Menschenrechtsorganisationen: Angriffe vor allem gegen HDP

In einem gemeinsamen Bericht des Menschenrechtsvereins IHD und der Stiftung für Menschenrechte in der Türkei (TIHV) ist von fast hundert Angriffen auf die HDP während des Wahlkampfes die Rede.

Der Menschenrechtsverein IHD und die Stiftung für Menschenrechte in der Türkei (TIHV) haben einen gemeinsamen Bericht zu Rechtverletzungen während des Wahlkampfes vorgestellt. An der Pressekonferenz in Ankara nahmen neben dem IHD-Ko-Vorsitzenden Öztürk Türkdoğan und TIHV-Generalsekretär Metin Bakkalcı auch Mitglieder des IHD-Zentralkomitees teil.

Türkdoğan wies in seiner Rede darauf hin, dass es seit Beginn des Wahlkampfs massive Beanstandungen gibt, die darauf hindeuten, dass die Wahlen in der Türkei nicht nach dem Grundsatz demokratischer, gerechter und korrekter Wahlen stattfinden können. Aus diesem Grund sei eine unabhängige Beobachtung der Wahlen am 24. Juni umso wichtiger, betonte Türkdoğan.

„Süleyman Soylu bedroht die Sicherheit der Wahlen“

Zur Ermordung von drei Personen in Pirsûs durch einen Angriff des AKP-Abgeordneten Ibrahim Halil Yıldız und seiner Verwandten sagte Türkdoğan: „Die Erklärungen und die Haltung von Soylu, dem höchsten Verantwortlichen des Innenministeriums, das eigentlich die Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung des Vorfalls unterstützen müsste, sind einfach grauenerregend. Er benimmt sich wie ein Militanter einer Partei. Dass diesem Minister, der jeden, der nicht Partei für ihn ergreift, als Terroristen beschuldigt, kein Vertrauen geschenkt werden kann, ist offensichtlich. Daher hat sich der mit der Sicherheit der Wahlen betraute Innenminister selbst als eine Bedrohung der Sicherheit der Wahlen herausgestellt. Wir möchten die Öffentlichkeit auf diese Situation hinweisen. Eigentlich müsste Innenminister Soylu zurücktreten, stattdessen gibt er Erklärungen im Sinne der Regierung ab. Soylu sollte zurücktreten.“

„Der Staat ist seiner Aufgabe nicht nachgekommen“

Zu den massiven Rechtsverletzungen zwischen dem 26. April und dem 20. Juni sagte Türkdoğan: „Bei der Repression und den Rechtsverletzungen, um die es hier geht, handelt es sich unter anderem um willkürliche Verbote von öffentlichen Veranstaltungen, Angriffen von Sicherheitskräften und das Nichteingreifen der Sicherheitskräfte bei Angriffen und Behinderungen durch zivile Gruppen. Im Gegensatz zu den Erklärungen, in denen es hieß, die Wahlen fänden aufgrund des Ausnahmezustands unter besonders extremen Sicherheitsvorkehrungen statt, änderte dies nichts an den Angriffen und Behinderungen von politischen Parteien und ihren Vertreter*innen. Die Zuständigen haben ihren öffentlichen Auftrag nicht erfüllt.“

Aufruf an Wähler*innen und Wahlbeobachter*innen

Türkdoğan hielt fest, dass der IHD und eine unabhängige Wahlbeobachtungsplattform bei den erzwungenen Wahlen am 24. Juni eine internationalen Kriterien angemessene Wahlbeobachtung durchführen werden.

Die Wahlberechtigten rief Türkdoğan auf, sich an der Wahl zu beteiligen. Von den Beobachter*innen der Wahlen erwartet der IHD, sich am Sonntagmorgen um sechs Uhr bei den Urnen einzufinden. Die IHD-Zentrale, die Büros und Vertretungen des Menschenrechtsvereins werden am 24. Juni geöffnet sein. Sollte es zu Unregelmäßigkeiten kommen, könne man sich an den IHD wenden, so Türkdoğan.

Die meisten Angriffe richteten sich gegen die HDP

Auf der Pressekonferenz wurde folgende Bilanz über die Rechtsverletzungen zwischen dem 28. April und dem 21. Juni vorgestellt:

  • HDP: 93 Angriffe
  • İYİ Partei: 12 Angriffe
  • CHP: 12 Angriffe
  • Saadet Partei: 8 Angriffe
  • AKP: 2 Angriffe
  • MHP: Kein Angriff.

Die Zahl der Getöteten und Verletzten wie folgt dargestellt:

  • Riha/Pirsûs (Urfa/Suruç): 4 Tote (1 AKP, 3 HDP)
  • HDP: 49 Misshandlungen und Verletzungen
  • İYİ Partei: 24 Misshandlungen und Verletzungen
  • Saadet Partei: Fünf Verletzte, zwei davon Schwerverletzte
  • CHP: Acht Misshandlungen und Verletzungen
  • AKP: Drei Misshandlungen und Verletzungen
  • Unabhängige: Der unabhängige Kandidat von Izmir, Deniz Arık Binbay, wurde geschlagen.
  • Insgesamt: Vier Tote und 90 Verletzte.

HDP-Mitglieder wurden gefoltert

Weiter heißt es, dass 26 Personen aus dem HDP-Kreis sowie zwei Mitglieder der Saadet-Partei während ihres Wahlkampfes gefoltert und misshandelt worden sind. Außerdem fällt auf, dass alle 33 Personen, die durch Sicherheitskräfte in Gewahrsam oder außerhalb des Gewahrsams gefoltert worden sind, der HDP angehören.

Festnahmen:

  • HDP: 361 Festnahmen, 13 Verhaftungen
  • AKP: Neun Festnahmen
  • MHP: Sechs Festnahmen, zwei Verhaftungen
  • Unabhängiger Kandidat Mahmut Konuk: Elf Festnahmen
  • Insgesamt: 387 Festnahmen, 15 Verhaftungen

Verbote:

Im Bericht ist auch die Rede von 17 verbotenen HDP-Wahlkampfveranstaltungen. Zwei Kundgebungen der CHP und weitere zwei Veranstaltungen der IYI-Partei wurden ebenfalls verboten.