Tagung in Nairobi: Öcalans Freiheit ist auch unsere Freiheit

In Nairobi haben sich Friedensinitiativen, feministische Organisationen und Klimagruppen zu einem Austausch über die kurdische Bewegung und Abdullah Öcalan getroffen. Die Hauptstadt Kenias war 1999 Schauplatz der Entführung des PKK-Begründers.

Auf Initiative der Revolutionary Socialist League of Kenya sind am Donnerstag Gruppen aus der kenianischen Friedens- und Demokratiebewegung in Nairobi zusammengekommen, um sich über Abdullah Öcalan und die kurdische Befreiungsbewegung auszutauschen. Anlass der war der 25. Jahrestag der völkerrechtswidrigen Verschleppung des Vordenkers der PKK in die Türkei, deren Schauplatz Nairobi war.

An der Zusammenkunft im Community Justice Center im Viertel Kayole nahmen verschiedene feministische Initiativen, Klimagruppen und Friedensorganisationen teil. So waren unter anderem Africans Rising, Korogocho Peace and Justice Centre, Ecological Justice Movement, Njiru Feminists Network, MAU MAU road haki center, Mathare Community Justice Center, Ukombozi Library, Olepolos Community Justice Center und Women in Justice vertreten, darüber hinaus organisierte Jugendliche aus der Lokalbevölkerung.

Eröffnet wurde das Treffen mit einem rund einstündigen Input zur Geschichte des kurdischen Befreiungskampfes und dem „internationalen Komplott“. So bezeichnet die kurdische Gesellschaft die Phase vom 9. Oktober 1998 bis zum 15. Februar 1999, in deren Verlauf Abdullah Öcalan zunächst in Syrien zur Persona non grata erklärt wurde, und anschließend eine Odyssee durch halb Europa durchlebte, um schließlich aus Kenia verschleppt und illegal an die Türkei übergeben zu werden. Seitdem wird er auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali festgehalten – die meiste Zeit in Totalisolation.


Der Nairobi-Coup

Beleuchtet wurde insbesondere die Verstrickung der verschiedenen Staaten und Geheimdienste, die an dem Piratenakt an Öcalans Person beteiligt waren. Als der damals 49-Jährige am 15. Februar 1999 in einer groß angelegten Geheimdienstaktion aus der griechischen Botschaft in Kenia verschleppt wurde, trug die Operation des türkischen Geheimdienstes MIT den Codenamen „Safari“. Die Aktion stand unter absoluter Geheimhaltung, nur ein kleiner Kreis von türkischen Agenten war eingeweiht. Dem MIT assistiert bei dieser „Maßnahme“ haben damals hauptsächlich der amerikanische Geheimdienst CIA und der israelische Nachrichtendienst MOSSAD. Beide traten jedoch nicht öffentlich in Erscheinung und bestritten jede Mitwirkung.

Einen Tag zuvor, am 14. Februar 1999, war auf dem Flughafen Nairobi ein Flugzeug mit malaysischem Hoheitszeichen aufgetaucht. An Bord der Maschine, die niemand verließ und in die niemand einstieg, wartete ein Kommando des MIT. Zu dem Zeitpunkt befand sich Öcalan in der griechischen Botschaft in Kenias Hauptstadt. Der PKK-Vorsitzende machte sich für den Abflug bereit, er glaubte nach Holland ins Exil gebracht zu werden. Zuvor hatte er versucht, in Griechenland Asyl zu bekommen. Doch die Regierung in Athen war von den USA und der Türkei unter Druck gesetzt worden und hatte das abgelehnt. Öcalan wurde mitgeteilt, dass Südafrika bereit sei, ihn aufzunehmen. Deshalb stieg er in Athen in ein Flugzeug in Richtung Südafrika – wie er glaubte.

Doch die Maschine machte unter dem Vorwand von „technischen Schwierigkeiten“ eine Zwischenlandung in Nairobi. Öcalan wurde in die griechische Botschaft gebracht und wartete dort auf den Weiterflug. Dann hieß es, nicht Südafrika, sondern die Niederlande seien bereit, ihn aufzunehmen. In einem Konvoi wurde Öcalan zum Flughafen gebracht. Plötzlich scherte das Fahrzeug, in dem der PKK-Vorsitzende saß, aus der Kolonne aus und fuhr direkt auf das Rollfeld und die angeblich malaysische Maschine zu. Öcalan wurde aus dem Wagen gerissen, dem MIT-Kommando übergeben und via Tel Aviv nach Istanbul verfrachtet.

Aktive kritisieren gute israelisch-kenianische Zusammenarbeit

„Die Feinde der Völker sind damals wie heute dieselben“, sagte ein Aktivist der Revolutionary Socialist League of Kenya. Explizit benannte er den israelischen Staat und den Mossad. Israel und Kenia blicken auf Jahrzehnte der „guten Zusammenarbeit“ zurück, vor allem im Sicherheitsbereich. Das afrikanische Land ist langjähriger Kunde der israelischen Waffenindustrie, seine Polizei und Teile des Militärs sind von israelischen Spezialkräften ausgebildet worden. 1999, als Öcalan aus Nairobi entführt wurde, stand sogar das persönliche Sicherheitskommando des damaligen kenianischen Präsidenten Daniel Arap Moi unter direktem Einfluss des Mossad, da es von den Israelis ausgebildet worden war.

„Diese gute Zusammenarbeit mit Israel bekommen wir hier in Kenia nur allzu oft zu spüren“, erklärte der Aktivist weiter. Sie mache sich unter anderem durch das israelische Tränengas bemerkbar, das bei Protesten gegen die Unterdrückung der Bevölkerung systematisch eingesetzt werde. Auch die Munition, die von der kenianischen Polizei bei „extralegalen Hinrichtungen“ von Jugendlichen verwendet werde, stamme aus Israel. „Diese Staaten ähneln sich auch in der Mentalität. Beide Länder haben nur allzu viel Erfahrung mit Kolonialisierung, Entrechtung und Vernachlässigung. Und sie sind in das internationale Komplott gegen Abdullah Öcalan involviert.“

Der Kampf hiergegen und für Öcalans Freiheit müsse ebenso global geführt werden, um erfolgreich zu sein. Man müsse dem internationalen Komplott die internationale Solidarität der Völker entgegensetzen, hieß es auch in einer Abschlusserklärung des Forums. Deshalb gehöre es zu den Prinzipien der sozialistischen und feministischen Kämpfe in Kenia, internationale Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf zu zeigen, die Forderung nach der Freilassung Abdullah Öcalans zu verstärken und die Einheit und Geschwisterlichkeit der Völker voranzubringen.

„Die Kämpfe sind nicht voneinander zu trennen“

Lewis Maghanga, Aktivist der Revolutionary Socialist League, betont die Verbindung zwischen den Kämpfen. Die Freiheit von Abdullah Öcalan würde auch einen Sieg für das kenianische Volk bedeuten, da sie eine Errungenschaft für den internationalen Sozialismus bedeute. Gleichzeitig würde auch die Befreiung Kenias vom Imperialismus ein Erfolg für den kurdischen Freiheitskampf und den Befreiungskampf aller unterdrückten Völker bedeuten. „Die Kämpfe sind nicht voneinander zu trennen“, so Maghanga. „Der Kampf um die Freiheit von Abdullah Öcalan ist der Kampf um die eigene Freiheit.“