Der Rechtshilfefonds Azadî e.V. hat die nächsten Verhandlungstermine in den laufenden Verfahren gegen kurdische Aktivisten wegen PKK-Mitgliedschaft bekannt gegeben. Der Prozessmarathon im Oktober startet am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Azadî e.V. weist darauf hin, dass alle genannten Termine kurzfristig geändert werden können.
Hunderte kurdische Aktivist:innen angeklagt und verurteilt
Zu den Hintergründen der strafrechtlichen Verfolgung kurdischer Aktivist:innen in der Bundesrepublik Deutschland teilt AZADÎ e.V. mit:
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
Generalermächtigung statt Verfolgung individueller Straftaten
In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden, So stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht.
Acht Kurden wegen §129b im Gefängnis
Von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen sind nach derzeitigem Stand und unserer Kenntnis 54 Aktivist:innen; acht Kurden befinden sich aktuell in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft. In den 129b-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Vollmachten weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können.
Prozesstermine im Oktober
Azadî e.V. macht auf die folgenden laufenden Prozesse aufmerksam:
Mirza B., OLG München (Prozesseröffnung 13.5.2022)
Mittwoch, 12.10.
Voraussichtlich gibt es weitere, aber noch offene Termine. Die Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr vor dem OLG München, Nymphenburger Str. 16.
Mazlum D., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 21.2.2022)
Donnerstag, 6.10.
Dienstag, 11.10.
Dienstag, 18.10.,
Donnerstag, 20.10.
Dienstag, 25.10.
Donnerstag, 27.10.
Alle Verhandlungen finden jeweils ab 9:15 Uhr vor dem OLG Stuttgart-Innenstadt in der Olgastraße 2 statt.
Merdan K., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 17.3.2022)
Donnerstag, 6.10.
Dienstag, 11.10.
Dienstag, 18.10.
Donnerstag, 20.10.
Dienstag, 25.10.
Donnerstag, 27.10.
Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr vor dem OLG Stuttgart-Stammheim, Asperger Str. 47.
Abdullah Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 11.4.2022)
Freitag, 7. 10.
Freitag, 14.10.
Freitag, 21.10.
Montag, 31.10.
Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr in Saal 223, OLG Frankfurt/M., Konrad-Adenauer-Str. 20.
DHKP/C-Prozess gegen Veli T.
Azadî e.V. weist außerdem auf die Verhandlungstermine im §129b-Verfahren gegen Veli T. wegen angeblicher DHKP/C-Mitgliedschaft hin:
Dienstag, 4.10.
Montag, 17.10.
Freitag, 28.10.
Die Verhandlungen finden vor dem OLG Düsseldorf, jeweils um 11:00 Uhr in Saal A01, Cecilienallee 3, statt.
Die Meldung wurde aktualisiert