Wegen Folter desertiert

Hasan Düdük hat als Wehrpflichtiger im Kommando der 3. Panzerbrigade in Çerkezköy gedient. Als Kurde war er Ziel permanenter Übergriffe. Schließlich desertierte er aus seiner Einheit und klagt die Verantwortlichen an.

Kurdische Wehrpflichtige im türkischen Militär sind systematischen Diskriminierungen, Übergriffen bis hin zum Mord ausgesetzt. Immer wieder sterben kurdische Wehrpflichtige bei „Unfällen“ oder werden in den Suizid getrieben. Das, was Hasan Düdük berichtet, steht symptomatisch für diese Situation.

Der Kurde aus Mêrdîn (tr. Mardin) hatte sich am 1. Juli 2020 an seinem Einsatzort der 3. Panzerbrigade in Tekirdağ-Çerkezköy gemeldet. Dort sollte er sechs Monate lang seinen Dienst verrichten. Am 10. November wurde er von einem Unteroffizier misshandelt, weil er angeblich beim Putzdienst nicht dabei gewesen sei. Die Misshandlungen nahmen weiter zu, sodass Düdük am 13. November aus seiner Kaserne floh, nach acht Stunden aber wieder zurückkehrte. Als die Übergriffe weitergingen, desertierte er erneut am 25. November und erstatte in seiner Heimatstadt Anzeige.

Düdük berichtet, dass der Unteroffizier R.K. auf seiner Hand Zigaretten ausgedrückt und ihn heftig geschlagen habe. Für einen externen Krankenhausbesuch benötigte er eine Überweisung des Kasernenarztes. R.K. habe den zuständigen Arzt jedoch versucht davon zu überzeugen, Düdük keine Überweisung auszustellen. Obwohl der Arzt ihm Transportpapiere gab, verbot der Abteilungskommandant den Krankenhausbesuch. Daraufhin floh Düdük und beschaffte sich das Attest selbst im Krankenhaus. Nachdem er den Bericht erhalten hatte, sei er vom Abteilungskommandanten bedroht worden: „Wenn du Anzeige erstattest, werde ich deinen Militärdienst verlängern. Ich werde die schwersten Sanktionen gegen dich verhängen.“

Misshandlungen gehen weiter

Düdük erzählt, er habe es nicht mehr ausgehalten und sei desertiert. Nach acht Stunden sei er aber wieder zurückgekehrt. Daraufhin sei er der Militärstaatsanwaltschaft vorgeführt worden. Er habe der Staatsanwaltschaft alles berichtet, was ihm widerfahren sei, und habe auch entsprechende Protokolle vorgelegt. Weil er seine Aussage nicht zurückzog, soll er von einem Hauptmann geschlagen worden sein.

Während seiner kurzen Zeit in der Kaserne hätten zwei Soldaten Selbstmordversuche unternommen. Düdük erzählt: „In der Brigade gab es oft Selbstmorde und Fälle von Desertation. Das Militär geht vollkommen unmenschlich vor. Sie beleidigen einen permanent und benutzen erniedrigende Ausdrücke.“

Versuche, die Tat zu vertuschen

26 Tage vor dem Ende seines Militärdiensts habe es Düdük nicht mehr ausgehalten und sei am 25. November ein zweites Mal desertiert. Er ist traumatisiert und seit seiner Flucht auf Antidepressiva angewiesen. „Sie haben alles getan, um die Schläge zu vertuschen. Als ich schlief, haben sie mein Telefon entwendet und Nachrichten verbreitet wie ‚Hasan hat sich selbst verletzt‘. Sie haben falsche Zeugen gegen mich angeheuert. Ich habe mich nicht selbst geschlagen“, beteuert Düdük. Aus Angst um sein Leben ist er nicht mehr bereit, in seine Einheit zurückzukehren. Aufgrund seiner traumatischen Erlebnisse ist er weder im Stande eine Ausbildung zu machen, noch zu arbeiten.