Mahmut Kaya: Widerstand ist legitim
In seiner Prozesserklärung vor dem OLG Hamburg erläutert der kurdische Politiker Mahmut Kaya, warum die PKK keine Terrororganisation ist.
In seiner Prozesserklärung vor dem OLG Hamburg erläutert der kurdische Politiker Mahmut Kaya, warum die PKK keine Terrororganisation ist.
Mahmut Kaya steht in Hamburg vor Gericht, weil er der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland angeklagt ist. Am vierten Verhandlungstag am vergangenen Mittwoch hat er ausführlich erläutert, warum die PKK keine Terrororganisation ist. Im Anschluss an die Verlesung der Prozesserklärung durch Kayas Verteidiger Alexander Kienzle sprach Oberstaatsanwalt Schakau dem Angeklagten seinen „großen Respekt für sein langjähriges Engagement“ aus. „Wir haben kein Interesse, gegen dieses Engagement vorzugehen. Es geht nicht darum, Herrn Kaya oder andere Menschen kurdischer Identität wegen ihres politischen Engagements anzuklagen“, so Schakau.
Auch die vorsitzende Richterin Taeubner erklärte: „Sie haben nachvollziehbar dargelegt, was das kurdische Volk ist. Für diese Interessen und Überzeugungen treten Sie ein, das ist eine gute Sache.“
Die nächste Verhandlung findet am 22. Februar um 13 Uhr vor dem Oberlandesgericht Hamburg statt.
Der zweite Teil der Prozesserklärung von Mahmut Kaya lautet folgendermaßen:
Patriarchat als Ausgangspunkt der Klassengesellschaft
„Dass die Kurd*innen die Türkei, den Iran, den Irak und Syrien, welche immer von Diktatoren regiert wurden, als Nachbarn haben, stellt ihr Unglück dar. Es kam zum ersten Mal in dieser Region, in der sumerischen Zivilisation vor, dass Menschen sich durch religiöse Bildung freiwillig versklavten, und dies hat nach wie vor einen Einfluss auf die Menschen. Es ist also eine Region, in der das Patriarchat, welches den Ausgangspunkt der Klassengesellschaft und die Ausbeutung der Menschen darstellt, seinen Höhepunkt erreichte. In den oben erwähnten Ländern – und auch die anderen arabischen Länder dürfen hier nicht vergessen werden – haben Frauen keinen Wert, keine Stimme. Hätten Kurd*innen anstatt der Türkei, des Iran, des Irak und Syrien, Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland als Nachbarn, hätten sie längst ein freies, unabhängiges und wahrhaft demokratisches Kurdistan aufgebaut. Die diktatorischen und faschistischen Regierungen des Irak, Iran, Syrien und der Türkei ermorden nicht nur Kurd*innen. Sie ermorden und unterdrücken gleichzeitig auch ihre eigenen Völker. Ein System oder Staat, in welchem Frauen, die 50 Prozent der Gesellschaft sind, als nicht anwesend angesehen und nicht als Subjekte behandelt werden, kann sich nur in die Richtung des Faschismus orientieren. Also ist jeglicher Widerstand mit allen möglichen Mitteln gegen solche Regime legitim.“
Ein Novum im Mittleren Osten
„Der einzige Ort im Mittleren Osten, an dem Frauen ihr Leben in allen Bereichen so führen können, wie sie wollen, und gleichberechtigt mit Männern sind, ist die kurdische demokratische Bewegung. In den in Rojava aufgebauten Kantonen haben Frauen heute in allen öffentlichen Bereichen die gleichen gesetzgeberischen, ausübenden und juristischen Rechte wie Männer. Hier haben Frauen in allen kämpfenden Einheiten, die zum System gehören, bis in die obersten Rängen die gleichen Rechte wie Männer. Das ist das erste Mal im Mittleren Osten. Der IS erklärte Kurd*innen zu Ungläubigen und rief zum Massenmord auf, weil Frauen in der kurdischen demokratischen Bewegung zumindest gleichberechtigt sind wie Männer. Während die Kräfte, die al-Qaida und den IS hervorgebracht haben, die Gewinne im Mittleren Osten einheimsen, leiden die Kurd*innen unter den Konsequenzen. Denn im Kampf gegen den IS haben tausende Kurd*innen ihr Leben gelassen.“
Islam als Mittel der Expansion
„Rojhilat (Ostkurdistan) und Bakur (Nordkurdistan) wurden das erste Mal im Jahre 1639 zwischen dem Osmanischen und Persischen Reich in zwei geteilt. Die Osman*innen nutzen es, um den sunnitischen Islam zu verbreiten. Das Persisch-Iranische Reich nutzte es, um den schiitischen Islam zu verbreiten. Tatsächlich jedoch haben weder die Osman*innen noch die Perser*innen den Islam als Kultur begriffen. Im Gegenteil nutzten sie den Islam losgelöst von seinem Kern zur Ausdehnung ihrer eigenen Herrschaft. Selbst heute gibt es Staaten und Organisationen, die ihre unterschiedlichen Verständnisse des Islam verteidigen. Die Türkei, der Iran, Saudi-Arabien, Hisbollah, die Muslimbruderschaft, al-Qaida und zuletzt der IS nutzen den Islam lediglich zur Ausbreitung ihrer eigenen Herrschaft. Bitter ist, dass während die Araber*innen, Türk*innen und Perser*innen den Islam als Mittel zur Ausbreitung genutzt und so ganze Reiche aufgebaut haben, haben die Kurd*innen den Islam kulturell gelebt und wurden stets von den muslimischen Staaten und eben den Bewegungen, die sie unterstützten und ernährten, Gemetzeln ausgesetzt. Natürlich sage ich hier nicht, hätten die Kurd*innen nur auch den Islam zur Ausbreitung genutzt und ein faschistisches Regime aufgebaut. Ausbeutung, Unterdrückung und Repression hätten, auch wenn sie von Kurd*innen ausgehen würden, keinerlei Legitimität.“
Die Republik Mahabad
„Letztlich wird das kurdische Volk seit Jahrhunderten durch die türkischen, arabischen und persischen islamischen Staaten ermordet. Das kurdische Volk sollte daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Der Teil des kurdischen Volkes, der unter der iranischen Besatzung lebt, setzte sich bei jeder Gelegenheit gegen das unterdrückerische iranische Regime zur Wehr. Während des Zweiten Weltkrieges wurde unter der Leitung Qazi Mohammeds die kurdische Republik Mahabad gegründet. Während dessen einjährigem Bestehen widmeten die Kurd*innen sich dem Aufbau eigener Bildungs-, Kultur- und politischer Einrichtungen. Die Gründung der kurdischen Republik Mahabad wurde durch alle Kurd*innen in den vier Teilen mit großer Freude begrüßt und unterstützt. Doch diese Freude der Kurd*innen währte nicht lange. Russland, das den Aufbau der Republik politisch unterstützt hatte, zog diese Unterstützung nach Verhandlungen mit dem Iran zurück und das kurdische Volk erlebte einen historischen Verrat. Nach dem russischen Verrat griff der Iran die Mahabad Republik mit all seinen Kräften an. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das kurdische Volk nicht über ausreichende Kräfte, um die Republik zu verteidigen. Der Iran besetzte Kurdistan erneut und Qazi Mohammed, der Gründer und Präsident, wurde mit seinen Freund*innen auf dem Chahar-Cheragh-Platz hingerichtet. Trotz all der Zeit. die seitdem vergangen ist. gedenken alle Kurd*innen Qazi Mohammed noch heute mit Respekt.“
Überlebenskampf gegen das iranische Regime
