Der türkische Innenminister Süleyman Soylu nahm in seiner Rede in einer TV-Show erneut die Studierenden der Boğaziçi-Universität und diesmal auch deren Familien ins Visier. Die Studierenden und das Lehrpersonal der Universität protestieren seit Wochen gegen die Einsetzung des AKP-Politikers Melih Bulu zum Rektor der Universität als Angriff des Regimes auf die universitäre Autonomie. Soylu nannte die Aktionen für Melih Bulus Rücktritt „Boğaziçi-Provokation“ und bezeichnete die Familien der Studierenden als „ideologische Familien“. Die Studierenden reagierten am Sonntag mit einem Protestschreiben.
„Keine Kompromisse“
In dem Schreiben wurde festgestellt, dass Soylus Drohungen sich nun nicht nur gegen die Aktivist*innen selbst richteten, sondern auch die Familien betreffen. Dazu heißt es: „Soylu bedroht unsere Familien, die uns in unserem Kampf für unsere legitimen Forderungen unterstützen und etikettiert diese als ‚ideologische Familien‘. Aber Eure Drohungen und Eure Erfassung der Beteiligten haben den Widerstand von Boğaziçi nicht eingeschüchtert. Bevor Ihr es nun mit ‚Warnungen' an unsere Familien versucht, seht Euch erstmal die Forderungen des Boğaziçi-Widerstands, des Arbeiterwiderstands, der Frauen, die unter dem Motto ‚Wir wollen leben‘ protestieren, und der LGBTI+-Personen an. Eure Zeit verrinnt. Ihr treibt Arbeiterfeindschaft, Sexismus und Homophobie voran und versucht jeden Kampf um Rechte als ‚Terrorismus‘ zu etikettieren. So setzt Ihr Eure Politik des Hasses und der Drohungen, welche die Menschen derartig satthaben, fort. Ihr wisst es, aber wir wollen es nochmals wiederholen. Wir sind nicht zurückgewichen und wir werden uns nicht vom Kampf abbringen lassen. Wir werden uns nicht beugen. Wir werden weiterkämpfen, bis unsere gerechtfertigten Forderungen erfüllt werden. Wir werden keine Kompromisse eingehen, Ihr werdet einen Schritt zurückmachen.“
Weitere Festnahmen
Währenddessen geht die Repression gegen die Studierenden weiter. Am Sonntagabend wurden zwei Studierende aufgrund ihrer Teilnahme an den Protesten an der Universität nach Razzien festgenommen. Die Studierendenkollektive protestierten gegen die Repressionsmaßnahme und erklärten: „Repression und Festnahmen werden uns nicht einschüchtern.“