Südkurdistan: Mazlum Dağ und Abdurrahman Er im Hungerstreik

Die in Hewlêr zum Tode verurteilten Aktivisten Mazlum Dağ und Abdurrahman Er sind seit Samstag im Hungerstreik. In der Schweiz lebende Angehörige berichten von ihren Haftbedingungen in Südkurdistan.

Mazlum Dağ und Abdurrahman Er (auch bekannt unter dem Namen Muhammed Beşiksiz) werden beschuldigt, am 17. Juli 2019 den türkischen Vizekonsul und Geheimdienstverantwortlichen Osman Köse sowie zwei weitere Personen in einem Luxusrestaurant in Hewlêr (Erbil), der Hauptstadt der südkurdischen Autonomieregion, erschossen zu haben. Im Februar 2020 wurden Dağ und Er vom 2. Strafgericht in Hewlêr in einem Schauprozess auf Druck der Türkei zum Tode verurteilt. Direkt im Anschluss an die Verhandlung sind die beiden Aktivisten in einer Gefängniszelle von IS-Dschihadisten untergebracht worden. Am 22. September 2020 wurden die Todesurteile vom Kassationsgericht bestätigt.

Nach Angaben von Angehörigen, die in der Schweiz leben, befinden sich Mazlum Dağ und Abdurrahman Er im Hungerstreik. Ers Onkel Necmettin Er und sein Cousin Yilmaz Polat haben sich in Zürich gegenüber ANF zu der aktuellen Situation geäußert und fordern von der südkurdischen Regierung, von ihrer feindseligen Haltung abzusehen.

Necmettin Er: Die Führung in Hewlêr soll ihre Feindseligkeit aufgeben

 

Necmettin Er weist darauf hin, dass die Grundrechte von Mazlum Dağ und Abdurrahman Er verletzt werden: „Ihnen wird von der Führung in Hewlêr grundlegender Bedarf im Gefängnis vorenthalten. Der Kontakt zu Familienangehörigen wird unterbunden, die schriftliche Kommunikation ist verboten, finanzielle Unterstützung und Bekleidung kommen nicht an.“ Gegen diese unmenschliche Behandlung seien sein Neffe und Mazlum Dağ am Samstag in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Necmettin Er appelliert an die Regierung in Hewlêr, die Grausamkeit gegen „Kinder des kurdischen Volkes“ zu beenden.

Yilmaz Polat: Im Interesse des türkischen Staates

 

Yilmaz Polat macht darauf aufmerksam, dass die verhängte Todesstrafe keine Entscheidung der Führung von Hewlêr war, sondern die Interessen des türkischen Staates bediene. Mazlum Dağ und Abdurrahman Er würden im Gefängnis schlechter behandelt als IS-Gefangene, Kriminelle und Mörder, die sich am kurdischen Volk schuldig gemacht haben, so Yilmaz Polat:

„Für uns als Familie ist es unakzeptabel, dass junge Kurden in einer kurdischen Region dem Feindstrafrecht unterzogen und wie Kriegsgefangene behandelt werden. Es handelt sich um Menschen, die als Kurden in der kurdischen Region für ihr Volk kämpfen. Die Regierung in Hewlêr muss diese unmenschliche Behandlung beenden. Wir rufen Menschenrechtsorganisationen und die internationale Öffentlichkeit zur Aufmerksamkeit angesichts der Rechtsverletzungen auf.“

In der Schweiz ist im Oktober 2020 eine Initiative gegen die Hinrichtung von Mazlum Dağ und Abdurrahman Er gegründet worden.