„Wie oben bereits erwähnt, führte das kurdische Volk seinen Kampf gegen das faschistische iranische Regime fort. Heute führt das kurdische Volk den Kampf gegen den Iran in der Region Rojhilat politisch und militärisch fort. Solange die iranische Besetzung Kurdistans andauert, solange wird der politische und militärische Widerstand gegen die Besatzung dauern. Atatürk hatte während des Aufbaus der türkischen Republik versprochen, dass es eine gemeinsame Republik der Türk*innen und Kurd*innen werden würde, doch bereits kurz nach der Gründung der Republik hatte er sein Versprechen vergessen und war zu Hinrichtungen der Kurd*innen übergegangen. Auch im Iran hatte der faschistische Khomeini im Kampf gegen den Schah die Kurd*innen und die Linken um Unterstützung gebeten und die Kurd*innen, iranischen Linken und Sozialist*innen hatten Khomeini in der Hoffnung um eine Demokratie unterstützt. Aber der faschistische, islamistische Khomeini hat als erste die Kurd*innen und Sozialist*innen ermordet. Während der Kampf der Kurd*innen gegen den faschistischen, islamistischen Staat andauert, ermordet das faschistische Regime Irans fast täglich kurdische Intellektuelle und Jugendliche. Interessant ist auch, dass der iranische Staat, der selbst terroristisch ist, die Kurd*innen, die für ihre natürlichen Rechte, ihre politischen Rechte und Freiheiten kämpfen, zu Terrorist*innen erklärt. Alle ehrenhaften Völker in der Geschichte, deren Ländern besetzt wurden, haben sich politisch und militärisch gegen Besatzungen gewehrt und werden deswegen als ehrenhafte Völker in Erinnerung bewahrt. Aber wenn es um die Kurd*innen geht, die sich gegen Besatzungen wehren, sind es nicht die Besatzer*innen, sondern die Kurd*innen, welche Terrorist*innen sind?“
Massenmorde in Südkurdistan
„Es wird vermutet, dass in Başur (Südkurdistan) etwa acht Millionen Kurd*innen leben. Der irakische Staat begann, sobald er gegründet wurde, umgehend mit Angriffen auf das kurdische Volk. Vor allem während der Zeit Saddam Husseins erreichten diese Morde ihren Höhepunkt. Natürlich wurde der Widerstand, wie in den anderen Teilen Kurdistans, auch in Südkurdistan unablässig fortgesetzt. Als Saddam Hussein Schwierigkeiten im Kampf gegen die Kurd*innen hatte, suchte er die Verhandlungen mit ihren Führer*innen und unterzeichnete eine Erklärung über die Autonomie der Region. Doch schon kurz darauf hielt er sich nicht an die Abmachungen und griff erneut zu den Waffen. Es ist offiziell bekannt, dass Saddam Hussein Hunderttausende Kurd*innen ermordete. Saddam ermordete alleine in Halabdscha bei einem Giftgasangriff 5000 unschuldige Kurd*innen, ohne Rücksicht auf Kinder oder Kranke. Als Saddam 1988 in Halabdscha mit Giftgas dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit beging, schaute die Weltöffentlichkeit weg. Erst 1991 als der Erste Golfkrieg anfing und die USA den Irak angriffen, wurden die Diktatur Saddams und seine Giftgasangriffe auf die Kurd*innen gesehen. Ja, vielleicht sind Saddam, Assad, Khomeini, Atatürk und Erdoğan heutzutage in der Welt angesehene Diktatoren. Wichtig und moralisch ist allerdings, wenn man rechtzeitig zu sagen, dass der König nackt ist. Es ist keine Kunst, Jahre später, nachdem die USA wegen eigener Interessen in den Krieg gegen Saddam traten, zu erkennen, dass Saddam ein Diktator ist. Interessant ist jedoch, dass auch Saddam Hussein die kurdischen Parteien, die gegen ihn kämpften, zu Terrorist*innen erklärte.“
Mandela galt noch gestern als Terrorist
„Lasst uns Kurdistan als ein Haus betrachten. Es sind Menschen mit schweren Waffen in das Haus der Kurd*innen eingedrungen, beleidigen sie, lassen sie leiden und vergewaltigen die Frauen im Haus. Der Hausbesitzer fordert die Besatzer und Mörder dazu auf das Haus zu verlassen und der Besatzer, der Vergewaltiger und Mörder bezeichnet den Hausbesitzer als Terroristen. Genau so verhalten sich die türkische Republik und das iranische, irakische und syrische Regime, die mit schweren Waffen und Gewalt in Kurdistan einmarschiert sind. Also die Despoten, die Vergewaltiger, die Völkermörder, nämlich die türkischen, arabischen und persischen herrschenden Klassen sind unschuldig, während die Kurd*innen, die für ihre Rechte politisch und militärisch kämpfen und gegen die Besatzung Widerstand leisten, die Terrorist*innen sind. Mandela galt gestern noch als Terrorist, doch heute begegnen ihm alle mit Achtung – auch diejenigen, die ihn als Terroristen bezeichneten, müssen ihn respektvoll behandeln. Nelson Mandela, der noch gestern als Terrorist galt, hat heute den Friedensnobelpreis erhalten und ist eine geachtete Führungsperson. Es entscheiden also nicht diejenigen mit der politischen und ökonomischen Macht, wer die Mörder sind, sondern es wird die Geschichte entscheiden. Dem kurdischen Volk und seinen Vorkämpfer*innen, sowie auch denjenigen, die nach den Wünschen der Herrschenden handeln, wird die Geschichte mit Sicherheit den Spiegel der Wahrheit vorhalten. Denn niemand kann der Wahrheit der Geschichte entkommen. Südkurdistan konnte nach dem Sturz des Saddam-Regimes einigermaßen aufatmen. Es hat ein regional-autonomes System aufgebaut. Doch die Bedrohungen durch den IS, die Türkei, den Iran und Irak bestehen weiter.“
Rojava und das Nationalstaatkonzept in Syrien
„Das von Syrien besetzte Rojava (Westkurdistan) ist ein Teil Kurdistans. Die Baath-Partei in Syrien verbreitet einen neuen arabischen Nationalismus und Rassismus. Die arabische Baath-Partei wurde im Irak durch Saddam mit sunnitischer Orientierung und in Syrien durch Hafiz Assad aufgebaut. Sie betrachten die arabische Rasse als überlegen und die anderen Minderheiten als Bedienstete der Araber*innen. Es beruht auf dem Nationalstaatkonzept, das seinen Ursprung in Frankreich hat und sich auf eine Sprache, eine Kultur und eine Religion fokussiert. Das wurde in der Türkei durch Atatürks CHP, im Irak durch Saddam und in Syrien durch Hafiz Assad aufgebaut und jahrelang Minderheiten wie Kurd*innen, Armenier*innen, iranische Aserbaidschaner*innen und anderen aufgezwungen. Es wurde versucht, die Völker zu assimilieren. Mit diesem Verständnis wurde ein Völkermord an Millionen Armenier*innen verübt. In Syrien wurden aus diesem Grunde Kurd*innen im Laufe der Geschichte wiederholt zu Opfern der Grausamkeiten der rassistischen Baath-Partei. Kurdische Intellektuelle wurden gefoltert, wie am Beispiel Qamişlo zu sehen, wo Hunderte Kurd*innen angeblich aufgrund eines Fußballspiels ermordet wurden. Im Kern sind Saddams Diktatur im Irak und Bashar al-Assads Regime in Syrien in allen Kategorien gleich. Was in der Türkischen Republik oder unter dem faschistischen, islamistischen Khomeini-Regime im Iran den Kurd*innen angetan wurde, erlebten Kurd*innen genauso unter Syriens Baath-Partei. Auch das syrische Regime betrachtet die widerständigen Kurd*innen als Terrorist*innen.“
Dem Terrorismus-Vorwurf widersprechen
