„Rassistische Angriffe auf Kurden sind Staatspolitik“

Vezir Coşkun Parlak, Ko-Vorsitzender des HDP-Verbands der Provinz Ankara, spricht von einem Klima der Marginalisierung und Bedrohung des kurdischen Volks durch das AKP/MHP-Regime.

In den vergangenen Wochen kam es zu immer mehr rassistischen Übergriffen auf Kurd:innen. Der rassistische Mord an einer siebenköpfigen kurdischen Familie am 30. Juli in Konya zeigt die Bedrohung der Kurd:innen insbesondere in türkischen Metropolen. Der Ko-Vorsitzende des HDP-Verbands der Provinz Ankara, Vezir Coşkun Parlak, betont im ANF-Gespräch, diese rassistischen Angriffe auf Kurd:innen seien keine Einzelfälle, sondern Ausdruck der Staatspolitik. Parlak sieht in den aktuellen Angriffen eine Kontinuität von hundert Jahren Assimilation, Vernichtung und Genozid. Er sagt, die kurdische Bevölkerung stehe im Visier der psychologischen Kriegsführung. Die unter dem Vorwand des „Terrors“ vertriebene Dorfbevölkerung solle in den Metropolen assimiliert werden. Wenn sie das nicht täten, dann drohe ihnen der Kerker oder gar der Tod.

Parlak fährt fort: „Das kurdische Volk möchte mit seiner eigenen Identität und Kultur leben, wohin es auch geht. Aber wenn Kurden den Wunsch als solche zu leben ausdrücken, stoßen sie auf eine Welle von Angriffen. Vor allem die Politik der Regierung ist die Ursache dafür. Sie marginalisiert das kurdische Volk systematisch und erklärt es zu Terroristen. So wird es zum Ziel von Angriffen gemacht.“


Sie wollen keine Demokratisierung“

Parlak fährt mit Verweis auf die verschiedenen türkischen Regierungen fort: „Sie haben den Nationalismus, den sie in Zentralanatolien geschaffen haben, bereits aufgezehrt. Die Namen der Menschen, die im schmutzigen Krieg ihr Leben verloren haben, werden an Brücken und Schulen in der Schwarzmeerregion vergeben, und sie versuchen ständig, den Nationalismus am Leben zu erhalten. Dass sich verschiedene Identitäten und Glaubensrichtungen in der HDP organisiert haben, stört sie. Sie konnten das Wahlergebnis vom 7. Juni (2015) nicht verkraften. Sie wollen keine Demokratisierung des Landes. Deshalb wollen sie gegen das kurdische Volk Krieg führen und deshalb führen und fördern sie solche Angriffe. Auf diese Weise wollen sie ihre Existenz verlängern.“

Parlak warnt, die Regierung verwende in den Medien permanent „eine Sprache des Hasses“. Solange diese Situation andauere und die schwersten Menschenrechtsverletzungen ignoriert werden, weil es keine Gerechtigkeit gibt, werde es weitere Angriffe wie in Konya, Afyon und Çorum geben.

Rassistische Angriffe zeigen sich auch in Gefängnissen

Während draußen die rassistischen Angriffe zunehmen, verschlechtern sich auch die Bedingungen in den Gefängnissen, sagt Parlak und führt aus: „Gerade gegenüber kurdischen politischen Gefangenen gibt es eine inakzeptable Haltung der Verwaltung und Willkürpraktiken. Tatsächlich fördert auch die verschärfte Isolation auf Imrali die Angriffe auf das kurdische Volk.“

Organisierung ist das Gegenmittel“

Parlak schließt mit den Worten: „Wo es keine Organisierung gibt, wird es Angriffe geben. Wir müssen in der Lage sein, dem Rassismus entgegenzutreten. Unsere Leute müssen überall zusammenarbeiten, und es ist wichtig, dass wir den Dialog dort führen, wo unsere HDP-Kreis- und Provinzorganisationen angesiedelt sind. Wir brauchen einander.“