„Zeit für Freiheit“-Aktionen in Deutschland

Um der Forderung nach Freiheit für Abdullah Öcalan Nachdruck zu verleihen, haben in elf Ländern Demonstrationen und Kundgebungen stattgefunden. Aufgerufen zu den Protesten unter dem Motto „Zeit für Freiheit“ hatte die Kurdische Frauenbewegung in Europa.

Um der Forderung nach Freiheit für Abdullah Öcalan Nachdruck zu verleihen, haben am Samstag in elf Ländern Demonstrationen und Kundgebungen stattgefunden. Aufgerufen zu den Protesten unter dem Motto „Zeit für Freiheit“ (ku. Dem dema azadiyê ye) hatte die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E). Die Organisation kämpft für ein Ende der auf der Gefängnisinsel Imrali betriebenen Totalisolation gegen den kurdischen Vordenker, die als ausschlaggebende Ursache für den Eskalations- und Konfrontationskurs des türkischen Staates gegen die Kurdinnen und Kurden gilt und einen Neubeginn des Lösungsprozesses verhindert. Dem Ruf nach einem Ende der nunmehr 22 Jahre andauernden Isolationshaft Abdullah Öcalans folgten auch in Deutschland zahlreiche Menschen.

In Hamburg fand eine Demonstration statt, es beteiligten sich auch Menschen aus Kiel, Bremen, Oldenburg und Stade. Die Aktion begann an der Sternschanze vor dem Autonomen Zentrum Rote Flora und führte durch Altona. Kurz nach dem Startschuss hielt Anja Flach vom Frauenrat Rojbîn und der feministischen Organisierung „Gemeinsam Kämpfen” eine Rede.

Anja Flach ist auch als Buchautorin bekannt

Die Ethnologin würdigte das von Öcalan vorgelegte alternative Gesellschaftsmodell des demokratischen Konföderalismus, das sie als „einzigartig und wahrhaftig demokratisch” bezeichnete, und prangerte den Krieg, Feminizid und Ökozid in Kurdistan an. Flach warnte, dass die Besatzungsangriffe des türkischen Staates die Zerschlagung der kurdischen Errungenschaften zum Ziel hätten und hob die Rolle einer organisierten Gesellschaft im Kampf gegen Vernichtungsabsichten und Expansionsbestrebungen hervor.

In Berlin gab es ebenfalls eine Demonstration, die Route führte vom Breidscheidplatz bis zum Olivaerplatz im Ortsteil Charlottenburg. Anwesend waren Aktivistinnen und Aktivisten vom Frauenrat Dest-Dan, Women Defend Rojava, Gemeinsam Kämpfen, NAV-DEM Berlin und des islamischen Verbands CÎK, es wurden Transparente mit Aufschriften wie „Die Freiheit von Öcalan ist unsere Freiheit – Die Zeit ist reif”, „Die Befreiung der Frau ist die Befreiung der Gesellschaft” und „Defend Kurdistan” mitgeführt. Eine Aktivistin verlas eine Erklärung der TJK-E. Die kurdische Frauenbewegung sieht die in der Türkei gültige Isolationspolitik im Zentrum der Kriegs- und Vernichtungspolitik gegenüber Kurd:innen und allen demokratischen Kräften und ruft dazu auf, sich im Rahmen der Offensive „Zeit für Freiheit” für die physische Befreiung von Abdullah Öcalan einzusetzen.

 

An einer Demonstration in Stuttgart beteiligte sich unter anderem auch Zübeyde Zümrüt, Ko-Vorsitzende des kurdischen Dachverbands KON-MED. Die Politikerin wies darauf hin, dass die Isolation von Abdullah Öcalan gegen internationales Recht verstößt und kritisierte mit Blick auf ihre Menschenrechtspolitik die Zweideutigkeit westlicher Staaten. Ohne die Aufhebung der Isolation und einen Neubeginn des Lösungsprozesses könne es weder eine dauerhafte Lösung der Probleme geben, noch werde es möglich sein, die Türkei zu demokratisieren. Die kurdische Gesellschaft rief Zümrüt zu mehr Sensibilität angesichts der türkischen Invasion in Südkurdistan auf.

 

In Hannover hatten der Frauenrat Ronahî, die Frauenkommune Şehîd Meryem und der Kurdische Volksrat eine gemeinsame Kundgebung organisiert. In Redebeiträgen wurde hervorgehoben, dass Abdullah Öcalan als wichtigster politischer Repräsentant der Kurdinnen und Kurden als Schlüsselfigur bei der Lösung der kurdischen Frage gilt und seine Freiheit unabdingbar sei für Frieden in Kurdistan, der Türkei und der gesamten Region. Die internationale Gemeinschaft wurde aufgefordert, sich einzusetzen für ein Ende der Eskalation und Konfrontation, damit am Verhandlungstisch ein dauerhafter und gerechter Frieden ermöglicht wird.

In Saarbrücken fand ebenfalls eine Kundgebung statt, Treffpunkt war der Platz vor der Europa-Galerie. Vor Ort war auch der ehemalige HDP-Abgeordnete Faysal Sarıyıldız. „Wir wollen Frieden und eine demokratische Lösung in Kurdistan und der Türkei. Wir halten Öcalan mit seinen Konzepten für eine demokratische Autonomie für den Garanten einer solchen Lösung”, sagte der kurdische Exil-Politiker aus Şirnex (tr. Şırnak). Als „größten Verantwortlichen“ für den nicht vorhandenen Status der Kurdinnen und Kurden sieht Sarıyıldız Europa und die Länder hinter dem Vertrag von Lausanne, der vor 98 Jahren die Staatsgrenzen der Türkei festlegte und damit zur Vierteilung Kurdistans führte. „Diese sogenannten westlichen Staaten machen sich weiterhin schuldig an Verbrechen gegen das kurdische Volk. Trotz offensichtlicher Unterdrückung der Kurdinnen und Kurden und den Menschenrechtsverletzungen unterstützen sie nach wie vor die genozidale Politik des AKP/MHP-Regimes.“

Weitere Proteste und Aktionen gab es in Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Schweden, der Schweiz, Österreich, Großbritannien, Finnland, Norwegen und Dänemark.

Fotos Hamburg: Annett Bender / Foto-Archiv-Kollektiv im Archiv der Sozialen Bewegungen