Eine YPJ-Kämpferin erinnert sich an den Widerstand von Serêkaniyê

Viele junge Menschen und ganze Familien sagten: Wir wollen mit euch zusammen kämpfen. Sie verstanden, dass es auch ein Kampf um Würde und Ehre war. Es war ja ihre Heimat, die Gegend, in der sie geboren und aufgewachsen waren.

Vor einem Jahr begann die Invasion in Nordsyrien, die nach erbittertem Widerstand zur Errichtung einer weiteren Besatzungszone unter türkisch-islamistischer Herrschaft zwischen den Städten Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) an der Grenze zur Türkei führte. Die YPJ-Kämpferin Ronahî Gever nahm am Widerstand in Serêkaniyê teil und berichtet von dieser Zeit:

„Ich kam am sechsten Tag des Widerstands ins Kampfgebiet. Eine Gruppe von uns war eingekesselt. Wir durchbrachen den Kessel und gingen in die Stadt. Die türkische Armee setzte ihre gesamte Waffentechnologie ein. Ohne Rücksicht wurden Massaker an Kindern und Alten begangen. Trotz seiner technologischen Überlegenheit brachte unser Widerstand, unsere Moral und unser Enthusiasmus den Feind in Bedrängnis. Am siebten Tag des Krieges gingen wir zum Krankenhaus, dort waren unsere Verwundeten. Der Feind griff das Krankenhaus an und wollte unsere Freundinnen und Freunde töten. Die Verletzten waren so mutig, dass ihre Moral uns Kraft gab. Viele hielten trotz ihrer Verwundung nicht still und kämpften selbst in diesem Zustand. Wir sagten ihnen, dass sie sich schonen müssen, aber sie beharrten darauf, gegen die Angriffe Widerstand zu leisten. Ihre Willensstärke machte großen Eindruck auf uns. Vor allem die YPJ-Kämpferinnen spielten eine wichtige Rolle. Es zeigte sich der Geist, der die Linie der Frauenbefreiung ausmacht. Dieser Geist hatte eine große Wirkung auf alle. Viele junge Menschen und ganze Familien sagten: Wir wollen mit euch zusammen kämpfen. Sie verstanden, dass es auch ein Kampf um Würde und Ehre war. Es war ja ihre Heimat, die Gegend, in der geboren und aufgewachsen waren.“

Aus Liebe zum Leben kämpfen

„Die Angriffe dauern immer noch an, denn der Feind kann die Revolution von Rojava nicht ertragen“, fährt Ronahî Gever mit ihrer Schilderung fort: „Er kann mit der Wahrheit nicht umgehen. Die türkische Armee will die Bevölkerung vertreiben und von ihrem Land losreißen. Alles findet vor den Augen der Öffentlichkeit statt. Zahlreiche Menschen werden mit Gewalt über die Grenze in die Türkei verschleppt, vor allem junge Mädchen sind im Visier. Alle schmutzigen Kriegsverbrechen finden offen statt. Die Welt sieht das, aber es wird nichts getan. Niemand bezieht Position gegen die Vergewaltigungen, die Tötungen und den Völkermord. Solange es uns gibt, werden wir uns dagegen stellen. Vor allem als Frauen werden wir unseren Kampf immer mehr vergrößern. Ich möchte zuletzt noch etwas sagen: Als Serêkaniyê belagert wurde, musste ein Korridor eingerichtet werden. Eine Gruppe von uns versammelte sich deswegen. Alle waren derartig enthusiastisch, es war bewegend. Denn alle waren auf Vergeltung aus. Mit diesem Gefühl rückten wir vor und öffneten einen Korridor durch die Reihen der Dschihadisten. In dieser Gruppe waren auch Verwundete, die darauf bestanden hatten, daran teilzunehmen. Der genossenschaftliche Geist und die Verbundenheit untereinander trat dabei zutage. Es war eine Atmosphäre der Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft. Die Verwundeten sollten aus der Stadt gebracht werden, aber sie sagten, dass sie die anderen Kämpferinnen und Kämpfer und die Bevölkerung nicht zurücklassen werden. Dieser Widerstand ist in die Geschichte eingegangen. Die Verbundenheit und die Liebe zum Leben wurden vollständig adaptiert, das beeinflusste alles. Für uns war diese Gegend ein ideeller Wert, ein heiliger Ort. Für dieses Volk mussten wir alles tun. Richtig, im Moment ist sie vielleicht von der türkischen Armee besetzt, aber es wird der Tag kommen, an dem wir uns Serêkaniyê, Girê Spî und Efrîn zurückholen.“