Selbsthilfe der alawitischen Gemeinde in Hatay

Die alawitische Gemeinde in Hatay fühlt sich nach dem Erdbeben vom Staat im Stich gelassen. Ali Haydar Kızılkaya verteilt täglich bis zu 2000 Brote an Bedürftige und die von Freiwilligen eingerichteten Suppenküchen.

Die arabischen Alawit:innen in der vom Erdbeben stark zerstörten Stadtgemeinde Defne in Hatay versuchen mit eigenen Mitteln, ihre Gemeinde zusammen zu halten. Die Menschen sagen, dass der Staat ihnen nicht hilft und nur Freiwillige ihnen solidarisch beistehen.

Ali Haydar Kızılkaya lebt im Viertel Yukari Harbiye in Defne und betreibt ein Lokal, das durch das Erdbeben nur leicht beschädigt wurde. Der Alawit verteilt jeden Tag 1500 bis 2000 Brote aus der Küche des Restaurants an die Öffentlichkeit und an die von Freiwilligen eingerichteten Suppenküchen.

Im Gespräch mit ANF sagte Kızılkaya, dass der Staat die Erdbebenopfer allein gelassen habe. Die ersten Tage nach dem Erdbeben beschrieb er so: „Es gab zunächst überhaupt keine Hilfe unseres Staates. In der ersten Woche waren unsere Armee und unsere Polizei nicht vor Ort. Ich war zur Zeit des Erdbebens im Militärdienst. Sie schickten uns am Tag des Erdbebens in Urlaub und ich konnte innerhalb eines Tages von Amasya nach Hatay kommen. Leider konnte der Staat das nicht. Er kam überhaupt nicht. Ich war am nächsten Tag morgens hier. Als ich ankam, waren nur freiwillige Helfer hier. Sie brachten Hilfsgüter, Wasser und Lebensmittel. Wir haben ihnen bei der Verteilung geholfen. Aber leider konnten wir niemanden von staatlicher Seite sehen, wir wurden hier unserem Schicksal überlassen."

Wir stehen immer noch unter Schock“

Kızılkaya sagte, dass der Staat sowohl Hatay als auch die arabisch-alawitische Gemeinde völlig im Stich gelassen habe. Es seien Freiwillige und nicht der Staat gekommen, um die Verschütteten zu bergen und ihnen zu helfen. „Fünf Tage lang haben wir morgens beim Aufwachen und abends beim Schlafengehen unsere Toten vor uns gesehen, aber wir konnten sie nicht herausholen. Wir haben Verluste, alle haben Verluste. Aber wir stehen immer noch unter Schock, wir begreifen immer noch nicht, was wir da durchmachen. Die Ordnung ist zerstört worden, und im Moment können wir unseren Staat leider nicht bei uns sehen. Als arabische Alawiten haben wir zutiefst gespürt, dass man uns allein gelassen hat", so Kızılkaya.

Die Bäckerei seines Restaurants betreibt Kızılkaya jetzt zusammen mit anderen Alawiten, die wie er selbst ebenfalls Erdbebenopfer waren. Er wolle der Gemeinschaft helfen und verteile das Brot kostenlos: „Hilfsbereite Menschen bringen uns Mehl und Lebensmittel. Wir verwenden das Mehl zur Brotherstellung und geben die Hilfe an die Bedürftigen weiter."

Die Alawiten werden nach Hatay zurückkehren“

Zehntausende Menschen haben Hatay nach dem Erdbeben notgedrungen verlassen. Ali Haydar Kızılkaya ist davon überzeugt, dass die Alawit:innen auf jeden Fall zurückkehren werden: „Wohin wir, die Menschen aus Hatay, die Menschen aus Antakya, auch gehen, die Frage, wann wir zurückkommen, geht uns nicht aus dem Kopf. Viele Menschen sind abgereist, aber ich bin mir sicher, dass fast neunzig Prozent von ihnen ungeduldig sind, zurückzukehren. Denn anderswo schaffen wir es nicht. Sobald sich die Ereignisse beruhigt haben, werden die Menschen zurückkehren."