Am 25. November ist internationaler Kampftag gegen Gewalt an Frauen. Aus Rojava ruft der Frauendachverband Kongreya Star „alle kämpferischen und freiheitssuchenden Frauen“ dazu auf, an diesem Tag den Kampf der Frauen in Nord- und Ostsyrien zu würdigen:
Am 25. November 1960 wurden die Mirabal-Schwestern unter der tyrannischen Trujillo-Diktatur in der Dominikanischen Republik ermordet. Die Diktatur hatte die politisch engagierten Schwestern zu Feindinnen erklärt und hinterhältig ermordet. Der Widerstand und der Tod der Schwestern verstärkten den Kampf der Bevölkerung gegen die faschistische Diktatur. Sechs Monate nach ihrer Ermordung konnte die Diktatur durch die organisierte Stärke des Volkes überwunden werden. Heute sind die Mirabal-Schwestern nach wie vor eine der größten Quellen der Hoffnung für den Kampf und die Organisierung von Frauen auf der ganzen Welt gegen Faschismus, Diktaturen und organisierte patriarchale Gewalt.
Krieg der Hegemonialmächte gegen Frauen
Gegenwärtig haben die internationalen Hegemonialmächte unsere Region in einen Kriegsschauplatz verwandelt. Insbesondere Frauen sind Zielscheibe der organisierten Gewalt, der brutalen und andauernden Angriffe. Der türkische Staat begann am 9. Oktober 2019 mit seinem Besatzungs- und Völkermordkrieg gegen die Region und die Völker von Nord- und Ostsyrien: Vom Einsatz verbotener chemischer Waffen bis hin zu Folter, organisierten Anschlägen und Vergewaltigungen, Vertreibung und Massakern sind insbesondere Frauen und Kinder vielschichtigen Formen von Gewalt ausgesetzt. Rojava und Nord- und Ostsyrien sind heute mit einem der größten ökologischen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen, demografischen und kulturellen Angriffen in der Geschichte konfrontiert. Wir stehen der faschistischen Diktatur Erdogans und seinen Mörderbanden gegenüber, welche organisiert und systematisch patriarchale Gewalt und Herrschaft ausüben. Gewalt ist ein ständiges Mittel, das eingesetzt wird, um die Frauenrevolution in Rojava zu vernichten. Frauen haben sich gegen diese brutalen Angriffe in den vergangenen Jahren mit ihrer organisierten Kraft zur Wehr gesetzt und tun dies auch heute. Frauen, die in allen Bereichen Widerstand leisten, sind zugleich eine führende Kraft beim Aufbau einer demokratischen und freien Gesellschaft.
Havrin Khalaf: Gefoltert und hingerichtet
Am 12. Oktober 2019 wurde die Generalsekretärin der Zukunftspartei Syriens, Hevrîn Xalef [Havrin Khalaf], zusammen mit acht weiteren Personen hingerichtet. Selbst ihr Leichnam wurde noch brutal gefoltert. Hevrîn Xelef war eine Vorkämpferin der Frauenrevolution im Bereich der Politik. In der Stadt Raqqa, die einst der IS zur Hauptstadt seines Terrorregimes ernennen wollte, kämpfte sie für die demokratische Einheit der Völker und einen würdevollen Frieden. Mit der Ermordung von Hevrîn Xalef wurde zugleich das von der kurdischen Frauenbewegung initiierte Modell neuer Lebens- und Politikformen ins Visier genommen, das auf gleicher Vertretung und dem Ko-Vorsitz von Frauen und Männern beruht.
Dayê Aqîde: Bei türkischer Bombardierung getötet
Am 14. Oktober machte sich Dayê Aqîde als Mitglied des Frauengerechtigkeitsrates auf den Weg nach Serêkaniyê [Ras al-Ain], um dort als lebendes Schutzschild ihr Land gegen die türkische Invasion zu verteidigen. Sie verlor ihr Leben, als der zivile Konvoi von türkischen Kampfflugzeugen bombardiert wurde. Der Angriff auf Dayê Aqîde stellt einen Angriff auf die Verbindung und die Liebe der Frauen zu ihrem Land und ihrer Erde dar.
Amara Renas: Leichnam geschändet
Wie in der Vergangenheit so leisten auch heute die Frauenverteidigungseinheiten YPJ einen erschlossenen Widerstand gegen die Angriffe des türkischen Faschismus, der sich mit dem IS verbündet hat. Die YPJ-Kämpferin Amara Renas folgte den Tausenden ihrer Genossinnen, die zuvor den IS in Kobanê besiegt hatten. Am 21. Oktober verlor sie ihr Leben im Kampf gegen die mit dem Erdogan-AKP Faschismus verbündeten IS-Mörderbanden. Diese Banden waren mit dem Mut der kämpfenden Frauen besiegt worden. Nun folterten Angehörige dieser Banden den leblosen Körper der YPJ-Kämpferin Amara. Dies stellt einen Angriff auf die organisierte Selbstverteidigungskraft der Frauen dar. Amara Renas, Hevrîn Xalef und Dayê Aqîde sind zu neuen Symbolen des Kampfes gegen systematische, patriarchale Gewalt geworden.
25. November: Den Kampf mutiger Frauen würdigen
Auf dieser Grundlage widmen wir als Kongreya Star unsere diesjährigen Aktionen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember unseren Freundinnen Amara Renas, Hevrîn Xalef und Dayê Aqîde. Wir rufen alle Frauen der Welt auf, im Rahmen der Veranstaltungen zum 25. November den Kampf dieser drei Frauen zu würdigen, die den Kampf der Mirabal-Schwestern in der heutigen Realität fortgesetzt haben. Das bedeutet, dass wir im Gedenken an diese mutigen Frauen unseren Kampf gegen die Erdogan-Diktatur und alle anderen Diktaturen bis zu ihrem Zusammenbruch verstärken werden.
Der 25. November hat seine Bedeutung durch den gemeinsamen Kampf von Frauenorganisationen, feministische Bewegungen und freiheitsliebenden Frauen gewonnen. Wir rufen euch sowie die Frauen, Akademikerinnen und Künstlerinnen, die seit Beginn des Besatzungskriegs der türkischen Armee am 9. Oktober mit uns gemeinsam Widerstand geleistet haben, dazu auf, dem mutigen Kampf von Amara Renas, Hevrîn Xalef und Dayê Aqîde bei den diesjährigen Veranstaltungen Ausdruck zu verleihen.
Wir grüßen alle kämpfenden und freiheitsliebenden Frauen mit dem Widerstandsgeist der Mirabal-Schwestern und der Entschlossenheit Hevrîns und ihrer Genossinnen.