Die Istanbuler Kanzlei Asrin will an diesem Dienstag ihren Jahresbericht zur Lage im Sondergefängnis Imrali vorstellen. Wie das Rechtsbüro ankündigt, enthält der Bericht neben einer Beurteilung der allgemeinen Situation in der Vollzugsanstalt im Marmarameer eine detaillierte Übersicht über die schwerwiegenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen an den Mandanten Abdullah Öcalan, Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım.
Nach Angaben der Kanzlei Asrin, die Öcalan seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung in die Türkei vertritt, wird der Bericht am Mittag im Rahmen einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten der Vereinigung freiheitlicher Juristinnen und Juristen vorgestellt. Erläutert werden dabei auch die im vergangenen Jahr auf juristischer und zivilrechtlicher Ebene ergriffenen Initiativen des Büros zur Durchsetzung der Rechte der Imrali-Gefangenen.
Seit inzwischen 23 Jahren befindet sich Abdullah Öcalan in fast absoluter Isolation auf Imrali. Die Insel gilt als rechtsfreier Raum und steht für ein System, mit dem ein Bestrafungsregime jenseits der Grenzen des geltenden Rechts umgesetzt wird. Der letzte Kontakt zu dem kurdischen Vordenker war ein kurzes Telefongespräch mit seinem Bruder Mehmet Öcalan im vergangenen März. Seitdem hat sein Rechtsbeistand mehr als 150 Besuchsanträge bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt sowie mehrere Dringlichkeitsanträge beim Justizministerium, der Generaldirektion für Strafvollzug und Haft und der Abteilung für Menschenrechte für eine „sofortige Besuchserlaubnis“ eingereicht, von denen keiner beantwortet worden ist. Seit dem 7. August 2019 hat es keine Anwaltsbesuche und seit dem 3. März 2020 keine Familienbesuche mehr auf Imrali gegeben. Gleichermaßen betroffen von der Isolation auf der Insel sind auch Öcalans drei Mitgefangene, die 2015 im Zuge des Dialogs zwischen dem kurdischen Vordenker und dem türkischen Staat in das Inselgefängnis verlegt wurden.
Nur zwei Telefonate mit Angehörigen
Bei dem Telefonat mit seinem Bruder vor knapp einem Jahr hatte Öcalan gegen die juristische Willkür protestiert und einen Besuch seines Rechtsbeistands gefordert. Das Gespräch war auf öffentlichen Druck erfolgt und wurde aus unbekannten Gründen nach wenigen Minuten unterbrochen. In der Türkei haben Gefangene das Recht auf regelmäßigen Telefonkontakt mit ihren Angehörigen. Öcalan konnte dieses Recht in den 23 Jahren seiner Gefangenschaft bisher nur zwei Mal wahrnehmen.