Der kurdische Aktivist Mehmet Çakas steht seit Anfang September vor dem Oberlandesgericht Celle. Dem 44-Jährigen wird von der Generalstaatsanwaltschaft Celle die Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen, nach §129a/b StGB eine „terroristische Vereinigung im Ausland“. Am Dienstag, dem zwölften Hauptverhandlungstag, begann die Sitzung mit einer Stellungnahme der Generalstaatsanwältin zur Beweisanregung der Verteidigung, die in der letzten Sitzung eingereicht wurde.
Als der Angeklagte sechs Jahre alt war, wurde sein Vater Mustafa Çakas zusammen mit einem Freund vom türkischen Staat ermordet. Zunächst wurden Mustafa Çakas und sein Freund in türkischen Medien als „Terroristen“ bezeichnet. Die damals im Parlament vertretene MDP hatte der Darstellung widersprochen und den Fall in das Parlament der Türkei eingebracht. Im Resultat wurde festgestellt, dass es sich bei der Tötung um einen geplanten Hinterhalt durch die Polizei gehandelt habe und weder Mustafa Çakas noch dessen Freund Terroristen gewesen seien.
Die Verteidigung hatte beantragt, das entsprechende Sitzungsprotokoll des türkischen Parlaments und einen diesbezüglichen Artikel der Zeitung „Cumhuriyet“ als Beweismittel in den Prozess einzuführen. Die Dokumente würden belegen, dass die damalige Regierungspartei ANAP die Morde als Akt der Verteidigung darstellte und die Polizei gezielt vorging.
Die Generalstaatsanwältin am OLG Celle bewertete es als „nicht nötig", weiter auf die Beweise einzugehen, da diese keine strafmildernde Wirkung hätten. Weiter sagte sie, dass der Sachverständige, der für die nächste Sitzung geladen ist, allgemein zur Verfolgung und Kriminalisierung der Kurden in der Türkei sprechen werde und diese Tatsachen daher in gewissem Umfang im Strafmaß Berücksichtigung finden würden.
Anschließend wurden, einem Antrag der Verteidigung folgend, erneut einige Auszüge aus den Vernehmungen der Zeugen V. und Z. vor Gericht verlesen. Darin ging es um Passagen aus den Telekommunikationsüberwachungs-Berichten (kurz TKÜ) und verschiedene über die Versammlungsbehörde eingeholten Daten. Nach einer kurzen Besprechung des Senats über den Antrag der Verteidigung zur Beweismitteleinführung des besagten Cumhuriyet-Artikels und des Parlamentsprotokolls wurde dem stattgegeben und die entsprechenden Texte wurden verlesen.
Nächster Verhandlungstermin am 12. Dezember
Die nächsten drei angesetzten Verhandlungstermine wurden vom Celler Strafschutzsenat aufgrund fehlenden Programms aufgehoben. Der Prozess wird am Dienstag, 12. Dezember, um 10 Uhr fortgesetzt. Zu diesem Termin ist ein Türkei-Sachverständiger geladen.
Die weiteren bisher angesetzten Termine sind 13., 19. und 20. Dezember sowie 9. und 10. Januar, jeweils dienstags um 10 Uhr und mittwochs um 9:30 Uhr. Prozessbeobachter:innen sollten Zeit für Sicherheitskontrollen beim Einlass einplanen, Besucher:innen müssen einen Ausweis vorzeigen.