Die kurdische Politikerin Selma Irmak ist in Abwesenheit in Amed (tr. Diyarbakir) zu über vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Angeklagt war die ehemalige HDP-Abgeordnete, die aufgrund von politischer Verfolgung in Deutschland im Exil lebt, wegen eines TV-Auftritts im Jahr 2015. Selma Irmak hatte sich damals zu brutalen Verbrechen des türkischen Staates geäußert. Unter anderem ging es um die Exekution des Schauspielers und Aktivisten Hacı Lokman Birlik, dessen Leichnam von einem Panzerwagen durch Şirnex geschleift wurde, sowie um die Zurschaustellung der nackten Leiche von Ekin Wan, einer gefallenen Guerillakämpferin, durch Soldaten der türkischen Armee.
Selma Irmaks Verteidiger Raci Bilici machte vor Gericht geltend, dass die Äußerungen seiner Mandantin in den Rahmen der Meinungsfreiheit fallen, und forderte Freispruch. Das Gericht verurteilte die angeklagte Politikerin wegen Herabsetzung der Regierung zu einem Jahr und drei Monaten sowie wegen Beleidigung des Präsidenten zu zwei Jahren und elf Monaten Haftstrafe.
Selma Irmak war in der Türkei viele Jahre im Gefängnis und ist in mehreren Strafverfahren angeklagt, so auch im sogenannten Kobanê-Prozess gegen den ehemaligen HDP-Vorstand. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bewertete die Verhaftung von Irmak und zwölf weiteren ehemaligen HDP-Abgeordneten im Jahr 2016 als politisch motiviert und als Verstoß gegen Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).