Türkei: Ehemalige HDP-Abgeordnete Hatice Kocaman inhaftiert

Gegen die ehemalige HDP-Abgeordnete Hatice Kocaman ist Haftbefehl erlassen worden. Wegen ihrer Arbeit im Demokratischen Gesellschaftskongress werden bis zu 15 Jahren Haft für sie gefordert.

Die ehemalige HDP-Abgeordnete Hatice Kocaman wurde wegen ihrer Arbeit im Demokratischen Gesellschaftskongress (Kongreya Civaka Demokratîk, KCD) inhaftiert. Ihr wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert ein Strafmaß von 7,5 bis 15 Jahren Haft.

Kocaman war am 30. September 2020 bei einer großangelegten Operation gegen den KCD in Amed (türk. Diyarbakır) festgenommen worden, wurde aber vom Gericht unter Meldeauflagen entlassen. Im Anschluss an die heutige Verhandlung vor dem 9. Schwurgerichtshof Diyarbakır wurde sie verhaftet, der Prozess wurde vertagt.

Was ist der KCD?

Der Demokratische Gesellschaftskongress fungiert als Dachverband politischer Parteien, zivilgesellschaftlicher Organisationen, religiöser Gemeinden sowie Frauen- und Jugendorganisationen. Er versteht sich als gesellschaftlicher Gegenentwurf zu staatlichen Strukturen, der – gestützt auf Räte- und Basisdemokratie – Konzepte zur Selbstorganisierung der Bevölkerung und Alternativen der kommunalen Selbstverwaltung erarbeitet. Der KCD besteht aus etwa 1000 Delegierten, von denen 60 Prozent durch die Bevölkerung direkt gewählt und 40 Prozent aus zivilgesellschaftlichen Organisationen benannt werden, und ist in Kommissionen gegliedert. Sowohl innerhalb des Dachverbands wie auch in den Stadtteilräten und Stadträten gibt es keine Frauenquote, sondern eine Geschlechterquote. Das bedeutet, dass der Anteil von Frauen beziehungsweise Männern 40 Prozent nicht unterschreiten darf. Obwohl der KCD nicht verboten ist, werden Mitglieder des Verbands immer wieder zum Ziel von Kriminalisierung nach dem Terrorparagraphen. So soll die oppositionelle Organisierung der Zivilgesellschaft zerschlagen werden.