Staatsanwaltschaft widerspricht Haftentlassung von Mahmut Alinak

Einen Tag nach der Entlassung des kurdischen Politikers Mahmut Alinak aus dem Gefängnis in den Hausarrest hat die Staatsanwaltschaft in Qers Einspruch gegen die Aufhebung des Haftbefehls eingelegt.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in Qers (türk. Kars) soll Mahmut Alinak zurück ins Gefängnis. Der kurdische Politiker, Rechtsanwalt und Autor ist am Mittwoch nach drei Monaten in Untersuchungshaft aus dem Gefängnis in den Hausarrest entlassen worden. Nur einen Tag später legte die Staatsanwaltschaft Einspruch gegen die Entscheidung des 2. Strafgerichts ein. Die Behörde begründet dies mit der Schwere der gegen Alinak erhobenen Vorwürfe, die einen „absoluten Haftgrund“ darstellten.

Dem 68-jährigen Politiker Mahmut Alinak wird Separatismus vorgeworfen. Bei einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe. Die 300 Seiten umfassende Anklageschrift besteht zu großen Teilen aus Zitaten aus öffentlich abgegebenen Erklärungen, Telefongesprächen und den Büchern von Alinak. Seine Forderung, Kurdisch als gleichwertig mit anderen Sprachen anzuerkennen, sowie die Spende des Erlöses aus seinem Buch „Mehmet Tunç und Bêkes” an die Familie des 2016 in den Todeskellern von Cizîr (Cizre) ums Leben gekommenen Vorsitzenden des örtlichen Volksrates Mehmet Tunç wird von der Staatsanwaltschaft als versuchte „Zerstörung der Einheit und Integrität des Staates“ ausgelegt.

Wer ist Mahmut Alinak?

Mahmut Alinak ist 1952 in Dîxor (Digor) in der Provinz Qers geboren. Er studierte Jura in Ankara und wurde Rechtsanwalt. 1987 zog er das erste Mal als Abgeordneter der SHP ins türkische Parlament ein. 1994 wurde er nach Aufhebung der parlamentarischen Immunität gemeinsam mit Orhan Doğan, Hatip Dicle, Ahmet Türk, Sırrı Sakık und Leyla Zana verhaftet. Im Gefängnis schrieb er seine ersten beiden Bücher.

Alinak war mehrmals im Gefängnis. 2011 wurde er im Rahmen der KCK-Operationen verhaftet und war sieben Monate in Haft. 2014 verbrachte er weitere drei Monate im Gefängnis.

Im Januar 2019 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei wegen der unrechtmäßigen Inhaftierung Alinaks verurteilt und ihm Schadensersatz zugesprochen. Alinak wurde im Jahr 2008 in Qers wegen seiner Kritik am Unrechtssystem auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali, wo Abdullah Öcalan seit 1999 inhaftiert ist, und aufgrund eines Antrags bei der Stadtverwaltung auf Straßenumbenennung verurteilt. Alinak hatte gefordert, einige Straßen in Qers nach türkischen und kurdischen Intellektuellen, Revolutionären und Gefallenen zu benennen. Unter anderem ging es um die Namen des Schriftstellers Musa Anter, des Menschenrechtsanwalts Vedat Aydın und des Mitglieds der türkischen 68er-Bewegung Deniz Gezmiş. Der EGMR entschied, dass die Haft Alinaks gegen das Recht auf Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen hat.