„Es gibt in der Geschichte ohnehin eine Vielzahl von Beispielen dafür, dass Herrschende diejenigen, die sich gegen ihre Unterdrückung stellen, als Terrorist*innen behandeln. Das Römische Reich betrachtete Spartakus und den Heiligen Jesus, die sich ihm selbst oder seiner unterdrückerischen Politik entgegenstellten, nicht als Engel. Man sollte von Diktatoren, die für den Faschismus sind und meinen, dass Völker, Minderheiten, Arbeiter*innen nur den Herrschenden zu dienen hätten, sowieso nichts anderes erwarten. Die Rolle und Mission des Besatzers und Diktators, die er sich selbst zugeschrieben hat, sind nichts anderes als Unterdrückung. Er möchte die Völker durch Gewalt und Folter dazu bringen, ihm zu gehorchen und dienen. Doch die Aufgabe derjenigen, die ihr Leben der Freiheit der Völker widmen, ist, während sie das Gewissen der Menschen repräsentieren, keine materiellen Profite zu erwarten. Die Aufgabe der Revolutionär*innen ist es die Rechte, das Recht und die Gerechtigkeit zu verteidigen sowie den Unterdrückten eine Stimme zu verleihen. Die Geschichte der Menschheit ist ohnehin die Geschichte des Kampfes der Unterdrücker und der Unterdrückten. Diejenigen, die heute gegen das kapitalistische System im kurdischen Mittleren Osten und in Rojava kämpfen, die gegen den IS, der ein Erbe des Projektes „Großraum Mittlerer Osten“ ist, kämpfen, die Zehntausende Kinder verloren haben, erwarten nichts von irgendjemandem. Die Geschichte hat dem kurdischen Volk und seinen Vorkämpfer*innen diese Rolle zugeteilt und die Kurd*innen führen sie mir großer Liebe aus und werden dies weiter tun. Doch während das kurdische Volk und seine Vorkämpfer*innen für die verbündeten Kräfte, die nur ihren eigenen Profit im Sinn haben, einen hohen Preis zahlen und während sie gegen die größte Terrororganisation der Geschichte, den IS, kämpfen, kann niemand sie Terrorist*innen nennen. Wenn jemand Länder, die gegen ihre Besatzung durch die damalige Saddam Diktatur und die heutigen Assad- und Erdoğan-Regime und das faschistische iranische Regime für ihre eigene Freiheit kämpfen, als terroristisch bezeichnet, müssen Kurd*innen – und muss auch ich – dem deutlich widersprechen. Das kurdische Volk kämpft heute in Syrien und Rojava nach seinem freien Willen. Sie haben einen hohen Preis im Kampf um Kobanê gezahlt, bei dem der IS seine volle Kraft einsetzte. Auch im Kampf um die Befreiung Raqqas, der Hauptstadt des IS, zahlten sie einen sehr hohen Preis. Wenn heute der IS keine Bomben mehr in Paris, London, Brüssel und Berlin mehr zünden kann, muss anerkannt und respektiert werden, dass dies der kurdischen Jugend in der YPG und YPJ zu verdanken ist.“
Pionierarbeit der kurdischen Bewegung
„In den Kantonen, die unter kurdischer Leitung in Syrien und Rojava gegründet wurden, leben viele Völker, beispielsweise Armenier*innen, Assyrer*innen, Araber*innen, Türk*innen – kurz gesagt sind alle dort existierenden Völker und Kulturen vertreten. In dem demokratischen System, das unter der Leitung der PYD in den Kantonen errichtet wurde, finden sie alle in allen politischen Bereichen (Judikative, Exekutive, Legislative, Sicherheit und Militär) und in der Leitung einen unbeschränkten Platz.
Während im Mittleren Osten nicht einmal der Name von Frauen in Erinnerung gehalten wird, wurde unter Öcalans Paradigma ein feministisches, matriarchales System aufgebaut und wird weiterentwickelt. Im Kantonsystem gilt in allen Leitungen eine fünfzigprozentige Geschlechterquote. Das ist eine Neuerung im Mittleren Osten. Dieses matriarchale System stellt für die Menschen im Sinne des Friedens, der Freiheit und der Wahrhaftigkeit einen großen Fortschritt dar. Im Iran haben Frauen keinen Namen. In Saudi-Arabien sind Frauen am Steuer von Autos eine Nachricht, als ob man ein Heilmittel für Krebs gefunden hätte. In Syrien und Rojava jedoch sind Frauen Parteivorsitzende, leiten die gesetzgebenden Parlamente, sind Kommandantinnen bei den militärischen YPG und YPJ, und Co-Vorsitzende im politischen System. Eigentlich leistet die kurdische demokratische Bewegung eine Pionierarbeit im Mittleren Osten. Wer sich den Mittleren Osten und die Welt ohne Terrorismus wünscht, muss diesen Kampf der Kurd*innen unterstützen.
So wie es in der Geschichte dunkle Episoden gibt, gibt es auch Zeiten, die den Menschen den Weg ebneten und Frieden brachten. Wie die Erfindung des Rades und der Glühbirne, wie die neolithische Revolution, die Renaissance und die Französische Revolution, die die Menschheit bereicherten und erfreuten. Natürlich kamen beständige soziale Rechte, Menschenrechte und Frauenrechte nicht von alleine zustande. Jemand musste ihren Preis zahlen. Auch wenn die Kurd*innen nur ein Kerzenschein in Dunkelheit des Mittleren Osten sind, arbeiten sie dafür den Mittleren Osten zu erleuchten. Während das kurdische Volk das versucht, leidet es und zahlt einen hohen Preis. So wie es diejenigen gibt, die den Einsatz der Kurd*innen sehen und schätzen, gibt es auch jene, die die Augen davor verschließen. Die Zeit wird zeigen, wer die demokratischen Werte vertritt. So wie die Geschichte nicht geizig ist, ist sie auch nicht auf der Seite der Tyrannen.“
Atatürk und die Aufstände in Nordkurdistan
„Der von der Türkei besetzte Teil Kurdistans, Bakur (Nordkurdistan), ist sowohl von der Bevölkerung als auch von der geografischen Fläche her der größte Teil Kurdistans. Die von den Siegern Frankreich und England angeführten westlichen Mächte veranstalteten nach dem Ersten Weltkrieg in Lausanne eine Konferenz, bei der der Mittlere Osten umstrukturiert wurde. Obwohl das kurdische Volk bei dieser Konferenz nicht vertreten wurde, gaben sie einen Teil Kurdistans an die Türkei, einen an den Iran und einen an Syrien. Ohnehin war Syrien von Frankreich und der Irak von England besetzt. Während der Lausanner Konferenz versprach Atatürk den Kurd*innen, dass die neu zu gründende Republik das gemeinsame Land von Türk*innen und Kurd*innen werden würde. Natürlich waren die damaligen Vertreter*innen der Kurd*innen bereit Atatürk zu vertrauen. Sogar ließ Atatürk im ersten Parlament in Ankara die Vertretung von Kurd*innen zu. Aber die Tinte war kaum trocken, entschied sich Atatürk wieder anders. Er löste das erste Parlament auf und ließ einige kurdische Vertreter*innen hinrichten. Die erste Reaktion darauf kam von den alevitischen Kurd*innen aus Koçgiri. Sie erinnerten Atatürk an sein Versprechen. Atatürk griff Koçgiri mit einer großen Armee an und beging einen Massenmord. Da Kurd*innen damals über keine nationale Organisierung verfügten, blieb Koçgiri mit seinem großen Leid alleine. Aber Kurd*innen haben niemals geschwiegen. Nun ging der Ağrı-Aufstand los und unmittelbar darauf folgten die Scheich-Said- und Dersim-Aufstände. Berechtigterweise erhoben die Kurd*innen gegen das Atatürk-Regime ihre Stimme. Atatürk täuschte die westlichen Staaten über diese berechtigten und legitimen Widerstände der Kurd*innen, indem er behauptete, sie seien reaktionär und zielten darauf ab, das Kalifat wieder einzuführen.“
Türke, ehrlich und fleißig?
