RiseUp4Rojava: Mit Dimitris Koufontinas vereint im Widerstand

Die Kampagne RiseUp4Rojava ruft dazu auf, für den in Griechenland inhaftierten politischen Gefangenen Dimitris Koufontinas in Aktion zu treten. Der Revolutionär ist im Hunger- und Durststreik, Ärzte geben ihm nur noch geringe Überlebenschancen.

Die Kampagne RiseUp4Rojava ruft die revolutionäre Öffentlichkeit dazu auf, für den in Griechenland inhaftierten politischen Gefangenen Dimitris Koufontinas in Aktion zu treten. Koufontinas ist seit 2002 im Gefängnis und verbüßt eine Haftstrafe von elf Mal lebenslänglich zuzüglich 25 Jahre, nachdem er als Mitglied der Stadtguerilla „Revolutionäre Organisation 17. November” (17N) verurteilt wurde. Am 8. Januar 2021 trat Dimitris Koufontinas in einen Hungerstreik, um seine Rückverlegung in das Gefängnis zu erreichen, in dem er letztes Jahr noch einsaß. Seit dem 22. Februar verweigert er auch die Aufnahme von Flüssigkeit, was laut Ärzten schon bald zu seinem Tod führen wird. Sein gesundheitlicher Zustand ist äußerst kritisch.

„Damals im Jahr 1981, vor genau 40 Jahren, im Herzen dessen, was vom ehemaligen Britischen Weltreich übriggeblieben war, führte eine strenge Herrscherin namens Margaret Thatcher die Ideologie des Neoliberalismus auf dem europäischen Kontinent ein. Diese Ideologie sollte die neue Theologie des Spätkapitalismus werden und sich über den ganzen Planeten ausbreiten, aber zuerst würde sie ihre Unbarmherzigkeit jedem klar machen, der versuchen könnte, sie herauszufordern. Die toten Körper von zehn irischen Gefangenen im Hungerstreik, unter ihnen der berühmte Bobby Sands, waren das Schaufenster eines Systems, das seine eigenen Gesetze ohne Mühe ignoriert.

Solidaritätsmarsch für Dimitris Koufontinas in Athen

Griechenland

Heute erleben wir wieder die gleiche Geschichte, in der eine neoliberale Regierung einem Gefangenen, der sich in der Vergangenheit gegen dieses Unrechtssystem gewehrt hat, seine Rechte verweigert. Dimitris Koufontinas, ein inzwischen alter Mann, Mitglied der Stadtguerillagruppe 17. November und seit 2002 inhaftiert, steht nach einem 53-tägigen Hunger- und achttägigen Durststreik kurz vor dem Tod. Es sieht so aus, als würde er in den nächsten 24 Stunden sterben. Seine einzige Forderung ist die Verlegung in die für ihn gebaute Gefängniszelle, in der er 19 Jahre seiner Haftstrafe verbracht hat.

Türkei

Nicht weit von Griechenland entfernt, in den Gefängnissen des türkischen Staates und des faschistischen AKP/MHP-Regimes von Diktator Erdogan, befinden sich seit November 2020 hunderte politische Gefangene, Mitglieder der PKK und PAJK, im Hungerstreik. Ihr Ziel ist es, die Isolation von Abdullah Öcalan zu beenden und ihre eigenen Überlebensbedingungen in diesen Höllenlöchern zu verbessern.

Inmitten einer Pandemie, die universell alle im letzten Jahrhundert mit Schmerz und Blut erkämpften Menschenrechte in Frage stellt, stehen wir vor einem gewaltigen Kampf. Unsere Herausforderung besteht nicht zuletzt darin, nicht zu verzweifeln und den Kampf unter den Bedingungen eines futuristischen Totalitarismus, geprägt von Zensur, Gewalt, Kriegsführung, Armut und Wahnsinn aufzunehmen.

Der Tod von Dimitris Koufontinas wäre ein großer Verlust für den revolutionären Widerstand. Aber es ist der Wille und die Entschlossenheit von Dimitris Koufontinas, die er in sich trägt und die viele andere Genossinnen und Genossen in der Vergangenheit in sich trugen, die für uns eine Quelle der Kraft und der Stärke sind und die uns dazu bringen, darauf zu beharren, Mensch zu sein und Widerstand zu leisten. Sein ganzes Leben lang ist Dimitris seinem antiimperialistischen Paradigma und seinem Kampf für eine freie, befreite Gesellschaft treu geblieben, auch heute. Sein Widerstand verkörpert den gleichen revolutionären Geist wie der Massenhungerstreik der Freiheitsbewegung Kurdistans im Jahr 2019, und beide sind helle Lichter im Fluss des demokratischen Kampfes, der immer gegen die Angriffe der staatlichen Zivilisation und der kapitalistischen Moderne gekämpft hat. Wir ehren Dimitris für sein klarsichtiges und lebenslanges revolutionäres Engagement und seine Disziplin. Wie die Gefallenen der kurdischen Freiheitsbewegung weiß er, dass Widerstand Leben ist, und er liebt das Leben so sehr, dass er bereit ist, dafür zu sterben.

