Der HDP-Abgeordnete Sezai Temelli hat sich gegenüber ANF zum Regime in der Türkei und der Politik seiner Partei geäußert. „Das Regime, das sich seit 2015 verfestigt hat, benennen wir klar als das, was es ist, nämlich Faschismus“, erklärt der HDP-Politiker und fordert die anderen oppositionellen Parteien und die gesellschaftliche Opposition auf, ihr Schweigen gegenüber diesem System zu brechen.
Über 22.300 HDP-Mitglieder festgenommen
Nach Angaben der Rechtskommission der HDP wurden zwischen dem 24. Juni 2015 und dem 25. September 2020 22.321 HDP-Mitglieder festgenommen. Alleine in den ersten beiden Jahren waren es 3.647. Mindestens zehntausend von ihnen sind im Gefängnis. Einem Bericht der Lokalverwaltungskommission der HDP zufolge sind nur noch sechs der 65 Kommunalverwaltungen übrig, in denen die HDP die Wahl 2019 gewonnen hatte. In 48 Kommunen, drei von ihnen Großstädte, wurden Zwangsverwalter eingesetzt. 84 Stadtratsmitglieder und neun Provinzratsmitglieder wurden abgesetzt. Von 37 festgenommenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sind 18 immer noch inhaftiert.
Sezai Temelli beschreibt diese Politik der AKP/MHP-Regierung als einen Versuch, die gesellschaftliche Opposition zu liquidieren und die Überreste einzuschüchtern. Mit der HDP wurden die Arbeiterklasse und die Frauenbewegung mit ihren Errungenschaften angegriffen, sagt Temelli und betont die Rolle der HDP als Vorreiterin der demokratischen Kräfte.
Zu der jüngsten Festnahmewelle erklärt der HDP-Abgeordnete: „Die mit dem Vernichtungsplan eingeleiteten und schließlich zuletzt unter dem Vorwand der Kobanê-Ermittlungen durchgeführten Festnahmen und Verhaftungen bestätigen nur eins: Die Ideen der HDP stellen eine Hoffnung für die Völker dar.“
Sezai Temelli im Juni 2018 in Hatay
Die übrige Opposition muss ebenfalls ihre Stimme erheben
Temelli erinnert an die elf HDP-Abgeordneten, die vor vier Jahren verhaftet wurden, und ergänzt: „Natürlich wird die HDP weiter Widerstand leisten. Wenn wir uns jedoch von diesem faschistischen Regime befreien wollen, dann dürfen auch die anderen oppositionellen politischen Parteien und gesellschaftlichen Kräfte nicht weiter schweigen. Wenn es ein Regime gibt, das Folter legitimiert, und eine gesellschaftliche Opposition, die dagegen ihre Stimme nicht erhebt, dann geht der Faschismus so weit, dass kurdische Dorfbewohner aus einem Hubschrauber geworfen werden. Dieser monistische Staat, der seit 100 Jahren auf Assimilation setzt, sieht die Kurdenfeindschaft als Ausweg aus seiner Krise. Diese Politik verfolgt er seit fünf Jahren. Die Regierung soll aber wissen, dass die HDP entschlossen an ihrer Perspektive festhält. Was uns bis heute angetan wurde und die politischen Operationen, die noch folgen werden, werden uns nicht niederwerfen, sie werden die HDP nicht von ihrem Weg abbringen.“