Frauendemonstration in Amed
Auf der ganzen Welt haben am 25. November Demonstrationen gegen Gewalt an Frauen stattgefunden, in vielen Ländern ist der aus der kurdischen Frauenbewegung hervorgegangene Slogan „Jin Jiyan Azadî“ (Frau Leben Freiheit) zu einem gemeinsamen Kampfruf für das Recht auf Leben und Freiheit geworden. Auch in der kurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakir) gingen am Dienstag Tausende Frauen unter der Devise „Gegen männlich-staatliche Gewalt: Jin Jiyan Azadî!“ auf die Straße – und trotzten damit einem Verbot des staatlichen Gouverneurs.
Zu der Demonstration hatten die Frauenplattform Dicle-Amed (DAKAP) und das Netzwerk „Kampf der Gewalt“ aufgerufen. Unter den Teilnehmerinnen waren etliche Abgeordnete und Ko-Bürgermeisterinnen der DEM und DBP. Die Frauen ließen sich von dem großen Polizeiaufgebot nicht einschüchtern und skandierten die verbotene Parole „Jin Jiyan Azadî“ sowie „Bijî berxwedana jinan” (Es lebe der Frauenwiderstand). Die Vereinigung der Journalistinnen Mesopotamiens (MKG) nahm mit einem Transparent mit der Aufschrift „Nein zur Gewalt gegen Journalist:innen – Die freie Presse lässt sich nicht zum Schweigen bringen“ an der Demonstration teil. Viele Teilnehmerinnen trugen Bilder ermordeter Frauen und Mädchen. Vor der Stadtmauer in Sûr wurden die Namen der Ermordeten einzeln verlesen, die Demonstrantinnen riefen nach jedem Namen „... ist hier!“.
„Für die Freiheit von Frauen und gesellschaftlichen Frieden: Jin Jiyan Azadî!“
Die Sprecherin des Frauenrats der DEM-Partei in Amed, Gülizar Kaya, gab bei der Abschlusskundgebung im Namen der Veranstalterinnen eine Erklärung ab, die mit den Worten „Für die Freiheit von Frauen und gesellschaftlichen Frieden: Jin Jiyan Azadî!“ begann. „Wir sind heute hier, um unseren Widerstand herauszuschreien gegen das männliche Herrschaftssystem und seine Gewalt, die unsere Existenz in allen Bereichen angreift“, sagte Gülizar Kaya. Männliche Gewalt sei nicht auf Einzeltaten beschränkt, sondern ein strukturelles Problem, das durch staatliche Politik, Straffreiheit für Täter und ideologische Zwänge des Patriarchats gefördert werde, so die Erklärung:
„Gegen diese Gewaltordnung sagen wir Jin-Jiyan-Azadî und erklären erneut, dass wir unseren Kampf entschlossen fortsetzen werden. Frauen in Kurdistan, der Türkei und überall auf der Welt sind nach wie vor das Ziel von staatlicher Gewalt und männlicher Herrschaft. Die Frauen, die unter der Gewalt der Taliban in Afghanistan leben, die im Israel-Hamas-Krieg getöteten Frauen, die iranischen Frauen, die ihre Seele der Freiheit gewidmet haben, die kurdischen Frauen, die durch den Militarismus und die Kriegspolitik in der Türkei massakriert werden, sind der gleichen Mentalität, einem frauenfeindlichen Weltregime ausgesetzt. Der Kampf der Frauen gegen all diese reaktionären Regime nimmt weiter zu. Trotz aller Verbote ertönen überall die Stimmen von Jin-Jiyan-Azadî.“
Aufstand der ältesten Kolonie
Die Worte „Frau Leben Freiheit“ seien mehr als eine Parole, betonte Gülizar Kaya. Mit dem Verbot des Slogans werde versucht, den Widerstand von Frauen für ein freies Leben zu unterdrücken. „Jin-Jiyan-Azadî steht symbolisch für den Kampf der kurdischen Frauenbewegung und für den Weg des Widerstands und die Hoffnung von Frauen weltweit. Jin-Jiyan-Azadî kennzeichnet den Aufstand der ältesten Kolonie!“