Schweden und Finnland beraten mit der Türkei über NATO-Beitritt

Schweden und Finnland beraten am Donnerstag in Brüssel mit der Türkei über ihren Beitrittswunsch in die NATO. Parallel legt die Regierung in Stockholm ein neues „Terrorgesetz“ vor. Zufall? Wohl eher ein Geschenk an Erdogan.

Schweden und Finnland beraten am Donnerstag in Brüssel mit der Türkei über ihren Beitrittswunsch in die NATO. Ein Durchbruch wird bei dem Treffen hochrangiger Regierungsbeamter allerdings nicht erwartet. Fachleute gehen davon aus, dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Zwist um die NATO-Norderweiterung wahltaktisch ausschlachten wird.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatten Schweden und Finnland im Mai nach langer militärischer Neutralität die Aufnahme in das westliche Verteidigungsbündnis beantragt – von 30 Mitgliedsstaaten haben nur die Türkei und Ungarn die Beitrittsgesuche nicht ratifiziert. Ankara bremst den NATO-Beitritt der beiden skandinavischen Länder bereits seit Monaten aus. Insbesondere mit der schwedischen Regierung ist das Verhältnis angespannt. Zuletzt war die Verbrennung eines Korans durch einen Rechtsextremen in Stockholm zum Anlass für ein Veto genommen worden.

Stoltenberg: „Man kann nicht alles verbieten“

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Erdogan in dieser Frage aber nach eigenen Angaben einen deutlichen Dämpfer verpasst. „Ich habe in der Türkei vermittelt, dass man unterschiedliche Ansichten zu Koranverbrennungen haben kann“, erklärte Stoltenberg am Mittwoch am Rande eines Verteidigungsminister-Treffens dem schwedischen Rundfunk SVT: „Viele Länder haben Gesetze, die diese Art von Aktion verbieten, aber man kann nicht alles verbieten, was einem nicht gefällt.“ Zugleich sei diese Frage nicht Bestandteil der Übereinkunft von Madrid gewesen. Schweden habe bereits „geliefert“.

Stoltenberg sprach mit Blick auf den Streit über Koranverbrennungen auch eine Warnung an die Adresse Ankaras aus. Es sei wichtig, nicht wieder erneut die Verhandlungen zu eröffnen, die man schon vor einem Jahr in Madrid abgeschlossen habe. „Darüber sind wir uns einig“, betonte er. Bei den Beratungen zum NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands werde es laut Stoltenberg darum gehen, der Türkei zu vermitteln, dass beide Länder die Anforderungen des 2022 getroffenen Memorandums erfüllt haben.

Tatsächliche Ursache der Blockade: Antikurdische Mentalität

Die Streitpunkte um die Blockadehaltung in Ankara haben ihre tatsächliche Ursache ohnehin in der antikurdischen Mentalität des türkischen Staates. Erdogan, der im Mai wiedergewählt werden will, wirft Schweden einen zu entspannten Umgang mit kurdischen Gruppen vor und verlangt die Auslieferung von mehr als hundert Personen, die in der Türkei als „terroristisch“ gelten. Um die Bedenken Erdogans bezüglich der NATO-Beitritte auszuräumen, will die Regierung in Stockholm parallel zu den Verhandlungen in Brüssel ein neues „Terrorgesetz“ vorlegen. Zufall? Wohl eher ein Geschenk an Erdogan für einen NATO-Betritt.