„Atatürk orientierte sich am Nationalstaatsmodell, welches er in Frankreich vorfand. In diesem Nationalstaatsmodell Atatürks wurde der Artikel „Jeder, den mit dem Türkischen Staat das Band der Staatsangehörigkeit verbindet, ist Türke“ in die Verfassung aufgenommen. Obwohl seitdem 90 Jahre vergingen, blieb dies unangetastet. Selbst heute ist angeblich jeder türkische Staatsbürger Türke. Nach der Gründung der Republik verbot Atatürk alles Kurdische, allen voran die kurdische Sprache. Dörfern, Anbauflächen, Bergen, kurz allem wurden türkische Namen gegeben. Zum Beispiel müssen kurdische, armenische und anderer Minderheiten Kinder mit sieben Jahren in der Grundschule jeden Morgen folgendes Gelöbnis leisten: „Ich bin Türke, ehrlich und fleißig. Mein Dasein soll der türkischen Existenz ein Geschenk sein.“ Stellen Sie sich kurdische, armenische oder griechische Kinder vor, die zu Hause mit ihren Müttern ihre eigene Sprache sprechen, aber in der Schule jeden Morgen gezwungen werden dieses Gelöbnis zu leisten: „Ich bin Türke, ehrlich und fleißig. Mein Dasein soll der türkischen Existenz ein Geschenk sein.“ Stellen Sie sich die Schäden vor, die die Kinder dadurch erleiden müssen.
Immer noch versuchen einige Leute die Legitimität des Widerstandes der Kurd*innen gegen den türkischen Staat infrage zu stellen. Wie man so sagt: Seid doch bitte ein bisschen empathisch. Wer die Legitimität des Kampfes der Kurd*innen gegen Besatzung und Faschismus infrage stellt, sollte diese Frage beantworten. Das terroristische System lässt die Kurd*innen niemals aufatmen. Das armenische Volk wurde einem Völkermord ausgesetzt. Einige wurden ermordet, andere vertrieben. Man muss begreifen, dass das kurdische Volk nicht aus Langeweile sich bewaffnete und auf die Berge ging. Das faschistische System zwingt ihnen folgendes auf: ihr müsst entweder euch selbst leugnen und ein würdeloses Leben führen oder ihr habt kein Recht auf Leben. Es wird wohl niemand den Kurd*innen sagen, dass sie ein würdeloses Leben führen sollen. Dass – wie oben erwähnt – siebenjährige Kinder dazu gezwungen werden, „Ich bin Türke. Mein Dasein soll der türkischen Existenz ein Geschenk sein“ zu sagen, stellt alleine einen ausreichenden Grund für einen Aufstand.“
Nicht Gast, sondern Gastgeber
„Das kurdische Volk lebt seit über 3000 Jahren in seiner Heimat, Kurdistan. Auch Kurd*innen haben, wie jedes andere Volk auch, ihre eigene Sprache, Kultur und Geschichte. Sie sind im Gegensatz zu der herrschenden türkischen Klasse kein fremdes Volk, das mit Schwertern und Schildern aus Zentralasien nach Kurdistan gekommen ist. Die Kurd*innen sind ein Volk, das seit Jahrtausenden in seiner Heimat lebt. Kurz gesagt, das kurdische Volk ist kein Gast, sondern der Gastgeber.
Bei Kurd*innen handelt es sich um ein Volk, welches nicht weniger und nicht mehr ist als jedes andere. Also, wenn das Land des kurdischen Volkes besetzt ist, was ja der Fall ist, darf niemand den Widerstand der Kurd*innen, einschließlich des bewaffneten Kampfes, gegen eine fremde, ausbeuterische Besatzungsmacht als terroristisch bezeichnen. Diese Herangehensweise und Perspektive sind die der ausbeuterischen Besatzungsmacht. Die türkische Republik bezeichnete die kurdischen Widerstandskämpfer*innen, die gegen den Kolonialismus kämpfen, in den 1920er, 1930er, 1940er und 1950er Jahren als Bandit*innen. Da heute der Begriff „Terrorismus“ beliebt ist, bezeichnet die ausbeuterische Besatzungsmacht sie als Terrorist*innen. Die türkische Republik und Erdoğan bezeichnen die Kurd*innen so, weil sie sie als Feinde betrachten. Ich denke aber, dass ein Staatsanwalt, der Teil des deutschen Rechtssystems ist, nicht das Recht hat, genauso wie die Staatsanwälte der türkischen Republik und Erdoğan zu denken.
In der Anklageschrift steht, dass der Tod türkischer Soldaten im auf kurdischem Boden geführten Krieg dem internationalen Recht widerspreche. Ja, ich wünschte, die türkische Besatzungsmacht würde sich aus Kurdistan zurückziehen, ohne dass ein Krieg notwendig wäre; das tut sie aber nicht. Oder ich wünschte, man könnte das Problem mit den türkischen Ansprechpartner*innen auf politischem und diplomatischem Wege lösen; aber die türkische Republik und der faschistische Erdoğan akzeptieren auch das nicht. Die Staatsanwaltschaft betrachtet – wie die Bundesrepublik und die EU, das weiß ich – einen Widerstand der Kurd*innen gegen die ausbeuterische Besatzungsmacht als rechtswidrig. Was aber sagt sie über den Widerstand des polnischen oder französischen Volkes oder ihrer Vorkämpfer*innen, als ihre Länder vom Hitler-Faschismus besetzt wurden? Betrachtet sie auch ihren Widerstand als terroristisch? Oder blicken wir in der Geschichte noch weiter zurück: Betrachtet sie den Widerstand der Balkanvölker, nachdem Griechenland und die Balkanländer vom Osmanischen Reich besetzt wurden, auch als terroristisch? Oder was sagt sie zum Widerstand und Krieg des vietnamesischen Volkes gegen die US-amerikanische Besatzungsmacht? Ohne Probleme ließen sich weitere Beispiele finden.“
Den Widerstand des kurdischen Volkes respektieren
„In der UN-Menschenrechtscharta steht, dass alle Nationen das Selbstbestimmungsrecht genießen sollten. Man sollte die Tatsache gut begreifen, dass das Volk Kurdistans sein Selbstbestimmungsrecht einfordert und dafür kämpft. Es handelt sich um ein international anerkanntes Recht und der Kampf des kurdischen Volkes steht nach meiner Überzeugung nicht im Widerspruch zum internationalen Recht und ist legitim. Niemand und keine Institution darf den Kurd*innen sagen, dass sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen dürfen. Denn das kurdische Volk ist mindestens genauso ehrenhaft wie das deutsche oder französische, was auch der hohe Preis beweist, den die Kurd*innen seit 90 Jahren in ihrem Kampf im viergeteilten Kurdistan gezahlt haben. Die Aufgabe, die in diesem Zusammenhang dritten Personen und Institutionen zukommt, ist nicht die unterdrückerische türkische Republik und Erdoğan, sondern den Widerstand des kurdischen Volkes zu respektieren.
