Odyssee der „Alan Kurdi“ endet nach 36 Tagen auf See

Die bisher aufwendigste Mission des Seenotrettungsschiffs „Alan Kurdi“ ist in Palermo zu Ende gegangen. Auch das Quarantäneschiff mit 183 schiffbrüchigen Schutzsuchenden konnte anlegen. Die Verteilung der geretteten Menschen ist weiter unklar.

Die Odyssee der ALAN KURDI endete am Montagmorgen im Hafen von Palermo. Für die Crew wurde zuvor eine 14-tägige Quarantäne angeordnet, die in der Bucht von Palermo absolviert werden musste. Insgesamt verbrachten die 17 Crewmitglieder nun 36 Tage auf See.

Crew wird auf Covid-19 getestet

Bei der Ankunft im Hafen von Palermo wurde die Crew einem Covid-19-Test unterzogen. Die Mannschaft darf das Schiff weiterhin nicht verlassen, bis die Testergebnisse vorliegen. Anschließend wird die Crew das Schiff komplett reinigen. Ein italienisches Unternehmen wird die ALAN KURDI auf behördliche Anweisung desinfizieren. Das Sea-Eye-Crewmanagement wird die Crewmitglieder dann bei der Heimkehr in die jeweiligen Heimatländer Deutschland, Frankreich, Spanien und Österreich individuell unterstützen.

Bisher aufwendigste Mission der Regensburger Seenotretter

Insgesamt dauerte der Einsatz acht Wochen. Es handelt sich um den aufwendigsten Einsatz, den die Regensburger Seenotretter*innen bisher durchführten. „Noch nie hatte die ALAN KURDI so lange, so viele Menschen an Bord. Keine Crew musste mehr Menschen versorgen und nie mussten wir so viele Ressourcen für eine Mission einsetzen. Das sind traurige Rekorde", sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Unterstützung erhielt Sea-Eye vom Bündnis United 4 Rescue (gegründet durch die Evangelische Kirche in Deutschland), das für die hohen Blockadekosten aufgekommen ist. Auch der von Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf initiierte Stiftungsfonds „Zivile Seenotrettung“ wird Sea-Eye dabei helfen, den nächsten Einsatz der ALAN KURDI sicherzustellen. „Die Solidarität mit unserer Crew und den geretteten Menschen war unglaublich. Dafür sind wir dankbar. Nur so können zivile Akteure die anspruchsvolle Aufgabe Seenotrettung bewältigen", fügt Isler hinzu.

Quarantäneschiff RAFFAELE RUBATTINO legt in Palermo an

Anlegen durften am Montagmorgen auch das spanische Rettungsschiff AITA MARI und die italienisches Fähre RAFFAELE RUBATTINO, auf der die geretteten Menschen beider Schiffe vom Italienischen Roten Kreuz versorgt worden sind.

Verteilung der geretteten Menschen weiter unklar

Wie es für die geretteten Menschen der ALAN KURDI weitergeht, ist noch immer nicht geklärt. Bundesinnenminister Seehofer teilte am Sonntag mit, dass sich bisher nur Deutschland zur Aufnahme bereit erklärt habe.

„Schwer vorstellbar, dass europäische Innenminister über 150 Einzelschicksale diskutieren und verhandeln müssen. Erst forderte uns das BMI auf, die Rettungen einzustellen, jetzt muss für 150 Menschen erst wieder auf europäischer Ebene verhandelt werden. In Deutschland gibt es 150 aufnahmebereite Städte, die ihre Hilfe anbieten. Die einfache Frage der Verteilung von Geretteten wird erneut unnötig politisch hochgeschaukelt", sagt Julian Pahlke, Sprecher von Sea-Eye e. V.

Jelpke: Solidarische Verteilung von Schutzsuchenden organisieren

Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, erklärt zu der Anlandung der 183 schiffbrüchigen Schutzsuchenden nach zweiwöchiger Quarantäne an Bord der italienischen Fähre RUBATTINO: „Es ist erleichternd, dass das wochenlange Martyrium der 183 Schutzsuchenden auf See nun ein Ende hat. Jetzt ist es wichtig, dass diese aus Seenot geretteten Flüchtlinge nicht in katastrophalen, lebensgefährlichen Lagern oder auf der Straße in Italien landen, sondern solidarisch und ihren Bedürfnissen entsprechend in Europa verteilt werden. Die Bundesregierung muss mit gutem Beispiel vorangehen und einen Großteil der Menschen aufnehmen.

Die EU zeigt sich im Moment von ihrer brutalsten Seite. Im Windschatten der Corona-Krise werden Schutzsuchende am Anlanden gehindert oder illegal in das Bürgerkriegsland Libyen zurückgeschickt. Die Zustände in den Hotspots in Griechenland aber auch in den Sammelunterkünften in Deutschland sind aufgrund der Corona-Pandemie gesundheits- und lebensbedrohlich. Angesichts der Forderungen nach Lockerungen der Corona-Kontaktverbote macht sich alle Welt Gedanken darum, wie der Schutz von Unternehmern und Konsumenten am besten gewährleistet werden kann. Dabei müsste es vielmehr darum gehen, die rechtswidrigen Einschränkungen der Rechte von Geflüchteten zurückzunehmen.“