Politische Arbeit in Jugendzentren in Pinneberg verboten

Seit dem letzten Jahr werden dem Antifa-Café im Jugendzentrum im norddeutschen Pinneberg immer neue Steine in den Weg gelegt. Jetzt wurde auf Antrag der CDU ihr nicht genehme politische Arbeit in städtischen Jugendeinrichtungen untersagt.

In öffentlichen städtischen Jugendeinrichtungen im Kreis Pinneberg sollen zukünftig nur noch der CDU-nahen Bürgermeisterin Urte Steinberg genehme politische Veranstaltungen stattfinden können. Das entschied gestern der Ausschuss für Kultur, Sport und Jugend auf seiner Sitzung im norddeutschen  Pinneberg. Mit den fünf Stimmen der CDU, jeweils einer von FDP und Bürgernahen gegen die drei Stimmen von SPD und drei der Grünen wurde der Antrag der CDU angenommen, nach dem nicht wie bisher parteipolitische, sondern politische Arbeit in den städtischen Jugendzentrum untersagt wird. Ausnahmen sind vorgesehen, die aber müssen von der Bürgermeisterin persönlich erteilt werden. „Außer dem Kinder- und Jugendbeirat dürfen damit nun ausschließlich solche politischen Gruppen dort tagen, die der konservativen Bürgermeisterin ausreichend sympathisch sind: selektive politische Jugendarbeit von Gnaden der CDU”, erklärt dazu das Antifa-Café, das die Räumlichkeiten im „Geschwister-Scholl-Haus“, dem Jugendzentrum in der Stadt, als Treffpunkt und für politische Bildung nutzt. Die Mitglieder des Antifa-Cafés organisierten unter anderem Veranstaltungen mit Seenotretter*innen der IUVENTA – Jugend rettet, dem Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (Zebra e.V.), Expert*innen für antifaschistische Jugendarbeit, dem Überlebenden eines rassistischen Angriffs und Aktivisten für Betroffene İbrahim Arslan und Gürsel Yıldırım von der Ramazan-Avci-Initiative und zuletzt der Holocaust-Zeitzeugin Marianne Wilke. Das wiederum ist der Bürgermeisterin Steinberg wohl ein Dorn im Auge. Im November letzten Jahr ließ sie über ihre Mitarbeiter*innen mitteilen, dass das Antifa-Café nicht mehr Antifa-Café heißen dürfe. Da sich die Organisator*innen des Antifa-Cafés nicht darauf einließen, wurde gegen sie ein Hausverbot ausgesprochen, dem sich die Organisator*innen der antifaschistischen und antirassistischen Initiative nicht beugten.

Fadenscheinige Begründung zum Verbot

Und so wundert es nicht, dass für das jetzt beschlossene Verbot der politischen Arbeit in städtischen Jugendeinrichtungen eine fadenscheinige Erklärung herhalten muss, eben dass so auch faschistisches Gedankengut wie das der Jungen Alternative aus den Jugendhäusern ferngehalten wird. Dem aber kontert das Antifa Café folgerichtig: „Hätten sich die Abgeordneten der drei Parteien einmal ernsthaft mit der Thematik auseinandergesetzt, wäre ihnen aufgefallen, dass der Jungen Alternative allein schon wegen ihrer Parteizugehörigkeit keine Räume in den Jugendhäusern zur Verfügung gestellt werden dürfen. Hätten sie des Weiteren mit den Pädagog*innen der Jugendhäuser gesprochen, hätten diese sie darüber aufklären können, dass nur solche Jugendgruppen, die mit ihrem Wertekanon vereinbar sind, Räume in den Jugendhäusern nutzen dürfen. Da sich die Jugendhäuser Pinnebergs geschlossen gegen Rassismus, Sexismus und Antisemitismus aussprechen, wäre eine Beteiligung von Faschist*innen in den Pinneberger Jugendhäusern ohnehin absolut ausgeschlossen gewesen.” Und weiter: „Dieses Verbot der politischen Arbeit in Jugendhäusern mit dermaßen scheinheiligen Argumenten entlarvt nur allzu deutlich, wie sich CDU, FDP und Bürgernahe geschlossen jeder Art von antifaschistischer Arbeit entgegensetzen und wie wenig Interesse diese Parteien wirklich am Kampf gegen den erstarkenden Rechtsextremismus haben. Besonders dreist ist es, dass die CDU gerade in Zeiten des gesellschaftlichen und politischen Rechtsrucks uns Organisator*innen des Antifa-Cafés Pinneberg und unsere in ihren Augen unerwünschte politische Arbeit ... zum Anlass nimmt, sämtliche politische Arbeit aus Jugendzentren zu verbannen."

Mit dem jetzt beschlossenem Verbot der politischen Arbeit ist nicht mehr nur die erfolgreiche Arbeit des Antifa-Cafés betroffen, auch Initiativen wie Fridays for Future Kreis Pinneberg und viele weitere politische Jugendgruppen werden in ihre Arbeit behindert. „Jungen Menschen, die sich engagieren und weiterbilden möchten, wird damit der Raum zur Eigeninitiative und Mitbestimmung genommen”, so das Antifa Café in ihrer Pressemitteilung in der es weiter heißt: „Wir sind entsetzt und völlig fassungslos, dass eine solche Vorgehensweise möglich ist und dass die CDU sich tatsächlich erdreistet, einen derart antidemokratischen Antrag zu stellen und damit durchzukommen. Wieder einmal zeigt sich, wie wenig Bedeutung die CDU, FDP und Bürgernahen der Förderung jugendlichen Engagements beimessen: Einerseits wird sich über zu wenige politisch interessierte junge Menschen beklagt und die Jugendförderung sich groß auf die Fahne geschrieben, andererseits wird sämtliche junge Eigeninitiative kritisiert, unterbunden, blockiert und schließlich verboten. Aber die größtenteils aus weißen Männern über 60 bestehenden Fraktionen haben klare Prioritäten, zu denen die politische Bildung von jungen Menschen, die kritische Fragen stellen, nicht gehört. Doch die hiermit bewusst herbeigeführte Entpolitisierung der Jugendarbeit ist ein zutiefst undemokratisches Vorgehen: Wie sollen Kinder und Jugendliche zu mündigen und politisch interessierten und aktiven Menschen erzogen werden, wenn Politik in Jugendzentren nicht mehr erlaubt ist?”

Demonstration am Donnerstag

Wie die Mitglieder des Antifa-Cafés erklären, werden sie die Entwicklung nicht akzeptieren und weiter für ihre Räume eintreten: „Wir werden diese Entwicklung nicht akzeptieren und weiter dafür kämpfen, dass wir die Räume nutzen dürfen, die für uns vorgesehen sind! Am Donnerstag, dem 12. März 2020 um 17 Uhr vor der Drostei in Pinneberg wird eine von Fridays for Future Kreis Pinneberg organisierte Demonstration stattfinden, während der symbolisch die Demokratie beerdigt wird. Wir rufen zur Teilnahme auf und schließen uns der Empörung der Klimaaktivist*innen mit Nachdruck an.”