Die Unterstützung, die die damalige deutsche Regierung und der ganze deutsche Staat dem Osmanischen Reich zukommen ließ, um dessen Zerfall zu verhindern, ist allgemein bekannt. Die Ittihat ve Terakki-Partei, Enver Pascha und Talat Pascha hätten ohne deutsche Unterstützung nicht den Mut gehabt, den armenischen Völkermord zu wagen. Damals wurden Millionen Armenier*innen ermordet. Es wurde vor den Augen der ganzen Welt ein Völkermord am armenischen Volk verübt. Die türkische herrschende Klasse stellt die unmittelbaren Verantwortlichen dieses Völkermords dar. Aber niemand darf dabei den Einfluss der Unterstützung des Osmanischen Reiches durch den deutschen Staat leugnen. Es ist allgemein bekannt, dass Hitler beim Ermorden der Jüd*innen sagte: die Türk*innen haben die Armenier*innen ermordet, wer hat etwas dagegen unternommen? Damals wurden die Ittihat ve Terakki-Partei, Enver Pascha und Talat Pascha von der deutschen Regierung unterstützt; ich möchte glauben, dass das deutsche Rechtssystem nicht die gleiche Unterstützung leistet, während der faschistische Erdoğan durch Massenmord auszulöschen versucht.“
Massenmord ohne Konsequenzen
„Wenn man keine Ahnung hätte, würde man denken, dass der türkische Staat ausschließlich PKK-Kämpfer ermordet, die sich im bewaffneten Kampf gegen den Staat befinden. Das Gegenteil ist der Fall. Die türkische Republik hat in den 1990er Jahren in Kurdistan über 5000 Dörfer niedergebrannt und fast fünf Millionen Kurd*inen zu Geflüchteten gemacht. Der türkische Staat ermordete bisher über 30.000 unbewaffnete kurdische Zivilist*inen einschließlich Intellektuellen, Schriftsteller*innen, Journalist*innen, Gewerkschaftler*innen, Menschenrechtler*innen, Parlamentarier*innen legaler Parteien. Das alleine stellt einen Massenmord dar. Als Mesut Yilmaz der Ministerpräsident der türkischen Republik war, beauftragte er einen Staatssekretär mit der Aufklärung sogenannter Morde unbekannter Täter*innen. Staatssekretär Kutlu verfasste einen Bericht, laut welchem 17.000 Menschen Morden unbekannter Täter*innen zum Opfer fielen, und obwohl er diesen Bericht auch dem Parlament vorlegte, wurden daraus keine Konsequenzen gezogen. Man spricht von Morden unbekannter Täter*innen, aber es ist allgemein bekannt, dass der Staat hinter ihnen steckt. Dies ereignete sich 1997. Es wäre nicht übertrieben zu behaupten, dass alle Regierungen seit der Gründung der türkischen Republik dem kurdischen Volk nichts als Feindlichkeit entgegengebracht haben. Aber unter den Mörder*innen, die den Kurd*innen gegenüber feindlich gesinnt sind, nimmt Erdoğan nach Atatürk den zweiten Platz ein. Er gratulierte den Piloten der türkischen Kampfjets, die am 28. Dezember 2011 in Roboski 34 unbewaffnete Zivilist*innen mit Bomben zerfetzten, und verlieh ihnen Erfolgsmedaillen. Was werden diejenigen, die behaupten, dass Kurd*innen keinen Widerstand leisten sollten oder dass ihr Widerstand rechtswidrig sei, zu diesen Massakern sagen?
Die Gründung der türkischen Republik basierte auf der Leugnung der Minderheiten, insbesondere der Kurd*innen. Da die Sichtweise der führenden Gründungskader der türkischen Republik so war, wurde auch die Verfassung und die Gesetze geschrieben, dass sie diese Leugnung rechtfertigen. Natürlich wird niemand dadurch zum Türken, dass in der Verfassung alle Staatsbürger der türkischen Republik zu Türken erklärt werden. Das wäre also entweder durch Assimilation oder durch physische Auslöschung möglich. Der türkische Staat versuchte die Kurd*innen mit über hunderttausend Imamen, religiösen Bewegungen und Sekten, die staatlich gegründet bzw. unterstützt wurden, mit allerlei Bildungsinstitutionen und -personal zu assimilieren, was ihm nicht gelang. Da es dem so war, setzte die türkische Republik gegen Kurd*innen Militärgewalt ein und ermordete Hunderttausende Kurd*innen. Allerdings konnten weder die so genannten weißen Morde, also die Assimilation, noch die physischen Morde die Kurd*innen auslöschen. Diese Tatsache zeigt uns, dass eine in der Natur existierende Wahrheit nicht einfach so aus der Welt zu schaffen ist.“
Newroz: Haftbefehl zum neuen Jahr
„Wie man meinem Haftbefehl entnehmen kann, wurde er am 21. März 2018 erlassen. Ich glaube, dass diejenigen, die den Haftbefehl am 21. März erlassen haben, darüber Bescheid wissen, was dieser Tag für Kurd*innen bedeutet. Der 21. März stellt für Kurd*innen einen historischen und heiligen Tag dar, welcher an den Aufstand des Schmieds Kawa gegen den Tyrannen Dehak erinnert. Der 21. März ist Newroz. Der 21. März, das Newroz, ist der Widerstands- und Aufstandstag gegen den faschistischen türkischen Kolonialstaat. Vor allem in den 1990er Jahren ermordeten die bewaffneten Kräfte der türkischen Republik am Newroz in Amed, Botan, Şırnak, Cizre und Nusaybin Dutzende Zivilist*innen, aber die Kurd*innen feierten trotz alledem ihr Newroz-Fest. Ich kann kaum daran glauben, dass mein Haftbefehl zufällig an diesem Tag erlassen wurde. Wenn hinter meiner Verhaftung, wie ich vermute, die türkische Justiz und der türkische Geheimdienst stecken, stellte das einen großen Skandal dar. Wenn die unparteiische deutsche Justiz unter den Einfluss der türkischen Behörden steht, stellte das einen ernsthaften Skandal dar. Es ist klar, dass das für das Urteil zuständige Organ diesen Eindruck von mir zu beseitigen hat. Wenn die türkische Justiz und der türkische Geheimdienst bei meiner Festnahme eine Rolle gespielt hätten, bedeutete es, dass sie es auch beim Urteil tun würden, was unmöglich zu akzeptieren ist. Wenn meine Überlegungen der Wahrheit entsprechen sollten, warum stehe ich dann nicht vor einem türkischen Gericht? Schließlich bin ich nicht davon überzeugt, dass ich mein Haftbefehl zufällig am 21. März erlassen wurde, während das Jahr 365 Tage hat. Hoffentlich irre ich mich, denn wenn dieser Umstand nicht aufgeklärt und dieser Makel beseitigt wird, wird das Urteil der deutschen Justiz, unabhängig von seinem Inhalt, in dessen Schatten stehen.“
Festnahme vor dem türkischen Konsulat
