NAV-YEK: Türkei setzt ezidischen Völkermord fort

Der ezidische Zentralverband NAV-YEK fordert die Bundesregierung auf, einen klaren Standpunkt gegen die türkische Aggression in Şengal zu beziehen. Das Hauptsiedlungsgebiet der Ezid*innen im Nordirak wurde in den letzten Tagen mehrfach bombardiert.

Angesichts der jüngsten Angriffe der Türkei auf das ezidische Hauptsiedlungsgebiet Şengal im Nordirak fordert NAV-YEK, der Zentralverband der Ezidischen Vereine e.V. (Navenda Yekîtiya Komelên Êzîdiya), die Bundesregierung auf, einen klaren Standpunkt gegen die imperialen Aggressionen der türkischen Regierung zu beziehen. „Die Türkei bricht mit ihren Angriffen auf die Eziden im Irak wieder einmal das Völkerrecht und begeht zudem Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, mahnt der Dachverband. Der durch den sogenannten IS begonnene Völkermord an den Ezidinnen und Eziden in Şengal werde so vor den Augen der Völkergemeinschaft durch die Regierung Erdogans fortgesetzt.

„Seit Oktober 2019 ist das der sechste Luftangriff durch die Türkei auf Şengal. Die zunehmenden imperialen Ambitionen der Türkei, im Nahen und Mittleren Osten ein neo-osmanisches Reich zu errichten, werden mit aggressiven und expansiven Strategien verfolgt“, unterstreicht NAV-YEK in einer am Freitag herausgegebenen Stellungnahme. Hinsichtlich des Lebensraums der ezidischen Gemeinschaft in Şengal versuche die Türkei ganz offensichtlich, eine demografische Veränderung zugunsten der arabisch-sunnitischen und türkmenisch-sunnitischen IS-Anhänger herbeizuführen. Die Luftangriffe hätten die Funktion, dass einerseits die Infrastruktur zerschlagen und andererseits der Rückkehrprozess der geflüchteten Ezid*innen in ihre angestammten Gebiete sowie der Wiederaufbau der Region gestoppt werden. „In diesem Zusammenhang muss festgestellt werden, dass hierfür der irakische Staat, die kurdische Regionalregierung, aber auch Europa mitverantwortlich sind. Die eingesetzten Kampfdrohnen werden mit der Unterstützung Deutschlands hergestellt, was es umgehend zu stoppen gilt. In diesem Zusammenhang fordern wir die Bundesregierung zur sofortigen Beendigung der Exporte an die Türkei auf.“

Der ezidische Dachverband weist darauf hin, dass weiterhin hunderttausende Ezid*innen in Flüchtlingslagern die Sommer in brennender Hitze und die Winter in bitterster Kälte verbringen müssen und aus Angst nicht in ihre Dörfer zurückkehren können. Die derzeitige Tatenlosigkeit „gegenüber dieser Aggression und der mörderischen Politik der Türkei“, welche ebenfalls als ein eklatanter Bruch des Völkerrechts bewertet werden muss, sei inakzeptabel und unerträglich. Weiter heißt es: „Die Bundesregierung hat eigenen Angaben nach in den letzten Jahren Unterstützung für den Wiederaufbau im Irak, vor allem für die überwiegend von der ezidisch-christlichen Bevölkerung bewohnten Region Ninive zur Verfügung gestellt. Bis heute ist leider nichts davon bei den Eziden und Christen angekommen.“ Hierzu sei die Bundesregierung einer plausiblen Erklärung schuldig, wo, wie und wofür diese Gelder ausgegeben worden sind.

Zudem fordert NAV-YEK den deutschen Bundestag dazu auf, sich den fortlaufenden Angriffen der Türkei auf die Ezid*innen anzunehmen und auf die Tagesordnung zu setzen. „Besonders wichtig ist, dass der Bundestag den Genozid an den Eziden im Jahre 2014 anerkennt. Aufgrund der besonderen Verantwortung, zumal inzwischen über 300.000 Eziden in Deutschland leben, ist die Bundesregierung gehalten, einen klaren Standpunkt gegen dieses verbrecherische Vorgehen und imperiale Aggression der türkischen Regierung zu beziehen.“