Zum Jahrestag der Verschleppung von Abdullah Öcalan am 15. Februar 1999 auf die Gefängnisinsel Imrali ruft das Kurdische Frauenbüro für Frieden – Cenî dazu auf, aktiv zu werden und nicht länger zuzusehen, „wie Abdullah Öcalan und weitere politische Gefangene menschenrechtswidrig in den türkischen Gefängnissen festgehalten werden. Jede einzelne Stimme und helfende Hand zählt und kann dazu beitragen, dass nicht nur die Zukunft Kurdistans gerettet wird, sondern die der ganzen Welt“.
In der Erklärung geht Cenî zunächst auf das Erbeben in Kurdistan, der Türkei und Syrien ein und gedenkt den Opfern und Betroffenen. Wichtig sei es jetzt, „keine weitere Sekunde schweigend zu verschwenden, sondern aktiv zu helfen, aufzuklären und zu vermitteln, dass die Auswirkungen dieses Erdbebens vorhersehbar waren und die türkische Regierung bewusst keine Vorkehrungen getroffen hat“.
Weiter heißt es dort:
Anlässlich der aktuellen Lage möchten wir den Opfern und den Betroffenen des schweren Erdbebens in Kurdistan gedenken und ebenso darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, keine weitere Sekunde schweigend zu verschwenden, sondern aktiv zu helfen, aufzuklären und zu vermitteln, dass die Auswirkungen dieses Erdbebens vorhersehbar waren und die türkische Regierung bewusst keine Vorkehrungen getroffen hat. Ebenso bewusst leistet die Regierung auch im Nachhinein keine Hilfe und schränkt andere Hilfeleistende ein, sodass Tausende von Menschen unter solchen Umständen auf sich allein gestellt und zum Tode verurteilt sind.
Roja Reş – ,,Schwarzer Tag‘‘
Heute, am 15. Februar, wird im kollektiven Gedächtnis des kurdischen Volkes eine tief verankerte Trauer ausgelöst, denn nicht umsonst ging dieser Tag als Roja Reş – ,,Schwarzer Tag‘‘ in die Geschichte der kurdischen Freiheitsbewegung ein. Doch was geschah an diesem Tag vor 24 Jahren? Um dies zu erklären, ist vorweg zu erwähnen, dass sich dieser Tag in direkter Weise auf den wichtigsten politisch-philosophischen Repräsentanten des kurdischen Volkes, Abdullah Öcalan, bezieht.
Rolle Abdullah Öcalans im Freiheitskampf der Kurd:innen
Abdullah Öcalan rückte in der Türkei und in Kurdistan bereits während seiner Zeit als Student in den Mittelpunkt des politischen Geschehens und gilt insbesondere seit der Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 1978 als Freiheitssymbol für das kurdische Volk und viele nach Freiheit strebende Menschen. Die Bindung und Treue des kurdischen Volkes gegenüber Öcalan ist sehr tief verankert, denn er ist die erste Kraft gewesen, die sowohl auf ideologischer als auch auf militanter Ebene eine stabile Einheit geschaffen hat. Diese Realität erweckte ein neues Bewusstsein bei den Kurdinnen und Kurden und sorgte dafür, dass kapitalistische und konservative Strukturen durchbrochen werden konnten. Dies war der erste Schritt, um eine Grundlage für ein demokratisch-ökologische Gesellschaftssystem zu schaffen, welches vor allem die Frauenbefreiung in den Fokus zieht. Denn wie viele nicht wissen oder eher ignorieren, stammt der Satz und die damit verbundene Ideologie ,,Jin Jiyan Azadî‘‘ (Frau, Leben, Freiheit) von Abdullah Öcalan.
Er ist die Person hinter den Werten und Gedankensätzen dieser drei bewegenden Worte, denn er sah es als seine wichtigste Aufgabe, Frauen zu mobilisieren und sie über ihren eigenen Wert aufzuklären. Somit entstand eine riesige Frauenbewegung, der wir heute den stolzen Kampf der Frauen in Rojava, aber auch im Iran zu verdanken haben. Nicht nur innerhalb der kurdischen Freiheitsbewegung ist „Jin Jiyan Azadî“ allgegenwärtig, sondern auch in vielen anderen Revolutionsbewegungen. Hier begegnen wir jedoch wie so häufig einer internationalen Doppelmoral, die sich so äußert, dass sich einerseits an den Vorzügen der Ideologien Abdullah Öcalans bedient wird und andererseits seine eigentliche Identität durch eine vollkommen falsche vom türkischen Staat aufgezwungene Identität verdeckt wird.
Für die Freiheit von Abdullah Öcalan
Der türkische Staat ist sich der Fähigkeiten und der Rolle Abdullah Öcalans für das kurdische Volk seit Beginn der kurdischen Freiheitsbewegung bewusst und fürchtete seinen Einfluss auf den politischen Verlauf. Aus diesem Grund und aus großer Verzweiflung machte sich der türkische Staat zum Ziel, Abdullah Öcalan von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Dies ist der Punkt, welcher die Antwort auf unsere Ausgangsfrage, was am 15. Februar 1999 geschah, einleitet. Denn am 15. Februar 1999 wurde Abdullah Öcalan durch einen internationalen Komplott letztlich über die griechische Botschaft in Nairobi völkerrechtswidrig an den türkischen Staat übergeben. Hierbei verdeutlicht vor allem die Organisation auf internationaler Ebene, dass Abdullah Öcalan nicht nur eine Bedrohung für den türkischen Staat darstellt, sondern für das gesamte kapitalistische und patriarchale System. Seither befindet sich Abdullah Öcalan unter unzumutbaren Umständen auf der Insel Imrali in Isolationshaft.
Seine Gefangenschaft löste bei den Kurd:innen auf der ganzen Welt eine unglaubliche Trauer und Wut sowie riesige Protestaktionen aus. Seit diesem Tag setzt sich das kurdische Volk für die Befreiung Abdullah Öcalans ein. Auch wenn der Staat ihn und viele weitere wertvolle Wegbegleiter:innen des kurdischen Widerstandes gefangen hält, beweist die Bewegung, dass zwar an Hände Handschellen gelegt werden können, doch nicht an den Geist!
Somit rufen wir alle Kurd:innen und all diejenigen mit einem politischen Bewusstsein dazu auf, ihre Stimmen zu erheben und nicht mehr länger tatenlos dabei zuzusehen, wie Abdullah Öcalan und weitere politische Gefangene menschenrechtswidrig in den türkischen Gefängnissen festgehalten werden. Jede einzelne Stimme und helfende Hand zählt und kann dazu beitragen, dass nicht nur die Zukunft Kurdistans gerettet wird, sondern die der ganzen Welt.