Syndikat-Räumung: Kiez wütend auf Rot-Rot-Grün

Das Kollektiv des mit einem brutalen Polizeieinsatz gegen den Widerstand der Bevölkerung geräumten linken Projekts Syndikat kritisiert den rot-rot-grünen Berliner Senat scharf.

Nach langem Ringen wurde am 7. August die linke Kiezkneipe Syndikat im Berlin-Neuköllner Schillerkiez geräumt. Das Syndikat stellte ein wichtiges soziales und politisches Zentrum in der Nachbarschaft dar, in dem seit fast 35 Jahren Solidaritätsveranstaltungen, Rechts- und Sozialberatungen, Konzerte und kulturelle Veranstaltungen stattfanden. Der rot-rot-grüne Senat setzte die Räumung für den Immobilienhai Pears-Global mit aller Gewalt durch. Vergangenen Sonntag begann auf einer Kiezversammlung eine erste Aufarbeitung der gewalttätigen Räumung und der folgenden Besetzung des Kiezes durch Polizei und Security.

Rechtstaat hat jegliches Maß verloren“

Zum Polizeieinsatz, an dem über 700 Polizisten beteiligt waren, erklärt Lukas Selchow vom Syndikat-Kollektiv: „Dieser martialische Einsatz zur Räumung einer Kiezkneipe, die fast 35 Jahre zur nachbarschaftlichen Infrastruktur im Schillerkiez gehörte, ist einem selbsterklärten linken Senat absolut unwürdig und zeigt, dass der Rechtsstaat – der durch diesen Einsatz ja sichergestellt worden sein soll – jegliches Maß verloren hat. Für die Interessen von Pears Global, eines intransparenten, kommunikationsunwilligen und steuervermeidenden Briefkasten-Netzwerks, wurde eine Materialschlacht geliefert, für dessen Kosten der Senat das gesamte Haus in der Weisestraße 56 wahrscheinlich mehrfach hätte kaufen können. Das wäre billiger gewesen und hätte die zahlreichen Verletzten, Verhafteten und unzähligen schockierten und wütenden Nachbar*innen erspart.“

Versammlung im Schillerkiez

Am vergangenen Sonntag versammelten sich etwa 70 Menschen, hauptsächlich aus dem Schillerkiez, um über die Erlebnisse des vergangenen Wochenendes zu sprechen. Ohne Ausnahme wurde die Räumung und die Art des Polizeieinsatzes scharf kritisiert. Aber auch Teile der medialen Berichterstattung und Äußerungen verschiedener Bezirks- und Landespolitiker*innen stießen auf große Ablehnung.

Verunglimpfung der Unterstützer durch Lokalpolitik macht die Menschen wütend“

Zur Stimmung auf der Kiezversammlung erklärte der Syndikatssprecher: „Viele Nachbar*innen sind wütend darüber, dass bis auf wenige Ausnahmen weder in der Berichterstattung noch durch die Politik ihre Erlebnisse ausreichend berücksichtigt wurden und dieser gesamte Einsatz ohne jegliches Hinterfragen als alternativlos dargestellt wird. Es macht natürlich was mit dir, wenn dein ganzer Kiez plötzlich tagelange Sicherheitszone ist, vor schwer bewaffneten Einheiten überquillt und du als Anwohner*in schon unter Generalverdacht stehst, nur weil du dort wohnst. Wenn dann auch noch Bezirkspolitiker*innen wie der stellvertretende Bürgermeister von Neukölln, Falko Liecke, dem Syndikat den Status als nachbarschaftliche Infrastruktur abspricht und alle Unterstützer*innen pauschal als ‚Extremisten‘ verunglimpft, macht das die Menschen im Schillerkiez natürlich erst recht wütend.“

Der Kampf geht weiter

Auf der Versammlung wurden acht Kommissionen gebildet und angekündigt, den Kampf im Kiez fortzusetzen. Selchow erklärt dazu abschließend: „Auch wenn uns die Räumung natürlich wütend und traurig macht, so war es doch sehr ermutigend, dass so viele Menschen sich nicht geschlagen geben und zumindest den entstandenen Zusammenhalt positiv und produktiv nutzen wollen. Das Syndikat war immer mehr als ein Raum, sondern eine Idee von Selbstorganisierung und Kiezkultur von unten und gerade fühlt es sich an, als wäre das Syndikat so lebendig wie eh und je.“