„Im Zusammenhang damit erzeugt auch der Ort meiner Festnahme viele Fragezeichen. Ich wurde am 16. Juni 2018 vor dem türkischen Konsulat in Düsseldorf festgenommen. Es fanden in der Türkei und in Kurdistan Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Vor dem Konsulat standen Hunderte türkischer und kurdischer Wähler*innen. Und die Polizei nahm mich, als wäre es woanders nicht möglich gewesen, vor dem türkischen Konsulat fest. Der Haftbefehl wird am 21. März erlassen und die Festnahme findet vor dem türkischen Konsulat statt! Sind es nicht zu große Zufälle, um wahr zu sein? So wie ich nicht glaube, dass der Haftbefehl zufällig am 21. März erlassen wurde, glaube ich auch nicht, dass ich zufällig vor dem türkischen Konsulat festgenommen wurde. Meines Erachtens steckt der türkische Geheimdienst dahinter. Und wenn ich Recht haben sollte, stellt das einen weiteren Skandal dar. In dem Fall braucht mich die deutsche Justiz nicht vor das Gericht zu stellen. Die türkische Justiz soll ihre Tarnung aufgeben und sichtbar werden. Wenn diese zwei Sachen nicht aufgeklärt werden, wird das Verfahren in ihrem Schatten stehen. Der deutsche Staat, sein Polizeiapparat und vor allem die deutsche Justiz haben die Kraft, ein unabhängiges Urteil zu fassen. Das Gegenteil wäre nicht akzeptabel. Der Verfassungsschutz erklärte mehrmals öffentlich, dass er wegen des türkischen Geheimdienstes besorgt sei. Es ist kein Geheimnis, dass türkische Botschaften, Konsulate, Vereine und Moscheen voller türkischer Agenten sind. Zuletzt ermordete Ömer Güney, ein Agent des türkischen Geheimdienstes, mitten in Paris die kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Leyla Şaylemez und Fidan Doğan. Außerdem erklärten kurdische Institutionen mehrmals, dass sie über Informationen darüber verfügen, dass Erdoğan vor allem nach Deutschland mehrere Mörderteams geschickt hat, um Attentate auf kurdische Politker*innen zu verüben. Das Pariser Attentat stellt einen Beweis dafür dar.“
Die Judikative als tragende Säule der Demokratie
„Es gibt drei grundsätzliche Gewalten, die einen demokratischen Staat ausmachen: die Legislative, die Judikative und die Exekutive. Zahlreiche historische Beispiele belegen, dass vor allem die Exekutive, also die Regierungen unternehmen viele widerrechtliche Sachen, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Die Exekutive hat immer Ausreden parat, wenn sie widerrechtlich handelt. Sie verteidigt sich, indem sie behauptet, dass sie nach dem Wohl des Staates gehandelt hätte. Allerdings kennen wir zahlreiche Fälle, bei denen die betreffenden Regierungen, Minister*innen oder Ministerpräsident*innen eigentlich nach ihren eigenen Interessen handelten. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass es die Exekutive, also die Regierungen sind, die alle Kriege der Welt anfangen und führen. Was ich sagen will, ist, dass Regierungen Fehler begehen; aber die Justiz eines demokratischen Systems kann nicht gegen internationales Recht handeln, denn die Judikative stellt die letzte Hoffnung der Gesellschaft dar. Sie ist die tragende Säule des demokratischen Systems.
Wenn die Justiz ihrer Aufgabe richtig nachgeht, kann der große Fisch den kleinen nicht fressen, da es letztendlich unparteiische und unabhängige Richter*innen gibt. Es ist die Aufgabe der Justiz, die Fehler der Exekutive und der Legislative zu korrigieren. Es gibt ein bekanntes Sprichwort: Wenn das Fleisch stinkt, kaufst du Salz. Aber was machst du, wenn das Salz stinkt? Damit möchte ich sagen: Wenn die Exekutive Fehler macht, interveniert die Justiz und korrigiert die Fehler. Aber wer soll die Fehler der Judikative wiedergutmachen? Außerdem machen die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Justiz ihre Identität aus. Die Punkte, die ich oben erwähnte, sind wichtig: Dass mein Haftbefehl am 21. März erlassen und ich vor dem türkischen Konsulat in Düsseldorf festgenommen wurde, lassen vermuten, dass der türkische Geheimdienst dahinter steckt. Aus diesem Grund sollte die deutsche Justiz diesen Umstand aufklären.“
Die kurdischen Parteien in der Türkei
„Die Kurd*innen betrieben in der Türkei bis Ende der 1990er Jahre sozialdemokratische Politik innerhalb der CHP, die eine sozialdemokratische Identität innehatte. An der Kurdenkonferenz in Paris, die mit Hilfe Mitterands organisiert wurde, nahmen kurdische Politiker*innen teil, die in der CHP aktiv waren. Allerdings wurden die kurdischstämmigen Parlamentarier*innen aus der CHP ausgeschlossen, weil sie an dieser Konferenz teilgenommen hatten. Alle Kurd*innen protestierten gegen diesen Ausschluss und Zehntausende Kurd*innen, darunter auch Mitglieder der Stadt- und Bezirksstrukturen der Partei, verließen die Partei. Kurz darauf gründeten sie ihre eigene Partei. Auf einem Parteikongress gründeten die kurdischen Sozialdemokrat*innen und Sozialist*innen die Arbeiterpartei des Volkes (HEP). Die HEP wurde ab ihrer Gründung zur Zielscheibe des türkischen Geheimdienstes und ihrer Konterguerilla. Der erste Todesfall im Zusammenhang mit der HEP war die extralegale Hinrichtung des Menschenrechtsaktivisten und Parteivorsitzenden in der Provinz Amed am 5. Juli 1991. An seinem Begräbnis in Amed nahmen über hunderttausend Menschen teil. Der Begräbniszug wurde von türkischen Streitkräften angegriffen, die 13 Kurd*innen ermordeten. Nach der Hinrichtung Vedat Aydıns wurden fast jeden Tag Vertreter*innen der HEP entführt und hingerichtet. Mehmet Sincar, Parlamentarier aus der Provinz Mardin, Musa Anter, ein Journalist und Schriftsteller, der als der Philosoph der Kurd*innen bezeichnet wird, und Tausende weitere HEP-Führer und -Mitglieder wurden von der Konterguerilla ermordet. Der türkische Staat gründete und bildete die Hisbollah aus, um sie kurdische Patriot*innen und Demokrat*innen töten zu lassen. Mit den gleichen Methoden, die heute vom IS angewendet werden, wurden Tausende Kurden ermordet. Unsere Menschen wurden in Kellern mit Hackbeilen hingerichtet. Damals war ich in der Bingöl-Provinzdisziplinarkommission der HEP aktiv.
Von 1990 bis 1992 stand ich der Provinzdisziplinarkommission der HEP in Bingöl vor. Aber als ich zur Zielscheibe der türkischen Konterguerilla wurde, bin ich ins Ausland geflüchtet. Bei meinem Asylantrag schilderte ich diese Situation und auf dieser Grundlage erhielt ich eine Aufenthaltserlaubnis. Kurz gesagt: Als der türkische Staat die Kurd*innen durch Morde nicht von der HEP entfernen konnte, hat er Ende 1993 die Partei verboten. Die Kurd*innen gründeten daraufhin die Demokratische Partei (DEP). Da aber die DEP die gleiche politische Linie wie die HEP verfolgte, wurde auch sie von der türkischen Republik verboten. Diesmal gründeten die Kurd*innen die Demokratische Partei des Volkes (HADEP). Es dauerte aber nicht lange, bis der Staat auch die HADEP verbot. Das kurdische Volk hatte sich aber entschieden, es wollte nicht vor den Erpressungen, Drohungen, Foltern und Morden der türkischen Republik zurückschrecken. Das kurdische Volk gründete diesmal die Demokratische Volkspartei (DEHAP). Die türkische Justiz, die alle Befehle der Exekutive nahezu mit militärischem Gehorsam umsetzte, verbot auch die DEHAP.“
Aus Langeweile zu den Waffen gegriffen?
