In Amed (tr. Diyarbakir) ist der Prozess gegen die ehemaligen Ko-Bürgermeister:innen Gülten Kışanak und Fırat Anlı sowie 63 Mitglieder des Stadtrats fortgesetzt worden. Die abgesetzten und verhafteten kurdischen Politiker:innen Kışanak und Anlı sind angeklagt, weil sie im Rathaus der kurdischen Provinzhauptstadt die genderparitätische Doppelspitze eingeführt haben. Dafür sollen sie nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauch zu einer Freiheitsstrafe zwischen neun Monaten und vier Jahren verurteilt werden. Den Stadtverordneten drohen bis zu drei Jahre Haft, weil sie diesem System zugestimmt haben.
Gülten Kışanak ist seit 2016 als politische Geisel im Gefängnis, Fırat Anlı lebt im Exil. Beide nahmen nicht an der Verhandlung teil. Von den Angeklagten waren die ehemaligen Stadtratsmitglieder Eşref Mamedoğlu, Zeynep Çelik, Murat Alökmen, Zuhal Tekiner, Cihan Aydın, Sezai Aydın, Adnan Akgül, Mustafa Emra, Hayrettin Satar und Zahit Çiftkuran mit ihrem Rechtsbeistand erschienen. Die Gerichtsverhandlung begann mit einem Eklat, weil der Richter die Angeklagten aufforderte, stehend abzuwarten, bis sie mit ihrer Aussage dran sind. Das lehnten die Angeklagten und ihre Verteidiger:innen als Verstoß gegen die Prozessordnung ab. Der Richter ließ vier der Angeklagten daraufhin von der Polizei aus dem Gerichtssaal bringen.
Die Rechtsanwält:innen Resul Tamur, Bahar Aslan, Mehmet Öztekin, Eyyüp Aydeniz, Burhan Arta und Berfin Dayan stellten einen Befangenheitsantrag gegen den Richter und verließen aus Protest den Gerichtssaal. Die Verhandlung wurde auf den 8. Oktober vertagt.