Ezidinnen gefangen gehalten
Die Bundesanwaltschaft hat ein mutmaßliches Mitglied der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) festnehmen lassen. Ossama A. soll in Syrien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen und Beihilfe zum Völkermord geleistet haben, teilte die Karlsruher Behörde mit. Er wurde demnach am Donnerstag von Beamten des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen in Essen festgenommen und sitzt bereits in Untersuchungshaft.
Der Verdächtige soll sich den Angaben zufolge spätestens 2014 dem IS angeschlossen und eine Führungsrolle in der örtlichen IS-Religionspolizei (Hisba) übernommen haben. Zusammen mit einer von ihm befehligten Einheit habe er im Großraum der ostsyrischen Region Deir ez-Zor Gebäude beschlagnahmt. Die Häuser habe der IS genutzt, um Söldner unterzubringen oder Büros und Lager einzurichten. In zwei Fällen seien auch verschleppte Ezidinnen dort gefangen gehalten worden. Dadurch habe A. den IS bei der Versklavung und sexuellen Ausbeutung ezidischer Frauen und Mädchen unterstützt. Dies war integraler Bestandteil des von der Vereinigung offen verfolgten Ziels der Vernichtung der ezidischen Religionsgemeinschaft, heißt es.
Zu einem der IS-Gefängnisse soll A. die Schlüssel gehabt und dort für die Verpflegung der Insassen gesorgt haben. Neben Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wird der Syrer den Angaben der Bundesanwaltschaft zufolge der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland verdächtig.
Das „Kalifat“ gilt als zerschlagen
Der IS hatte 2014 weite Teile des Irak und Syriens überrannt und eine Schreckensherrschaft installiert. Über die Staatsgrenzen hinweg rief die Dschihadistenmiliz ein „Kalifat“ aus. Im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal im Nordwesten des Iraks verübte der IS im August 2014 einen Genozid. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen und der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Etwa 10.000 Menschen fielen jüngeren Schätzungen nach Massakern zum Opfer, mehr als 400.000 weitere wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, bis heute werden 2.500 von ihnen vermisst. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Femizid dar.