Wir rufen alle auf, einen entscheidenden Schritt zu tun, denn es ist nie zu spät!“

Dimitris Koufontinas und der 17N

Die Revolutionäre Organisation 17. November war in Griechenland von 1975 bis 2002 aktiv. Ziele ihrer Anschläge waren Militär, Konzerne und Repräsentanten aus den USA, dem Vereinigten Königreich, der Türkei und Deutschland sowie griechische Kapitalisten. Dabei bemühte sich die Gruppe, keine Unbeteiligten zu gefährden, und erhielt viel Zuspruch der griechischen Bevölkerung. Die Sympathie hing unmittelbar mit der Verwicklung der USA in den Coup d'État der Obristen vom 21. April 1967 zusammen. Die Obristendiktatur von 1967-1974 verstärkte den in der griechischen Gesellschaft herrschenden Antiamerikanismus, der auch mit der US-amerikanischen Rolle im Bürgerkrieg (1946-1949) und der anschließenden Kommunistenverfolgung zusammenhängt.

Dimitris Koufontinas wurde 1958 im Tabakdorf Terpni bei Nigrita in Nordgriechenland geboren. 1972 zog seine Familie nach Athen und aus den Bauern wurden Industriearbeiter. Koufontinas besuchte das Gymnasium in Exarchia und studierte anschließend Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Athen. Sein politisches Bewusstsein erwachte im Aufstand am 17. November 1973, politisch aktiv wurde er in den Klassenkämpfen des Metapolitefsi, der Transformationsperiode nach dem Sturz der griechischen Obristendiktatur. 1977 bekam er Kontakt zu illegalen Organisationsstrukturen und ging 1985 als Mitglied der 17N in den Untergrund.

Nach einem missglückten Anschlag der Gruppe, deren Name sich auf das Datum des Volksaufstandes gegen die griechische Militärdiktatur 1973 bezieht, wurden 2002 zahlreiche Mitglieder verhaftet. Um sie zu schützen, tauchte Dimitris Koufontinas bewusst aus der Illegalität auf, stellte sich freiwillig der Polizei und übernahm die politische Verantwortung für die Handlungen seiner Organisation 17N. Er verteidigte sich nicht und machte nie Aussagen zu weiteren Beschuldigten. Diese Haltung brachte ihm auch weit über die linken und revolutionären Kreise Griechenlands hinaus große Anerkennung.

Im folgenden Prozess wurde Koufontinas wurde für die Morde an Ronald Steward, Stephen Saunders und William Nordeen verurteilt. Ein Grund, weshalb die US-Botschaft in Athen regelmäßig gegen Hafterleichterung protestierte, wann immer diese Koufontinas gewährt wurden. 2018 ermöglichte die linke Syzria-Regierung Koufontinas die Überstellung aus einem extra für „Terroristen“ ausgebauten Gefängnis in Athen in ein sogenanntes ländliches Gefängnis, in dem weitaus bessere Haftbedingungen herrschen. Doch der jetzige griechische Premierminister und Vorsitzende der konservativen Partei Nea Dimokratia, Kyriakos Mitsotakis, hatte vor den Wahlen 2019 versprochen, diese Lockerungen speziell für Koufontinas zurückzunehmen. Er hielt Wort: Das entsprechende Gesetz, das vorsieht, dass wegen „terroristischer“ Straftaten verurteile Gefangene keine Hafterleichterungen genießen dürfen und ausdrücklich nicht in ländlichen Gefängnissen untergebracht werden, wurde im Dezember 2020 erlassen, umgehend wurde Koufontinas wieder in ein Hochsicherheitsgefängnis überstellt. Denn Mitsotakis war der Schwiegervater von Pavlos Bakoyannis, dem Vater des amtierenden Athener Bürgermeisters, für dessen Tod Koufontinas ebenfalls verantwortlich gemacht wird. Bakoyannis, damals Parlamentarier der Nea Dimokratia, wurde am 26. September 1989 vor seinem Bürogebäude in Athen erschossen. Seine Ehefrau Dora Bakoyannis ist die Schwester des amtierenden Premierministers von Griechenland, wurde nach der Tat Bürgermeisterin, später auch Außenministerin und ist auch heute noch Parlamentarierin.

Nach seiner erneuten Verlegung in das Hochsicherheitsgefängnis wehrte sich Dimitris Koufontinas erfolglos gegen diese Maßnahme. Ob Proteste, Eingaben oder Anträge – alle Initiativen des Revolutionärs blieben von der griechischen Justiz unbeantwortet. Daraufhin begann Koufontinas seinen Hungerstreik. In seinem Buch „Geboren am 17. November“, erschienen bei bahoe books, erzählt er die Geschichte der griechischen Stadtguerilla. In Haft hat er zudem mehrere Bücher ins Griechische übersetzt, etwa „Wie Efeu an der Mauer” von Eleuterio Fernandez Huidobro und Mauricio Rosencof über ihre Zeit als Geiseln der uruguayischen Militärdiktatur.