Verfassungsgericht weist Kavala-Beschwerde ab

Das türkische Verfassungsgericht hat einen Haftentlassungsantrag des inhaftierten Kulturmäzens Osman Kavala abgewiesen. Der Prozess gegen den Bürgerrechtler wegen „Versuchs zum Sturz der Regierung“ wird am 24. Juni eröffnet.

Das türkische Verfassungsgericht hat einen Antrag auf Haftentlassung des inhaftierten Unternehmers und Kulturmäzens Osman Kavala abgewiesen. Der renommierte Kulturstifter war am 18. Oktober 2017 in Istanbul bei der Rückkehr von einem Projekttreffen mit dem Goethe-Institut aus der Provinz Dîlok (Antep) festgenommen worden. Seit dem 1. November 2017 sitzt der 61-jährige Philanthrop im Hochsicherheitsgefängnis von Silivri in Untersuchungshaft. Mit seiner Beschwerde an das Verfassungsgericht bemängelte Kavala seine unrechtmäßige Inhaftierung, die Einschränkung des Zugangs zu den Ermittlungsakten und die Anordnung zur Untersuchungshaft ohne vor ein Gericht gestellt worden zu sein. Das oberste Gericht der Türkei lehnte den Antrag Kavalas mehrstimmig ab.

Osman Kavala wird ein „Versuch zur Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung“ und ein „Versuch zum gewaltsamen Umsturz der Regierung“ vorgeworfen. Außerdem wird er verdächtigt, an dem versuchten Militärputsch von Juli 2016 beteiligt gewesen zu sein und die regierungskritischen Gezi-Proteste von 2013 finanziert zu haben, die Präsident Recep Tayyip Erdogan heute als Versuch zum Sturz seiner Regierung bezeichnet.

Vorwürfe mehr als ein Jahr nicht bekannt

Über ein Jahr waren die Vorwürfe gegen Kavala nicht bekannt, da das Verfahren als Verschlusssache galt. Kurz nach seiner Festnahme nannte ihn Erdogan abfällig den „türkischen Soros“ in Anspielung auf den US-amerikanischen Kulturstifter George Soros. In einer Rede im November warf der AKP-Chef Kavala einen Versuch der „Spaltung der Nation“ vor. Hinter ihm stehe „der berühmte ungarische Jude Soros. Dies ist der Mann, der Leute um die Welt schickt, um Nationen zu spalten“, sagte Erdogan. Soros beendete daraufhin die Arbeit seiner Stiftung in der Türkei.

Prozesseröffnung am 24. Juni

Der Prozess gegen Osman Kavala und 15 Mitangeklagte wird am 24. Juni vor der 30. Strafgerichtskammer in Istanbul eröffnet. Den Angeklagten, darunter der im deutschen Exil lebende Journalist Can Dündar und der im Londoner Exil lebende Schauspieler Memet Ali Alabora, drohen lebenslange Haftstrafen.

Wer ist Osman Kavala?

Der 1957 in Paris geborene Unternehmer Kavala hat sich vor drei Jahrzehnten der kulturellen Vielfalt der Türkei verschrieben und fördert mit seiner Stiftung Anadolu Kültür vor allem Projekte von ethnischen und religiösen Minderheiten, oftmals mit internationaler Ausrichtung. Als Mitglied zahlreicher Gremien hat er zivilgesellschaftliche Brücken von der Türkei nach Europa aufgebaut und pflegte als einer der wichtigen Intellektuellen des Landes Verbindungen zu Künstler*innen in Europa und auf der ganzen Welt. Zu seinen Anliegen gehört auch die Aussöhnung zwischen der türkischen und der armenischen Bevölkerung und eine friedliche Lösung der kurdischen Frage.