Aufruf zum Selbstschutz nach Gruppenvergewaltigungen in Malmö

Innerhalb weniger Tage haben im schwedischen Malmö mehrere Gruppenvergewaltigungen stattgefunden. Die Hamburger Frauengruppe FRIDA ruft zum Selbstschutz auf.

In Malmö haben innerhalb weniger Tage mehrere Gruppenvergewaltigungen stattgefunden. In der Nacht auf Freitag kam es zur vierten Gruppenvergewaltigung. Im Zusammenhang mit den Geschehnissen wird von „folterähnlichem Missbrauch" gesprochen.

Ein Fall sticht durch seine besondere Grausamkeit hervor: Nach der Gruppenvergewaltigung einer 17-Jährigen schütten die Täter der jungen Frau eine brennbare Flüssigkeit in den Schoß und zünden sie an.

Malmö ist überall

Die Hamburger Frauengruppe FRIDA hat eine Stellungnahme zu diesen Vorfällen abgegeben, in der sie zum feministischen Selbstschutz aufruft. In der Erklärung heißt es:

„Die Widerwärtigkeit dieser Tat schockiert uns. Wir wollen nicht länger alleine sprachlos sein, sondern gemeinsam darüber wütend werden. Auch wenn die Fälle in Malmö besonders grausam sind, ist die traurige Realität, dass Malmö überall ist.“

Neben unzähligen Vergewaltigungen, die täglich in Ehebetten oder im häuslichen Umfeld von Frauen und Mädchen stattfinden, seien im letzten Jahr besonders grausame Fälle von Gewalt an Frauen öffentlich geworden. FRIDA zählt einige Beispiele auf:

„- Letztes Jahr im Dezember wurde eine Frau in Kiel von ihrem Ehemann auf offener Straße mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet. Sie starb daraufhin im Krankenhaus an den Folgen der Verbrennungen.

- Im November 2016 band ein Mann seine Ehefrau mit seinem Seil um ihren Hals an sein Auto und schleifte sie vor den Augen ihres Sohnes durch mehrere Straßen. Nur durch ein Wunder überlebte sie und verarbeitete ihre Geschichte in einem Buch.

- Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 158 Frauen von ihren aktuellen oder ehemaligen Partnern getötet. 211 Mal versuchten Männer, ihre Partnerinnen umzubringen - die Betroffenen überlebten jedoch. Im Schnitt heißt das, dass pro Tag in Deutschland eine versuchte oder vollendete Tötung an Frauen stattfindet.

- Anfang dieses Monats wurden in Aachen gleich zwei Frauenmorde an einem Wochenende begangen. Beide wurden vermutlich von ihren Ehemännern ermordet. Die Polizei spricht hier von „Beziehungstaten" und versucht somit die politische Ebene der Ermordungen auszuklammern.“

„Beziehungstaten“ und „Familiendramen“

Zur Problematik der Definition von Gewaltakten gegen Frauen als „Beziehungstat“ erklärt FRIDA:

„Wer bei Gewalt an Frauen von einer Beziehungstat spricht, erweckt den Anschein, es handle sich um eine private Streiterei zweier Menschen in einem privaten Raum, und verdeckt somit die gesellschaftliche Ebene von Gewalt an Frauen. Auch die Bezeichnung „Familiendrama" verkennt die Tatsache, dass Frauen überall Gewalt ausgesetzt sind - eben nur weil sie Frauen sind.

Wir schließen uns der Erklärung des YJK-E, eines bundesweiten Zusammenschlusses diverser kurdischer Frauenräte und –initiativen, an, die zu den Frauenmorden in Aachen schrieben:

„Frauen, die selbst über ihr Leben entscheiden wollen, werden zum Angriffsziel der patriarchalen Mentalität und geraten in Todesgefahr. Sie kämpfen für ihr Recht auf Selbstbestimmung und werden systematisch ermordet. Wir akzeptieren das nicht und erklären ein weiteres Mal, dass wir unabhängig von Herkunft und Glaubensausrichtung an der Seite der betroffenen Frauen stehen. Wir verurteilen die Morde (…), die in Aachen von Männern getötet wurden. Jede Form von physischer, sexueller, psychischer und struktureller Gewalt an Frauen ist politisch, daher muss auch der Kampf dagegen politisch und organisiert geführt werden.“

Organisieren gegen patriarchale Gewalt

„Wir beobachten wie sich die patriarchalen Verhältnisse zuspitzen. Immer öfter können wir von Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen in den Zeitungen lesen. Die Frage ist dabei jedoch nicht, ob die grausamen Verbrechen nun immer öfter auftreten, sondern die Frage sollte sein, in welcher Gesellschaft wir leben, dass diese nicht in einen politischen Zusammenhang gestellt werden. Die Verbrechen kommen nicht öfter vor, nur weil wir sie öfter in den Zeitungen lesen. Gewalt ist Alltag für Frauen, seitdem wir im Patriarchat leben. Wir wissen, dass die Artikel in den Zeitungen nur die Spitze des Eisbergs sind. Deren Veröffentlichung heißt nicht, dass die Gewalttaten öfter vorkommen, sondern nur, dass darüber berichtet wird.“

Jede Vergewaltigung ist politisch

Zum Schluss ihrer Stellungnahme ruft FRIDA dazu auf, einen feministischen Selbstschutz zu organisieren:

„Wenn in Malmö Frauen gefoltert und vergewaltigt werden, nur weil sie Frauen sind, dann ist es unsere Pflicht als Frauen auch hier unsere Stimme zu erheben. Wir können nicht länger hinnehmen, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts angegriffen werden. Jede Vergewaltigung ist politisch, jede Vergewaltigung ist Krieg gegen Frauen und Mädchen! Wir müssen unbedingt einen politischen Bezug zu den Vergewaltigungen, Angriffen und Morden an Frauen herstellen, ihn klar benennen und uns politisch dagegen organisieren.“