Immer mehr Touristen zieht es in die kleine Gemeinde Lavrio an der ägäischen Küste. Dafür wird fleißig ausgebaut. Im Altertum beruhte der Reichtum der Region, besonders der Stadt Athen, auf den Silberminen in der Gegend. Heute sollen Yachten das Geld bringen.
Auf dem Weg zum Hafen, inmitten von neuen Cafés und Tavernen, findet sich ein vom griechischen Staat weitestgehend unbehelligter Ort. Die Fahnen der KCK, der PKK und von Abdullah Öcalan sind über den Dächern zu sehen. Das besetzte Gebäude befindet sich seit vielen Jahren in Selbstverwaltung, ökologische, demokratische und feministische Paradigmen bestimmen den Alltag. Es ist ein Camp für Geflüchtete. Die Menschen kommen mehrheitlich aus allen vier Teilen Kurdistans und verweilen dort gezwungenermaßen, verbringen teils mehrere Monaten, teils auch Jahre auf der Flucht hier. Aufgrund der Corona-Pandemie verlängert sich für viele der Aufenthalt hier.
Viele der Menschen sind auf der Flucht, weil sie für ihre politischen Aktivitäten in ihren Herkunftsländern verfolgt werden. Alltäglicher Standard in Diktaturen wie der Türkei. Das hält sie jedoch nicht davon ab, sich weiter politisch zu betätigen. Wir sprechen mit fünf Menschen, die sich aktuell im 144. Tag des Hungerstreik befinden. Der Hungerstreik findet in Solidarität mit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen in der Türkei und für die Freiheit Abdullah Öcalans statt. „Serokatîs Freiheit ist unsere Freiheit“, sagt einer von ihnen. Bisher haben sich alle am Hungerstreik beteiligt. Sie wechseln sich ab, immer fünf Menschen streiken fünf bis zehn Tage lang. Der gemeinsame Geist der Bewegung gebe ihnen dabei Kraft.
Das Camp Lavrio befindet sich in der gleichnamigen Gemeinde etwa 60 Kilometer südöstlich von Athen. Bis Juli 2017 leistete die griechische Regierung den Bewohnerinnen und Bewohnern über das Rote Kreuz Unterstützung. Unter dem Druck der Türkei wurde jedoch jegliche Hilfe für das Camp eingestellt und die Räumlichkeiten verlassen. Auch Hilfe von internationalen Organisationen erhalten die Menschen in dem Lager nicht.
Unhaltbare Zustände in den Haftanstalten des türkischen Regimes
Seit dem 27. November 2020 findet in türkischen Haftanstalten ein Hungerstreik statt, der ebenfalls gruppenweise für jeweils fünf Tage geführt wird. Die Aktion wird von PKK- und PAJK-Gefangenen getragen, auch prominente Politikerinnen und Politiker der HDP sowie Gefangene anderer politischer Bewegungen beteiligen sich. Der Protest richtet sich gegen die unhaltbaren Zustände in den Haftanstalten des türkischen Regimes, die inzwischen eine grenzenlose Dimension angenommen haben, sowie gegen die Totalisolation im Inselgefängnis Imrali, wo Abdullah Öcalan und seine drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım inhaftiert sind.
Es gehe darum, auch hier Öffentlichkeit für die andauernde Isolation Öcalans und die Situation in den Haftanstalten zu schaffen. Anfangs habe die lokale Presse auch berichtet, das sei allerdings weniger geworden. Die Bevölkerung wiederum habe sehr viel Sympathie für die politischen Forderungen und die Anliegen der Menschen im Camp. Linke Gruppen haben zudem Demo und Veranstaltungen organisiert, in der kleinen Stadt Lavrio, aber auch in Athen.
Nach mehreren Stunden verlassen wir das Camp wieder. Eine Freiheit, für welche zu kämpfen gilt, dass sie alle in Anspruch nehmen können. Es befinden sich noch weitere Camps in der Gegend. Wir haben quasi das Hauptcamp besucht, in welchem sich aktuell 250 bis 260 Menschen befinden. Ein weiteres, mehrheitlich kurdisches, mit circa 150 Menschen, ist nur wenige Kilometer entfernt.
Die aktuelle Streikgruppe im Camp Lavrio