Die irische Partei Sinn Féin (SF) hat ihre Solidarität mit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen in der Türkei bekundet und die türkische Regierung aufgerufen, ihre Forderungen zu erfüllen. Der rotierende Hungerstreik gegen die Isolation von Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali und die völlige Entrechtung in türkischen Haftanstalten dauert seit nunmehr 185 Tagen an. Solidaritätsaktionen finden auch im Flüchtlingslager Mexmûr in Südkurdistan und im Camp Lavrio in Griechenland statt.
„Der Hungerstreik der politischen Gefangenen in der Türkei ist den Menschen in Irland als legitime Form des Protests vertraut“, sagte Sinn Féins außenpolitischer Sprecher John Brady gegenüber der linken britischen Zeitung Morning Star. Diese Aktionsform sei im Prinzip die Bewaffnung des menschlichen Körpers. „Es ist die letzte Waffe, die von den Machtlosen, den Enteigneten, von denen, die von allem anderen beraubt wurden, gegen den Unterdrücker eingesetzt wird“, so der SF-Abgeordnete. In der irischen Befreiungsbewegung haben Hungerstreiks seit vielen Jahren eine große Bedeutung. Schon 1917 griffen gefangene Republikaner:innen auf dieses Kampfmittel zurück. Der Hungerstreik von 1981 hat bis heute eine hohe Symbolkraft in Irland. Damals kamen zehn Menschen im Protest gegen Besatzung und für bessere Haftbedingungen zu Tode. Darunter auch Bobby Sands, der kurz vor seinem Tod ins britische Unterhaus gewählt worden war.
Politische Gefangene seit sechs Monaten im Hungerstreik
Der andauernde Hungerstreik in türkischen Haftanstalten wurde am 27. November 2020 von Gefangenen aus PKK/PAJK-Verfahren initiiert. Auch prominente Politikerinnen und Politiker der HDP sowie Gefangene anderer politischer Bewegungen beteiligen sich an der gruppenweise für jeweils fünf Tage geführten Aktion gegen die unhaltbaren Zustände in den Haftanstalten des türkischen Regimes, die inzwischen eine grenzenlose Dimension angenommen haben. „Doch anstatt auf die Forderungen der Gefangenen einzugehen, greifen die türkischen Behörden hart durch“, kritisiert John Brady. Viele der Protestierenden mussten in Isolationshaft und wurden von ihren Mitgefangenen getrennt. „Die irischen Republikaner:innen stehen an der Seite der kurdischen Hungerstreikenden“, sagte Brady. „Wir fordern die türkische Regierung auf, ihre Forderungen zu erfüllen.“
Hungerstreik von 2018/2019 dauerte 200 Tage
Der letzte große Hungerstreik in der Türkei hatte von November 2018 bis Mai 2019 stattgefunden. Initiiert von der damals wegen ihrer Kritik an der Efrîn-Invasion inhaftierten kurdischen Politikerin Leyla Güven, die sich seit Ende letzten Jahres wieder im Gefängnis befindet, hatte sich die Aktion gegen die Isolation Öcalans in eine Massenbewegung verwandelt, an der sich mehr als 7.000 Gefangene sowie zahlreiche Aktivist:innen im In- und Ausland beteiligten. Auch damals hatte sich die Sinn Féin solidarisch gezeigt. Die Abgeordnete Martina Anderson, die selbst aufgrund ihres Engagements für die irisch-republikanische Bewegung 13 Jahre in Haft verbringen musste, hatte Leyla Güven in Amed (tr. Diyarbakir) sogar besucht. Güven hatte den Hungerstreik auch nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft fortgesetzt und nach 200 Tagen nach einem Aufruf von Abdullah Öcalan für beendet erklärt. Zuvor hatte die türkische Regierung die Totalisolation des kurdischen Vordenkers ein Stück weit aufgeweicht und nach acht Jahren Kontaktsperre Anwaltsbesuche wieder zugelassen. Inzwischen wird der PKK-Begründer wieder seit fast zwei Jahren von seiner Außenwelt abgeschottet.