Die Fakultät für Jineoloji in Qamişlo
Ein Teil der Delegation „Gemeinsam Kämpfen“, die sich seit Ende November in Rojava aufhält, besuchte die Jineoloji-Fakultät der Universität in Qamişlo.
Ein Teil der Delegation „Gemeinsam Kämpfen“, die sich seit Ende November in Rojava aufhält, besuchte die Jineoloji-Fakultät der Universität in Qamişlo.
Viele der jungen Lehrenden der Jineoloji-Fakultät an der Universität Rojava in Qamişlo waren bis vor einem Jahr noch selbst Studentinnen. Generell lassen sich nur schwer Parallelen zu dem uns bekannten Uni-Alltag ziehen. Das beginnt schon bei den Lehrinhalten: Demokratische Nation, Veränderung des Mannes, freies partnerschaftliches Leben, Frauenbefreiungsideologie, Selbstverteidigung, Ethik und Ästhetik, Naturmedizin, aber auch Physiologie, IT, Weltgeschichte der Frauen, Englisch und Soziologie.
Jeder Unterricht endet mit einem Tekmîl, also Kritik und Selbstkritik, damit sich die Lehrenden weiterentwickeln können. Tests oder Klausuren gibt es nicht, da die Erfahrungen aus der Zeit vor der Revolution ergaben, dass das Lernen auf einen Termin das Wissen nicht verfestigt. Zu Beginn jeden Unterrichts wird der Inhalt der letzten Stunde diskutiert. Nur zum Abschluss des Studiums wird eine Arbeit verfasst.
Die konservative und patriarchale Mentalität verändern
Die Dauer des Studiums wurde von zunächst zwei Jahren auf vier Jahre angehoben. An der Jineolji-Fakultät studieren zur Zeit 22 Frauen, von insgesamt 500 Studierenden an der Universität Qamişlo. Dies mag zwar zunächst wenig klingen, aber man muss berücksichtigen, dass die Universität erst vor zwei Jahren eröffnet wurde und das neue System erst aufgebaut und vermittelt werden muss.
Drei Frauen aus dem ersten Semester berichten von ihren Schwierigkeiten ihre Familien, insbesondere die Väter, zu überzeugen, dass sie studieren können. Unverständnis darüber, warum Frauen studieren und nicht der Familie zu Hause helfen sollten, besteht weiterhin. Doch viele Frauen hier sehen in der Jineoloji eine Perspektive, die konservative und patriarchale Mentalität zu verändern. Schon nach nur zwei Monaten Studium sagt uns Zeynep: „Hier habe ich eine Stimme bekommen, um mich zu verteidigen. Wenn mich jetzt jemand fragt, warum ich studiere, kann ich antworten.” - „Es ist wichtig, für die Rechte der Frauen einzustehen”, ergänzt ihre Studienkollegin Eylem.
Kollektivität und Mitbestimmung
Jineoloji ist Teil jeden Studienganges der Universität. Die Universität besuchen Menschen aus ganz Rojava. Im Kanton Cizîrê fahren täglich Busse, die die Studierenden einsammeln. Studierende aus weiter entfernten Städten haben die Möglichkeit, in Wohnheimen in Qamişlo unterzukommen, in denen das Leben kollektiv organisiert wird. Unterricht findet von Sonntag bis Donnerstag statt, Freitag und Samstag ist frei. Ein Semester dauert dreieinhalb Monate, danach sind zwei Wochen Ferien. Finden in Qamişlo Demonstrationen statt, beteiligen sich die Studierenden und der Unterricht fällt aus.
Wer ein Jahr studiert hat, kann Teil der Koordination werden, die durch Wahlen bestimmt wird. Wie in allen Einrichtungen in Rojava wird hier das Prinzip des Ko-Vorsitzes umgesetzt und neben einer allgemeinen Verwaltungsstruktur gibt es auch die autonome Frauenverwaltung.