Tatort Paris: Gedenken vor dem Informationsbüro Kurdistan

Vor dem Informationsbüro Kurdistan in Paris ist der vor elf Jahren vom MIT ermordeten Kurdinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez gedacht worden. Der PCF-Politiker Vincent Boulet forderte internationalen Schutz für das kurdische Volk.

Am 9. Januar 2013 wurden Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez mit jeweils drei Kugeln in den Kopf im Informationsbüro Kurdistan in Paris von einem Auftragsmörder des türkischen Geheimdienstes MIT erschossen. Vor dem Tatort in der Rue Lafayette ist heute der drei kurdischen Revolutionärinnen gedacht worden. An dem Gedenken nahmen neben Kurdinnen und Kurden auch französische Mandatsträger:innen und Vertreter:innen verschiedener Organisationen teil.


Hört auf, die Kurden für eure politischen Interessen zu missbrauchen“

Berivan Firat, Sprecherin des Demokratischen Kurdischen Rats in Frankreich (CDK-F), sagte bei dem Gedenken: „Es sind elf Jahre seit dem Massaker vergangen und wir wissen, dass der türkische Geheimdienst hinter diesem politischen Attentat steckt. Die Justiz wird jedoch durch eine Geheimhaltungsklausel in der Akte behindert. Diese verhindert, dass die Dokumente, die sich im Besitz des französischen Geheimdienstes befinden, dem Gericht übermittelt werden. Wären diese Dokumente dem Gericht übermittelt worden, wären Evîn Goyî, Abdurrahman Kızıl und Mîr Perwer jetzt unter uns. Denn der türkische Geheimdienst, der auf französischem Boden operiert, sah freie Bahn und verübte am 23. Dezember 2022 ein weiteres Massaker. Wir sagen zu Frankreich: Hört auf, die Kurdinnen und Kurden für eure politischen Interessen zu missbrauchen."

Unsere Suche nach Gerechtigkeit wird weitergehen“

Ein Gemeindevertreter des 10. Arrondissements von Paris kritisierte ebenfalls die Einstufung des Attentats als Staatsgeheimnis und erklärte: „Aber trotz allem wird unsere Suche nach Gerechtigkeit weitergehen. Wir sagen ganz klar, dass diejenigen, die gegen den IS gekämpft haben, immer einen Platz bei uns haben werden. Vor einigen Wochen hat Frankreich ein Gesetz gegen Einwanderer verabschiedet. Dieselbe Regierung hat den Asylantrag von Evîn Goyî abgelehnt. Es ist die gleiche Regierung, die es versäumt hat, die Kurden hier zu schützen. Unsere Forderungen und unser Kampf in dieser Angelegenheit werden weitergehen.“ Der Vertreter lud für den Abend zu einer Vorführung des Dokumentarfilms „Trois femmes à abattre“ ins Rathaus ein.

Frankreich muss politischen Druck auf die Türkei ausüben“

Der PCF-Politiker Vincent Boulet sagte in einer Rede: „Auch wenn wir jetzt in Trauer hier sind, geht unser Sinn für Gerechtigkeit mit Wut, Würde und Ehre weiter. Wir fordern Gerechtigkeit für Sakine Cansız, Fidan Doğan, Evîn Goyî, Mîr Perwer und Abdurrahman Kızıl. Seit 2013 wurden sechs kurdische Militante ermordet und es ist eine Schande für Frankreich, dass der Gerechtigkeit noch immer nicht Genüge getan wurde. Wir fordern die sofortige Aufhebung der Vertraulichkeitsanordnung in diesem Fall. Fabien Roussel [Generalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs] hat diese Forderung an Präsident Macron übermittelt. In unserem Streben nach Gerechtigkeit müssen wir auch unseren Kampf für die Freilassung der kurdischen Gefangenen in den Kerkern von Erdoğan verstärken. Wir fordern die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan. Wir verurteilen die Doppelmoral der Europäischen Union, die Gasverträge der Gerechtigkeit vorzieht. Wir fordern den Europarat auf, Druck auf die Türkei auszuüben, um die Umsetzung der Menschenrechte und demokratischen Rechte in der Türkei durchzusetzen. Erdogan, der über die zweitgrößte Armee der NATO verfügt, stellt auch eine regionale Bedrohung dar. Er setzt seine brutalen Angriffe auf das kurdische Volk fort, ohne sich an internationale Normen und Kriterien zu halten. Die EU entehrt sich durch ihr Schweigen. Frankreich, das dazu in der Lage ist, muss sich für einen politischen Wandel einsetzen. Wir fordern internationalen Schutz für das kurdische Volk. Seit hundert Jahren kämpfen die Kurden für ihre nationalen Rechte, die von den Großmächten ignoriert werden. Sie haben den IS bekämpft und besiegt, und jetzt sind sie wieder ihrem Schicksal überlassen. Die Kommunistische Partei Frankreichs unterstützt den Kampf des kurdischen Volkes für Gerechtigkeit und nationale und kulturelle Rechte.“