Stimmen aus Istanbul-Tarlabaşı zu Neuwahlen
ANF führte Gespräche mit Bewohner*innen des Viertels Istanbul-Tarlabaşı zu den – wegen angeblichem „Stimmenklau“ – durch die AKP anberaumten Neuwahlen in Istanbul.
ANF führte Gespräche mit Bewohner*innen des Viertels Istanbul-Tarlabaşı zu den – wegen angeblichem „Stimmenklau“ – durch die AKP anberaumten Neuwahlen in Istanbul.
Das Stadtviertel Tarlabaşı ist eines der ärmsten Viertel im reichen Zentrum Istanbul-Beyoğlus. Das multikulturelle Viertel mit seiner bis ins 15. Jahrhundert zurückreichenden Geschichte ist daher Ziel heftiger Gentrifizierung und Verdrängung. Unsere Korrespondent*innen waren im Stadtviertel unterwegs und haben versucht, die Stimmung der Bevölkerung in Bezug auf die vom AKP-Regime anberaumten Neuwahlen am 23. Juni einzufangen. Die meisten empfinden dies als Raub ihrer Rechte durch die Regierung.
„Die Wiederholung der Wahlen schadet der Wirtschaft“
Aliye Goga aus dem Viertel sagt: „Obwohl wir bei den letzten Wahlen gewonnen hatten, wurde behauptet, es seien Stimmen geklaut worden. Ich hoffe, diese Wahlen laufen korrekt ab, damit unsere Mühe nicht vergebens ist.“
Mehmet Amca fügt hinzu: „Ich war schon wählen und habe meine Stimme genutzt. Warum stören die mich jetzt? Ich werde aber mein Wahlrecht nicht aufgeben, denn Imamoğlu hat gewonnen, sie sollen ihm sein Recht geben. Es muss Gerechtigkeit geben.“
Ein Holzverkäufer kommentiert: „Wir haben gewählt, dann haben sie einfach behauptet, man hätte ihnen Stimmen ‚gestohlen‘. Sie versuchen, uns zu zermürben. Aber wir werden immer wieder hingehen und abstimmen. Mein Geschäft ist pleite. Die Menschen haben kein Geld, alle fokussieren sich auf die Wahlen.“
„Ich glaube, alles wird sehr gut“
Ein Verkäufer in einem Cafê sagt: „Sie haben uns unser Recht genommen. Ich habe vorher nie so eine Wahl erlebt. Ich denke, sie werden mit Sicherheit wieder irgendetwas machen. Deswegen haben sie das Ergebnis nicht akzeptiert. Das kann selbst Gott nicht ertragen. Wir werden dieses Mal mit großem Vorsprung gewinnen. Alles wird sehr gut werden.“
Idris Abik sagt: „Durch die Neuwahlen wird die Wirtschaft stark geschwächt. Das liegt daran, dass sie betrügen. Ich habe in meinem Leben nie für die CHP gestimmt. Aber dieses Mal habe ich meine Stimme für sie abgegeben. Sie hat den Preis für die Studentenkarte und den Preis für das Wasser gesenkt. Der Präsident will nur selbst gewinnen. Sie haben bei uns, an unseren Urnen, Soldaten abstimmen lassen. Ständig drohen sie den Menschen mit Worten wie ‚Halt den Mund, du bist PKKler‘. Das finden wir nicht richtig. Auch dieses Mal wird Imamoğlu wieder gewinnen.“
„Ich werde wieder abstimmen“
Ein weiterer Bewohner des Viertels erklärt: „Der Präsident sagt, es seien Stimmen geklaut worden. Hab ich denn den Wahlausschuss aufgestellt? Der YSK hat ihn aufgestellt, dass bedeutet, sie müssten dem die Stimmen geklaut haben. So etwas Blödes, so etwas Absurdes gibt es nicht noch einmal. Das hier ist das absurdeste Land der Welt. Wenn Stimmen gestohlen wurden, warum hat es keine Festnahmen gegeben?“