„Das kurdische Volk ließ sich natürlich auch dadurch nicht einschüchtern und gründete daraufhin die Partei der Demokratischen Gesellschaft (DTP). Die Justiz der türkischen Republik verbot auch die DTP. Wie man sieht, verbietet die türkische Republik mit ihrer angeblich unabhängigen Justiz, die anscheinend nichts Besseres zu tun hat, alle Parteien, die von Kurd*innen gegründet werden. Der türkische Staat ermordete nicht nur die Mitglieder der HEP, sondern Mitglieder und Führer*innen aller kurdischen Parteien und über 30.000 unbewaffnete kurdische Zivilist*innen. Der türkische Staat ermordete nicht nur Kurd*innen, die legale Politik betrieben, sondern auch kurdische Menschrechtsaktivist*innen, Journalist*innen und Geschäftsleute. Die türkische Republik antwortet der Forderung der Kurd*innen, die auf legaler Politik beharren, nach Autonomie innerhalb der bestehenden Grenzen mit Morden. Der türkische Staat leugnet seit ihrer Gründung die Existenz der Kurd*innen. Es ist an der Zeit, Fragen zu stellen. Lässt die faschistische türkische Republik, die die Forderungen der Kurd*innen, die legale Politik betreiben, mit Gewalt unterdrückt, einen anderen Weg als den bewaffneten Kampf übrig? Oder greifen die Kurd*innen aus Langeweile zu Waffen und gehen auf die Berge?
Im legalen Bereich existieren die mehrheitlich kurdisch besetzte Partei der demokratischen Regionen (DBP) und die Demokratische Partei der Völker (HDP), der unter anderem auch Kurd*innen angehören. Die DBP errang in Kurdistan bei den Kommunalwahlen 2014 einen großen Sieg, indem sie weit über 50 Prozent der Stimmen bekam, und erhielt 103 Bürgermeisterschaften. Aber der faschistische Erdoğan entfernte per Dekret die Ko-Bürgermeister*innen von 95 Stadt- und Bezirksverwaltungen. Es finden Wahlen statt, das Volk trifft eine Entscheidung und der faschistische Erdoğan entfernt die vom Volk gewählten Bürgermeister*innen und Stadträt*innen von ihren Ämtern. Heute werden über 90 Ko-Bürgermeister*innen, allen voran die Partei-Co-Vorsitzenden, Stadträt*innen, Tausende Parteifunktionär*innen und -mitglieder in türkischen Gefängnissen sozusagen als Geiseln gehalten. Erdoğan, der Faschist, behauptet, dass diese Menschen mit dem Terror zu tun hätten. Aber ich muss fragen: Diese Menschen mussten, als sie kandidierten, dem Gesetz entsprechend nachweisen, dass sie nicht vorbestraft sind. Der faschistische Erdoğan wirft alle Menschen, die Teil der Opposition gegen ihn sind und die Wahrheit verteidigen, unter irgendwelchen Vorwänden ins Gefängnis. War aber der angesehene deutsche Journalist Deniz Yücel ein Terrorist? Wenn er ein Terrorist war, warum wurde er dann entlassen? Die gleiche Methode wie Erdoğan wandte 1933 auch Hitler an und brachte alle oppositionellen Politiker*innen und Journalist*innen unter irgendeinem Vorwand zum Schweigen.
HDP in Geiselhaft
Die HDP besteht ihrer Gründungsphilosophie entsprechend aus oppositionellen Linken, Sozialist*innen, Armenier*innen, Assyrer*innen, Kurd*innen, Türk*innen, Araber*innen, Tscherkess*innen, Roma und Sinti, die unter dem türkischen Regime leiden. Also haben sich alle Menschen, die ein Problem mit dem faschistischen türkischen System haben und den Traum eines freien Lebens teilen, in der HDP zusammengefunden. Schließlich erhielt die HDP bei den Parlamentswahlen am 24. Juni 2018 über zehn Prozent der Stimmen und erhielt 67 Sitze im Parlament. Der faschistische Erdoğan wandte gegen die HDP wieder die gleiche Methode an, die er gegen die DBP eingesetzt hatte. Zurzeit werden die Ko-Vorsitzenden, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, 15 Parlamentarier*innen und Tausende hochrangiger Parteifunktionär*innen in türkischen Gefängnissen als Geiseln gehalten. In der parlamentarischen HDP-Fraktion vertritt von Armenier*innen über Assyrer*innen, Jesid*innen, Alevit*innen, Araber*innen, Türk*innen, Kurd*innen und antikapitalistische Muslim*innen bis hin zu Atheist*innen und Sozialist*innen jede gesellschaftliche Gruppe ihre freien Meinungen. In der Partei wurde eine 40-prozentige Genderquote eingeführt. Kurz gesagt, die HDP stellt im Mittleren Osten, der Hölle des politischen Islam, die Hoffnung der Völker und Unterdrückten dar. Aus eben diesem Grund wurde sie mehrmals vom IS angegriffen. Den Preis, der für einen Mittleren Osten und eine Welt des Pluralismus, wo jeder Glaube als Subjekt anerkannt wird, wo es weder Ausbeutung noch Unterdrückung gibt, gezahlt werden muss, zahlt also die HDP. Die Freiheit ist nicht einfach zu erlangen. Diese Schwierigkeit wird, wenn es um den Mittleren Osten geht, noch größer. Das kurdische Volk wird nicht davor zurückschrecken, den Preis für ihre und der anderen Völker und Minderheiten wahrhafte Befreiung zu zahlen. Aber ich denke, dass es nicht zu viel verlangt ist, wenn das kurdische Volk zumindest eine emotionale Unterstützung durch demokratische und internationalistische Kreise erwartet.“
Auf der Zielscheibe der türkischen Konterguerilla
„Wie oben bereits erwähnt, stand ich der Bingöl-Provinzdisziplinarkommission der 1990 gegründeten Arbeiterpartei des Volkes (HEP) vor. Ich war aktiv in einer legalen, demokratischen Partei und verteidigte meinen Kräften entsprechend die Hoffnung des kurdischen Volkes auf Freiheit. Als ich zur Zielscheibe der türkischen Konterguerilla wurde, war ich dazu gezwungen, das Land zu verlassen. Ich war dann auch im Ausland in den Jahren 1993 bis 2018 entsprechend meinen Überzeugungen politisch aktiv. Ich habe diplomatische und kulturelle Tätigkeiten entfaltet. Ich habe an Kongressen teilgenommen, an Konferenzen und Panels. Zielrichtung meiner Tätigkeit war immer die Freiheit meines Volkes. Es war eine Tätigkeit, die mich mit demokratischen, sozialistischen, sozialdemokratischen und kommunistischen Personen zusammenbrachte. Ich arbeitete mit Journalist*innen, Künstler*innen und Intellektuellen. Neben den genannten diplomatischen, demokratischen und kulturellen Tätigkeiten ging es mir auch immer um Bildungsaktivitäten. Die Anklage wirft mir vor,
• veranlasst zu haben, dass über Facebook zur TeilMittlerme an einer Demonstration des Vereins Birati e.V. aufgerufen wird, und an der Demonstration selbst teilgenommen zu haben,
• im Vorfeld der Wahl in der Türkei organisatorische Unterstützung für Wahlveranstaltungen und Spendensammlungen für die Partei BDP geleistet zu haben insbesondere mit Blick auf die Wahlen in Bingöl,
• die Abholung von Gästen für eine Podiumsdiskussion vom Flughafen mit veranlasst zu haben,
• im Februar, März und Mai Busfahrten von Bremen und Bremerhaven nach Straßburg, Düsseldorf, hier im Zusammenhang mit dem Newroz-Festival und dem Dersim-Festival, und Köln, hier gegen den Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan, und für dortige Kundgebungen mit organisiert zu haben,
• eine politische Veranstaltung des kurdischen Kulturvereins in Bremerhaven sowie eine am Tag darauf stattfindende Vorstandssitzung des Vereins mit vorbereitet zu haben,
• eine Versammlung in Achim mit organisiert und an Wahlen teilgenommen zu haben,
• eine Versammlung in Bremen zum Thema „Gegen die Ermordung von kurdischen Zivilisten in der Türkei“ mit organisiert und daran teilgenommen zu haben,
• an verschiedenen politischen Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen, Informationsveranstaltungen und Vereinsversammlungen, teilgenommen und
• Kartenverkäufe und deren Abrechnung mit gestaltet zu haben.
