufklärungskampagne zu Brustkrebs und eine zu den Gefahren und Folgen eines Kaiserschnitts durchgeführt worden.
Das Angebot der Gesundheitsseminare zu Fachthemen in den Stadtteilen wurde während der Jahre immer breiter. Anhand der Rückmeldungen wird deutlich, dass das Grundwissen zu Gesundheit mittlerweile wesentlich fundierter ist. Themen in diesem Jahr sind: Hygiene, Schutz vor ansteckenden Erkrankungen (wie Leishmaniose, Krätze, Würmern etc.), Blutdruck- und Fiebererkrankungen, Diabetes, Brustkrebs, Nierenleiden, Lungenentzündung, psychische Krankheiten, Veränderung von Mädchen zu Frauen (Menarche), Schwangerschaftskurse, Vergiftungen, Augenkrankheiten, Entwicklungsphasen von Kindern, Geburt und Kaiserschnittrisiken, Muttermilchernährung statt Babypulvermilch etc.
Fazit: Ein erfolgreiches, vielfältiges und nachhaltiges Projekt
Der Stiftung ist es damit gelungen, durch die Aus- und Weiterbildung im Gesundheitsbereich von Frauen ein breites gesellschaftliches Wissen im Bereich Gesundheit zu schaffen und eine nachhaltige Gesundheitskultur in den Städten zu entwickeln. Auch konnte die Frauenstiftung eine beachtliche Anzahl an Mitarbeiterinnen (bisher 190 Frauen in 17 Ausbildungsgängen bis Mitte 2019), sowohl für den professionellen Einsatz aber vor allem für den ehrenamtlichen Bereich von Gesundheitsarbeit in den Kommunen gewinnen und schulen. Zudem hat die Stiftung erfolgreich eine erste Ausbildung zur Krankenpflege für 25 Frauen in dem neuen Frauenbildungszentrum in Kobanê durchgeführt.
Zum Abschluss der kfd-Förderung konnte die Frauenstiftung eine nachhaltige Implementierung der wichtigsten Aspekte der Projekte im Gesundheitsbereich erreichen.
Abschließend bewertet die Stiftung der freien Frau in Rojava das gemeinsame Projekt „Stärkung der Gesundheitsversorgung in den Kommunen“ als überaus erfolgreich und eine vielfältige Wirkung entfaltend. Durch die vierjährige Unterstützung der kfd im Bistum Trier gab es eine kontinuierliche Planungssicherheit, die es ermöglicht hat, Erfahrungen zu sammeln sowie ein umfassendes Gesundheits- und Bildungsangebot für Frauen und Kinder in sechs Städten und drei Flüchtlingscamps bereitzustellen. Die Versorgungssituation von bedürftigen Frauen und Kindern in der Region durch ein niederschwelliges und nachhaltiges Angebot konnte wesentlich verbessert und eine sehr große Anzahl an Frauen durch Ausbildung für ein ehrenamtliches sowie berufliches Engagement gewonnen werden. Frauen wurden damit in ihrem gesellschaftlichem Engagement, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer ökonomischen Situation gestärkt. Mit ihrem Projekt steht die Frauenstiftung beispielhaft für einen Wandel in Nordsyrien von einer kurzfristig-akuten hin zu einer präventiven, nachhaltigen, langfristigen und Frauen-orientierten Gesundheitsversorgung in einer Krisenregion. Damit wurden Grundsteine für eine autonome Gesundheitsversorgung von Frauen gelegt. Und es wurden grundsätzliche Gedanken und Strukturen zu einem an den Bedürfnissen der Menschen orientierten dezentralen Versorgungssystem im Gesundheitssektor entwickelt.
Zum Schluss ihres Projektberichtes hat sich Meike Nack von der Frauenstiftung bei allen Frauen der kfd im Bistum Trier aus vollem Herzen bedankt: „Die Zusammenarbeit war angenehm und inspirierend. Ihr Engagement, ihre Begeisterung und ihr Mitgefühl haben sich durch das Projekt bis nach Nordsyrien getragen. Der grenzenlose Geist der Solidarität unter Frauen ist ein wesentlicher Grundstein für dieses fruchtbare Projekt. Er wird in allen Bereichen der Arbeiten und den Folgeprojekten spürbar bleiben.“
Da eine Projektdelegation nicht zustande gekommen ist, hat die Frauenstiftung für den Frauenverband den Auftritt der Musikgruppen als ein überraschendes Abschlussgeschenk organisiert. Die Frauen haben am Abend miteinander getanzt, viel erzählt und sich gefreut.