Wegen Sternmarsch: HDP-Abgeordneten droht Immunitätsentzug

Gegen die HDP-Abgeordneten Alican Önlü und Habip Eksik sind im Parlament staatsanwaltschaftliche Voruntersuchungsberichte zur Aufhebung der Immunität eingereicht worden. Den Politikern wird ihre Teilnahme am „Demokratiemarsch“ auf Ankara vorgeworfen.

Die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara hat Ermittlungsberichte zum Entzug der Immunität von zwei Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) vorgelegt. Den Politikern, deren Wahlkreise in Dersim und Reşqelas (türk. Iğdır) liegen, wird ein Verstoß gegen das türkische Versammlungs- und Demonstrationsgesetz vorgeworfen. Hintergrund ist der sogenannte Demokratiemarsch der HDP.

Der fünftägige „Sternmarsch für die Demokratisierung der Türkei“ hatte Mitte Juni stattgefunden. Die Ausgangspunkte waren Edirne in der Westtürkei, wo der ehemalige HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtaş inzwischen seit vier Jahren als politische Geisel im Gefängnis festgehalten wird, sowie Colemêrg (Hakkari) im äußersten Osten des türkischen Staatsgebiet, wo Leyla Güven zur Abgeordneten in die türkische Nationalversammlung gewählt wurde. Die Initiative war von der HDP ins Leben gerufen worden, um den Machtmissbrauch der Regierungspartei AKP zu stoppen. Güven war kurz zuvor das parlamentarische Mandat entzogen worden.

Alican Önlü und Habip Eksik werden beschuldigt, mit weiteren Teilnehmenden der Aktion in Êlih (Batman) einen aus etwa zwanzig Fahrzeugen bestehenden Konvoi gebildet zu haben, der „trotz Einwänden der Polizei nicht auseinandergegangen“ sondern bis nach Amed (Diyarbakir) gefahren sei. Nach Auffassung der Anklagebehörde habe dies eindeutig eine „rechtswidrige Versammlung“ dargestellt. Die vom Büro für Strafverfolgung von Abgeordneten – das der Generalstaatsanwaltschaft Ankaras untersteht – gegen Önlü und Eksik verfassten Untersuchungsberichte sind bereits im türkischen Parlament eingereicht worden. Münden diese Ermittlungen tatsächlich in abschließende Urteile und Haftstrafen, werden sich die Sitze der HDP leeren.

Inflationär benutztes Mittel zur Ausschaltung jeglicher Opposition

Die Aufhebung der Immunität und anschließende Inhaftierung von oppositionellen Abgeordneten stellt ein vom türkischen Staat in den letzten Jahren inflationär benutztes Mittel zur Ausschaltung jeglicher Opposition dar. Fast im Wochentakt werden dem Parlament Untersuchungsberichte, sogenannte Fezleke vorgelegt, die in der Regel Parlamentarierinnen und Parlamentarier der HDP betreffen.