Terminänderung im 129b-Prozess gegen Merdan K.

In dem seit Mitte März dieses Jahres vor dem OLG Stuttgart laufenden „Terrorismus“-Verfahren gegen den kurdischen Aktivisten Merdan K. wurde der ursprünglich vorgesehene Verhandlungstermin für den 16. August aufgehoben.

In dem seit Mitte März dieses Jahres vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart laufenden „Terrorismus“-Verfahren gegen den kurdischen Aktivisten Merdan K. ist der ursprünglich vorgesehene Verhandlungstermin für den 16. August aufgehoben worden. Das teilt der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mit. Die nächste Verhandlung findet am Donnerstag, 18. August, um 9:15 Uhr statt.

Merdan K. wurde im September 2021 verhaftet und befindet sich in Untersuchungshaft in Stammheim. Gegen den 23-Jährigen wird wegen „Mitgliedschaft“ in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verhandelt. Die Anklage wirft dem Kurden mit deutscher Staatsangehörigkeit vor, seit April 2019 als „Vollkader“ der PKK für den Jugendsektor verantwortlich tätig gewesen zu sein. Verhandlungstermine im Prozess vor dem OLG Stuttgart-Stammheim sind bis vorerst 23. August festgelegt.

Jahrzehntelange Verfolgung

Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die PKK als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gemäß § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.

In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden. So stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht. Von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen sind laut AZADÎ e.V. nach derzeitigem Stand 54 Aktivist:innen; neun Kurden befinden sich aktuell in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.

In den 129b-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Vollmachten weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können.