Nur wenige Schutzsuchende kommen nach Deutschland
Zahlen belegen, dass das Bundesinnenministerium mit viel zu hohen Zahlen operierte, um Obergrenzen und flüchtlingsfeindliche Gesetze durchzudrücken.
Zahlen belegen, dass das Bundesinnenministerium mit viel zu hohen Zahlen operierte, um Obergrenzen und flüchtlingsfeindliche Gesetze durchzudrücken.
Im Sommer 2018 befeuerte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Asylstreit mit der Ankündigung, 2018 könnten bis zu 220.000 Zuwanderer ins Land kommen. Bei der Vorstellung der Zahlen für Mai 2018 hatte Seehofer behauptet, trotz des Rückgangs der Asylzahlen sei damit zu rechnen, dass der im Koalitionsvertrag vereinbarte „Korridor für die jährliche Zuwanderung nach Deutschland in Höhe von 180.000 bis 220.000 Personen (…) in diesem Jahr erreicht oder sogar überschritten werden“ könnte. Schon damals wurde der Innenminister dafür kritisiert, die Flüchtlingsfeindlichkeit im Land durch überhöhte Zahlen anzuheizen. Aufgrund einer Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE liegt nun die Bilanz für 2018 vor: Nur 159.000 Zuwanderer*innen kamen im vergangenen Jahr nach Deutschland.
Nun muss die Bundesregierung zugeben, dass der Zuwanderungskorridor im Jahr 2019 „deutlich unterschritten wird.“ Sie kommt auf eine Schätzung von „140.000 bis 150.000 im Gesamtjahr 2019.“ Diese Schätzung beruht auf der Hochrechnung von 68.600 Ankünften im ersten Halbjahr.
20 Prozent der gezählten Asylsuchenden sind hier geboren
Allerdings ist auch diese Zahl weit überhöht. Die Bundesregierung räumt ein, dass es sich bei 20 Prozent der formell registrierten Asylsuchenden um in Deutschland geborene Kinder von Flüchtlingen handelt – daher dürften sie eigentlich gar nicht als „zugewandert“ gezählt werden. Auf das Jahr 2019 hochgerechnet wären das immerhin 31.000 Personen. Auch die Zahl der freiwillig Ausreisenden wird immer noch nicht umfassend erfasst. So ist nicht klar, wie viele der „Zugewanderten“ nicht bereits längst das Land verlassen haben. Ein weiterer Faktor spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Immer wieder werden Personen doppelt gezählt, wenn sie im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland gekommen sind und anschließend zwecks Statusklärung einen Asylantrag gestellt haben. Geschätzt wird diese Zahl auf etwa 15.000 Menschen im Jahr 2019.
Weit weniger als 100.000 Schutzsuchende
Aus diesen Zahlen geht hervor, dass es sich wahrscheinlich um deutlich unter 100.000 Menschen handelt, die jährlich nach Deutschland kommen. Auf der Grundlage von überhöhten Zahlenwerten drückte die Bundesregierung Grenzschließungen und weitere Verschärfungen durch.
Jelpke: Kapazitäten nutzen, um Familiennachzug zu ermöglichen
Der Familiennachzug wird extrem restriktiv gehandhabt. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, kommentiert dazu: „Derzeit warten etwa 35.000 Menschen, meist Frauen und Kinder, nach vielen Jahren der Trennung sehnsüchtig darauf, zu ihren in Deutschland lebenden, subsidiär geschützten Familienangehörigen ziehen zu können. Die unzweifelhaft bestehenden humanitären Aufnahmekapazitäten sollten genutzt werden, diesen geschundenen Menschen schnell die Zusammenführung mit ihren Angehörigen zu ermöglichen. Das sollte auch und gerade für eine Partei, die das C im Namen trägt, vorstellbar sein, ich appelliere an das Gewissen der politisch Verantwortlichen.“
Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage kann unter folgendem Link abgerufen werden: Zuwanderungskorridor 2018 und Prognose 2019