Taksim-Solidarität: „Die Dunkelheit geht, Gezi bleibt!“
In Istanbul haben Hunderte Menschen an den Gezi-Aufstand vor elf Jahren erinnert, der Toten gedacht und die Freilassung der in einem politischen Prozess verurteilten Gefangenen gefordert.
In Istanbul haben Hunderte Menschen an den Gezi-Aufstand vor elf Jahren erinnert, der Toten gedacht und die Freilassung der in einem politischen Prozess verurteilten Gefangenen gefordert.
Hunderte Menschen sind am Freitag auf Aufruf der Initiative „Taksim-Solidarität“ im Istanbuler Stadtbezirk Beyoğlu zusammengetroffen, um an den Gezi-Aufstand vor elf Jahren zu erinnern. Die Straßen zum Taksim wurden von einem Großaufgebot der Polizei belagert, es standen Wasserwerfer und Gefangenentransporter bereit. An der Kundgebung in der Ipek-Straßen nahmen Hunderte Menschen teil, darunter die Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları, weitere Abgeordnete politischer Parteien sowie Gülsüm Elvan, die Mutter von Berkin Elvan, der während des Gezi-Aufstands von der Polizei getötet wurde.
Auf mitgeführten Transparenten war zu lesen: „Die Dunkelheit geht, Gezi bleibt“, „Gerechtigkeit für Gezi“ und „Gezi verteidigen heißt das Land verteidigen“. Die Menschen skandierten „Überall Taksim, überall Widerstand“ und „Der Tag wird kommen, die Zeit wird sich wenden. Die AKP wird sich vor dem Volk verantworten".
Akif Burak Atlar sagte als Sprecher der Taksim-Solidarität: „Vor elf kam Jahren eine demokratische, partizipatorische, friedliche, feministische, gerechte und ökologische Menschenmenge im Gezi-Park gegen die Ungerechtigkeiten in der Welt und in unserem Land zusammen. Es war die jüngste, bunteste und kämpferischste Volksbewegung in der Geschichte unseres Landes. Sie hinterließ eine unauslöschlich tiefe und regenbogenfarbene Spur in der politischen, sozialen und kulturellen Geschichte. Der Aufstand der Millionen, die die Plätze füllten, symbolisierte Widerstandskraft, Entschlossenheit, eine vielstimmige Melodie, ein warmes Miteinander am Tisch der Erde, Geschwisterlichkeit und Hoffnung in all ihren Farben.“
Auf der Kundgebung wurde an die Todesopfer erinnert und die Freilassung der Gefangenen aus dem Gezi-Prozess gefordert. Atlar sagte: „Erhebt eure Stimme, um die Ungerechtigkeit im Gezi-Prozess zu beenden! Zu schweigen, die Augen zu verschließen, bedeutet, sich an diesem Unrecht und dieser Ungerechtigkeit zu beteiligen! Unsere Forderung ist kurz, klar und konkret: Lasst sofort alle frei, die ihr im Namen von Gezi inhaftiert habt! Ihr müsst sie freilassen, weil es, wie in den Freisprüchen vor diesem Prozess eindeutig festgestellt wurde, keine wirkliche Straftat oder Straftäter gibt. Wir fordern Rechenschaft von den Mördern und Anstiftern von Berkin, Hasan Ferit, Ali İsmail, Ahmet, Mehmet, Abdo Can, Medeni und Ethem. Der Gezi-Widerstand ist nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft dieses Landes. Er wird weiterhin eine unauslöschliche Hoffnung auf Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie sein. Die Dunkelheit geht, Gezi bleibt.“
Der Beginn des Gezi-Aufstands
Der Gezi-Aufstand begann am 27. Mai 2013, als die Istanbuler Stadtverwaltung für ein geplantes Bauprojekt Bäume im zentralen Gezi-Park am Taksim fällen wollte. Damals stellten sich Mitglieder verschiedener Vereine, Berufsverbände und Initiativen vor die Baumaschinen und verhinderten die Abholzung. Unter ihnen war auch der damalige HDP-Abgeordnete Sirri Süreyya Önder, der heute für die DEM-Partei im Parlamentspräsidium sitzt. Aus der Aktion entstand eine Massenbewegung. Am Taksim wurden Zelte aufgebaut, immer mehr Menschen beteiligten sich an der Mahnwache. Die Polizei ging mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Die lokalen Proteste weiteten sich schnell zu einer landesweiten Widerstandsbewegung gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan aus, nachdem die Polizei hart gegen die Aktivist:innen vorging. Schließlich wurde die Bewegung blutig niedergeschlagen – elf Menschen starben, Tausende weitere wurden verletzt.