Homophober Mob zieht durch Istanbul

Tausende Anhänger:innen von konservativen und rechtsextremen Gemeinden, Gruppen und Orden versammelten sich zu einem homo- und transphoben Marsch in Istanbul. Zuvor war der LGBTI+Pride-March in Istanbul verboten worden.

Der vom AKP/MHP-Regime angestachelte homo- und transphobe Hass wurde am Sonntag in Istanbul auf die Straße getragen. Dem gemeinsamen Aufruf der faschistischen Grauen Wölfe, von „Hilfsorganisationen“ und Organisationen direkt unter der Leitung von Familienmitgliedern Erdoğans folgten Tausende Menschen aus der Basis des Regimes. Wie eng Homo- und Transphobie mit Frauenhass zusammenhängen, zeigten die Demonstrant:innen, indem sie auch gegen das Gesetz zum Schutz von Frauen vor Gewalt als „Angriff auf die Familie“ protestierten. Wie in vielen anderen Ländern versuchten sich die Hetzer als Verfolgte einer „LGBTI+-Politik“ darzustellen. So erklärte die stellvertretende Vorsitzende der rechtsextremen Vatan Partisi, Meltem Ayvali: „Wir werden den LGBTI+-Zwang von unserem Boden vertreiben. Mit der Istanbul-Konvention haben sie die Frauen benutzt und ihnen LGBT aufgezwungen.“ Diese Hetze gegen die Istanbul-Konvention entspricht der Haltung des Regimes. Staatschef Erdoğan war per Dekret aus der Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt ausgetreten.

Regimenahe Stiftungen und faschistische Vereine riefen gemeinsam auf

Für die Organisation der Hass-Demonstration hatte unter anderem Yesevi Aleperenler Ocağı unter Parolen wie „Stoppt die Perversion“ mobilisiert, zentrale Funktion bei Mobilisierung unternahmen die Organisationen Hüdayi Vakfı, İsmailAğa, Hakyol, Hayrat, IDDEF, SiyerVakfı, YediHilal, TÜGVA, Ülkü Ocakları, Yesevi Alperenler, Osmanlı Ocakları, IHH, İstanbul Aile Vakfı und HayDer.

Unter den Anmeldern befinden sich auffällig viele dem Regime nahestehende „Hilfsorganisationen“ wie Hüdayi Vakfi, IDDEF oder die IHH. Sie alle verfolgen eine islamistische Agenda. Die IHH gehört zur islamistischen Milli-Görüş-Bewegung, die unter anderen in Bundesländern wie Berlin an Schulen den Islamkunde-Unterricht stellt.

TÜGVA hängt sogar direkt mit Erdoğans-Familie zusammen. Im Aufsichtsrat der Einrichtung, die hauptsächlich aus Spenden finanziert wird, sitzen neben dem Präsidentensohn Bilal Erdoğan auch einige Abgeordnete der Regierungspartei AKP. Mehrere Enthüllungen über die Stiftung machten zuletzt 2021 deutlich, dass sie vor allem dem Zweck dient, regimeloyale Kader zu produzieren und diese in der Bürokratie des türkischen Staates zu platzieren.

Homophober Hass und antisemitische Verschwörungstheorien

Während der Gouverneur den Pride-March in Istanbul verboten hatte, unterstützte das Regime die rechtsextreme Demonstration auf verschiedene Weise. So wurde auf der Website des Obersten Rundfunk- und Fernsehrats (RTÜK) ein Werbespot für den Marsch veröffentlicht. Dieser Werbespot triefte vor Diskriminierung und Hass. So war darin von einem „Virus der LGBT-Propaganda“ die Rede, der die Welt erfasst habe. Der Antisemitismus des Videos war nur hinter Floskeln verborgen, indem von „globalen, imperialistischen Lobbys“, welche die Familie zerstören wollten, die Rede war.