Ich trete der Anklage insofern insgesamt nicht entgegen. Ich weiß, dass hier in Deutschland die Gefahr besteht, dass die Staatsanwaltschaft und Gerichte solche Aktivitäten für strafbar halten. Aber warum tun Sie das? Die Staatsanwaltschaft machte umfassende Analysen, konnte dabei aber keine Straftat im wirklichen Sinne erwähnen. Es gab also nichts, was die deutsche Gesellschaft beunruhigen, das deutsche System in eine schwierige Lage bringen könnte. Es gab also keinen Fall, der Gewalt beinhaltete, der sich gegen das deutsche Volk, gegen die Öffentlichkeit richtete. Ich dachte ohnehin niemals daran, dem deutschen Volk, der Öffentlichkeit zu schaden, es wird auch in der Zukunft so bleiben.“
Was ein Mensch tun sollte, dessen Land besetzt ist
„Die Staatsanwaltschaft betont vor allem, dass ich im Sinne des kurdischen Volkes gehandelt habe. Ich habe das getan, was ein Mensch tun sollte, dessen Land besetzt ist, dessen Volk unterdrückt wird. Selbstverständlich war ich im Sinne meines Volkes aktiv. Ich kann natürlich nicht hinter dem faschistischen Erdoğan stehen. Hoffentlich erwartet der werte Staatsanwalt von mir nicht, dass ich es tue. Wenn er eine solche Erwartung haben sollte, muss ich sagen, dass sie niemals in Erfüllung gehen wird. Die Formulierung, dass Taten dem kurdischen Volk und der PKK nützen, umfasst ein sehr breites Feld. Zum Beispiel nützt es dem kurdischen Volk und der PKK, wenn weltweit ein gutes Klima herrscht und hoher Niederschlag verzeichnet wird. Möchte nun die Staatsanwaltschaft auch gegen den Gott bzw. die Natur ein Verfahren einleiten? Eine solche Anklage ergibt keinen Sinn. Eine Straftat muss konkret und klar definiert sein. Sonst bringen abstrakte und in alle Richtungen dehnbare Formulierungen wie „deine Taten nützen dem kurdischen Volk“ die Justiz in eine schwierige Lage, da es sich dabei um subjektive Einschätzungen handelt. Und das wäre schädlich für das Ansehen des werten Staatsanwalts. Wenn es ansonsten den werten Staatsanwalt glücklich macht, einen Kurden zu bestrafen, soll sein Wille geschehen. Einen weiteren Kurden zu bestrafen, würde nur den faschistischen Erdoğan glücklich machen. Wenn es allerdings Menschen gibt, die sich über das Glück Erdoğans freuen, würde ich ihnen in diesem Fall herzlichen Glückwunsch sagen.“
Macht euch nicht mitschuldig am kurdischen Völkermord
„Heute ist Kurdistan, das Land der Kurd*innen, deren Zahl auf 50 Millionen geschätzt wird, von imperialistischen Ländern in vier geteilt und die jeweiligen Teile wurden der türkischen Republik, dem Iran, dem Irak und Syrien gegeben. Die angeblichen Grenzen innerhalb des geteilten Kurdistans sind vermint. Beim Überqueren der angeblichen Grenzen überqueren starben Tausende Kurd*innen, weitere Tausende verloren durch die Detonation der Minen ihre Beine und Arme. Das ist eigentlich ein gemeinsames Problem der ganzen Menschheit. Man fragt sich, was die Kurd*innen wollen. Das kurdische Volk will in ihrem eigenen Land, in einem wahrhaftig demokratischen Kurdistan leben. Die von Russ*innen eines Nachts gebaute Mauer hatte Berlin in zwei geteilt und brachte dem deutschen Volk ein großes Leid. Wenn das deutsche Volk den Tag, an dem es sich von dieser illegitimen Mauer befreite, zu einem Feiertag erklärte, müssen auch die Grenzen, Stacheldrahtzäune und Mauern, die Kurdistan in vier teilen, abgerissen werden.
Das aus 50 Millionen Menschen bestehende kurdische Volk besitzt weder einen politischen Status noch eine freie Identität. Aus diesem Grund wollen die Kurd*innen der UN-Charta entsprechend von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen. Die Kurd*innen fordern von der internationalen Gemeinschaft, zum Beispiel von den USA, dass sie der türkischen Republik und Erdoğan keine Flugzeuge verkaufen, oder von Deutschland, dass es dem faschistischen Erdoğan, der sich nicht damit begnügt, die Kurd*innen in der Türkei zu ermorden, sondern auch das von den Kurd*innen aufgebaute demokratische System in Rojava zu stürzen versucht, keine Panzer mehr verkauft. Mit deutscher Unterstützung beging das Osmanische Reich den armenischen Völkermord. Aus diesem Grund sagt das kurdische Volk: Macht euch nicht schuldig am kurdischen Völkermord, leistet Erdoğan keine wirtschaftliche und militärische Unterstützung. Außerdem sagen Kurd*innen deutschen Jurist*innen und Richter*innen: Beteiligt euch nicht an der schmutzigen, interessengeleiteten Politik zwischen den beiden Staaten. Sonst erwarten Kurd*innen nichts. Sie fordern nur eine Justiz, die der Wahrheit entspricht.“
Die PKK ist keine terroristische Vereinigung
„Ja, im Sinne der Endlösung aller Fragen wird das unparteiische und unabhängige judikative Organ der demokratischen Justiz das letzte Wort und Urteil sprechen. Das ist die richtigste Methode. Denn die Judikative ist eine unparteiische und unabhängige Gewalt. Aus diesem Grund fasst sie ihre Urteile nicht nach dem Willen der Exekutive. Denn die Judikative ist gerecht und stellt die letzte Hoffnung der Gesellschaft dar.
Ja, ein europäisches Gericht hat am 15. November 2018 ihr letztes Urteil gefasst. 2001 reichten die USA, England, Frankreich und die türkische Republik beim Europäischen Rat einige Dokumente ein, damit die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen wurde. Daraufhin nahm der Europäische Rat die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen auf. Der Europäische Rat aktualisierte alle sechs Monate ihre Listen. Duran Kalkan und Murat Karayilan reichten im Namen der PKK mit der Behauptung, dass die PKK keine terroristische Organisation sei und die von den USA, England, Frankreich und der türkischen Republik eingereichten Dokumente nicht der Wahrheit entsprechen, beim Europäischen Gerichtshof eine Klage ein. Am 15. November 2018 fasste der Europäische Gerichtshof ein historisches Urteil, welches besagt, dass die von den USA, England, Frankreich und der türkischen Republik eingereichten Dokumente, die beweisen sollten, dass die PKK eine terroristische Organisation ist, weder ausreichend sind noch die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen. Dieses Urteil wurde nicht von irgendeinem Gericht, sondern vom einem der höchsten judikativen Organe Europas gefasst. In diesem Fall sind alle Anklagen, die die PKK zu einer terroristischen Organisation erklären, entkräftet. Dass die PKK keine terroristische Organisation ist, ist ein konkretes Urteil. Ich glaube, dass das Gericht dieses Urteil berücksichtigen wird.“