„Die Freiheit der Frauen in Şengal ist auch unsere Freiheit, wir haben die verschleppten Ezidinnen nicht vergessen.“ - Das war die zentrale Botschaft bei den Veranstaltungen in Europa zum Jahrestag des Genozids vom 3. August 2014 an den Ezid:innen in Şengal. Auf Demonstrationen und Kundgebungen, zu denen die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) und der ezidische Frauendachverband (SMJÊ) aufgerufen hatten, wurde ein Autonomiestatus für Şengal gefordert, um weitere Massaker wie den von der ezidischen Gemeinschaft als 73. Ferman bezeichneten Überfall der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) vor sieben Jahren abzuwenden.
Besime Konca: „Ein von der NATO bewilligter Angriff“
In Deutschland ist in Düsseldorf, Krefeld, Saarbrücken, Bielefeld, Nürnberg, Stuttgart, Darmstadt, Wesel, Mannheim, Essen, Hannover, Frankfurt, Gießen, Berlin, Hamburg, Wuppertal, Kiel und Bremen an den Genozid und Femizid von 2014 erinnert worden.
Die kurdische Exilpolitikerin Besime Konya sagte auf einer vom Frauenverband YJK-E organisierten Demonstration in Düsseldorf: „Wir sind heute wieder aufgrund eines finsteren Tages hier. Die Geschichte Kurdistans ist voller schwarzer Tage, an denen an Massaker, Völkermorde und Vergewaltigungen erinnert wird. Gleichzeitig ist sie auch voll mit Aufständen und dem Widerstand dagegen. Der 74. Ferman in Şengal war ein Genozid und Femizid. Die beste Antwort auf die Tragödie der ermordeten und verschleppten Frauen ist die Befreiung aller kurdischen Frauen und damit die Befreiung des kurdischen und der anderen Völker im Mittleren Osten. Dieser Ferman war nicht nur ein IS-Überfall, es war ein von der NATO bewilligter Angriff mit Unterstützung des türkischen Staates, der irakischen Regierung und der Regierung Südkurdistans. Mit dem Abkommen vom 9. Oktober 2020 soll das Massaker vollendet werden, sobald sich eine Gelegenheit findet. Das wehrt die ezidische Bevölkerung von Şengal bisher dadurch ab, dass sie sich autonom organisiert und Frauenbefreiung dabei eine elementare Rolle spielt.“
Demonstration und Glockenläuten in Bielefeld
Auch in Bielefeld hat zum 7. Jahrestag des IS-Genozids und Femizids an den kurdischen Ezid:innen in Şengal eine Demonstration stattgefunden. Die Demonstration war der Abschluss einer dreitägigen Aktionsreihe für Şengal, die am Sonntag mit einer Mahnwache begonnen hat. Aufgerufen dazu hatten SMJÊ, HCÊ, NAV-YEK und das Kurdistan Zentrum Bielefeld.
Bei der Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof wurden nach einer Schweigeminute für die Toten von Şengal Redebeiträge vom Kurdistan Zentrum Bielefeld, den Linken, der JXK, SPD, dem Bündnis der Demokratischen Kräfte Bielefeld, dem ezidischen Dachverband NAV-YEK und SMJÊ gehalten. Anschließend zogen die Teilnehmenden mit dem Demonstrationszug durch die Bielefelder Innenstadt und gaben lautstark ihre Forderung nach einem Autonomiestatus für Şengal kund. An der Endkundgebung vor dem Rathaus beteiligte sich die Nikolaikirche mit dem Läuten der Glocken für fünf Minuten. Mit dieser solidarischen Geste kam die Nikolaikirche dem Aufruf der ezidischen Frauen nach, „das Leben für fünf Minuten anzuhalten“.