Doppelter Frauenmord in Mersin

In der südtürkischen Provinz Mersin sind zwei Frauen Opfer eines Femizids geworden. Bei dem Täter handelt es sich um den Ehemann und Schwiegersohn der Getöteten.

Während die Proteste gegen den Femizid an der Studentin Pinar Gültekin in Muğla noch andauern, sorgen zwei weitere Frauenmorde in der Türkei für eine weitere Welle der Empörung und Wut. In Anamur in der südtürkischen Provinz Mersin wurden am Montag die 29 Jahre alte Sümeyye Ateş und ihre 51-jährige Mutter Şule Ateş erschossen. Bei dem Täter handelt es sich um den Ehemann der Tochter.

Sümeyye Ateş lebte getrennt von Ismail Ateş und hatte vor kurzem die Scheidung eingereicht. Kurz vor ihrem Tod suchte sie gemeinsam mit ihrer Mutter die ehemals gemeinsame Wohnung auf, um ihre persönlichen Gegenstände abzuholen. Dort wurden beide Frauen mit einem Jagdgewehr von dem Mann erschossen. Nachbarn hörten die Schüsse und alarmierten Polizei und Rettungskräfte, ein Notarzt konnte nur noch den Tod der Frauen feststellen. Der Täter wurde inzwischen von der Militärpolizei festgenommen.

Sümeyye (l.) und Şule Ateş | Quelle: Gazete Karınca

In der Türkei kommt es inzwischen fast täglich zu Femiziden, dennoch diskutiert die Regierung über eine Aufkündigung der Istanbuler Konvention zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Şule und Sümeyye Ateş waren zwei von mindestens 152 Frauen, die dieses Jahr nach Recherchen der Plattform Kadın Cinayetlerini Durduracağız (deut. „Wir stoppen Frauenmorde“, kurz KCDP) aufgrund ihres Geschlechts in der Türkei ermordet wurden. Im letzten Jahr wurden sogar 474 Fälle gezählt. Die Frauenrechtlerinnen der Organisation, die Gewalt gegen Frauen erfasst und sich zur Aufgabe gemacht hat, öffentlich über Femizide aufzuklären und diese zu verhindern, setzten sich für den Erhalt und die Umsetzung der Istanbul-Konvention ein und verlangen seit Jahren langjährige Haftstrafen für Täter zur Abschreckung. Sie kritisieren, dass gemäß des Übereinkommens zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz von Frauen nicht implementiert werden und Richter bei der Strafzumessung einen viel zu weiten Ermessensspielraum haben. Viel zu oft gebe es Strafnachlässe für angeblichen Affekt, für Reue und oft sogar für gute Führung, nur weil der Täter in Anzug und Krawatte vor Gericht erscheint, beklagen die Aktivistinnen.