Die Verfolgungsbehörden des AKP-Regimes drehen die Repressionsschraube gegen die kurdische Opposition im Vorfeld der Stichwahl für das Präsidentenamt weiter an. In der westtürkischen Küstenprovinz Izmir sind am Mittwoch mindestens zwölf Musikerinnen und Musiker unter angeblichen „Terror“-Vorwürfen in Gewahrsam genommen worden. Die vom Dezernat für Terrorbekämpfung der türkischen Polizei koordinierten Festnahmen wurden von teils martialisch inszenierten Razzien begleitet, die Wohnungen der Betroffenen akribisch durchsucht.
Die Beschuldigungen gegen die Musikleute lauten auf Propaganda für eine „terroristische“ Vereinigung. Der Vorwurf gründet auf der Teilnahme an Eröffnungsfeiern von Wahlbüros der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol Parti, YSP), unter deren Banner die Demokratische Partei der Völker (HDP) zur Parlaments- und Präsidentenwahl am 14. Mai in der Türkei angetreten ist. Bei den Betroffenen der Festnahmeoperation handelt es sich unter anderem um Sertan Özdemir, Şakir Yiğit Özdemir, Cemal Emen, Rıdvan Kaya, Fatime Tandoğan, Eyüp Azrak, Gökhan Gönlüaçık und Kadir Yasin Temur. Sie wurden in das Polizeipräsidium von Izmir gebracht, anwaltlicher Kontakt wurde ihnen bisher nicht gestattet.
Mit den Festnahmen in Izmir hat sich die Zahl der seit gestern bei landesweiten Razzien gegen die kurdisch-demokratische Opposition und ihre sozialistischen Bündnispartner:innen auf mindestens 101 erhöht. Am Mittwochfrüh waren bereits in Mêrdîn (Mardin), Şirnex (Şırnak), Dîlok (Antep) und Manisa 22 Personen unter den üblichen Terrorverdächtigungen festgenommen worden. Am Dienstag hatte die Polizei in verschiedenen Städten des Landes insgesamt 67 Menschen in Gewahrsam genommen.
Am kommenden Sonntag findet die Stichwahl zwischen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan, der gleichzeitig Regierungschef und AKP-Vorsitzender ist, und dem CHP-Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlu statt. Die Opposition ruft mit intensiver Dringlichkeit dazu auf, auch in der zweiten Runde zur Wahl zu gehen und das Ein-Mann-Regime zu beenden.