Mahmut Alinak wegen Präsidentenbeleidigung festgenommen

Der kurdische Politiker Mahmut Alinak ist in Qers festgenommen worden. Dem früheren Parlamentsabgeordneten wird Präsidentenbeleidigung vorgeworfen.

Der kurdische Politiker Mahmut Alinak ist in Qers (türk. Kars) festgenommen worden. Dem 68-jährigen wird vorgeworfen, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beleidigt zu haben. Auf welcher Grundlage das Ermittlungsverfahren eröffnet wurde, ist unklar. Alinak wird noch im Polizeipräsidium festgehalten.

Präsidentenbeleidigung ist ein gängiger Vorwurf in der Türkei. Allein 2019 sind nach Angaben des türkischen Justizministeriums insgesamt 36.066 Verfahren wegen Beleidigung von Erdoğan angestrengt worden. Über 3.800 Angeklagte wurden zu Haft- oder Geldstrafen verurteilt.

Der ehemalige DEP-Abgeordnete, Menschenrechtsanwalt und Buchautor Mahmut Alinak war erst im Mai aus der Untersuchungshaft in den Hausarrest entlassen worden. In einem anderen Verfahren ist er der versuchten „Zerstörung der Einheit und Integrität des Staates“ angeklagt. Die 300 Seiten umfassende Anklageschrift gegen ihn besteht zu großen Teilen aus Zitaten aus öffentlich abgegebenen Erklärungen, Telefongesprächen und den Büchern des Politikers. Seine Forderung, Kurdisch als gleichwertig mit anderen Sprachen anzuerkennen, sowie die Spende des Erlöses aus seinem Buch „Mehmet Tunç und Bêkes” an die Familie des 2016 in den Todeskellern von Cizîr (Cizre) ums Leben gekommenen Vorsitzenden des örtlichen Volksrates Mehmet Tunç wird von der Staatsanwaltschaft als Separatismus ausgelegt. Bei einer Verurteilung droht Alinak eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der Hausarrest gegen ihn wurde vor zwei Wochen überraschend aufgehoben worden.

Wer ist Mahmut Alinak?

Mahmut Alinak ist 1952 in Dîxor (Digor) in der Provinz Qers geboren. Er studierte Jura in Ankara und wurde Rechtsanwalt. 1987 zog er das erste Mal als Abgeordneter der SHP ins türkische Parlament ein. 1994 wurde Alinak nach der Aufhebung der parlamentarischen Immunität gemeinsam mit Orhan Doğan, Hatip Dicle, Ahmet Türk, Sırrı Sakık und Leyla Zana verhaftet. Im Gefängnis schrieb er seine ersten beiden Bücher.

Alinak war mehrmals im Gefängnis. 2011 wurde er im Rahmen der KCK-Operationen verhaftet und war sieben Monate in Haft. 2014 verbrachte er weitere drei Monate im Gefängnis.

Im Januar 2019 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei wegen der unrechtmäßigen Inhaftierung Alinaks verurteilt und ihm Schadensersatz zugesprochen. Alinak wurde im Jahr 2008 in Qers wegen seiner Kritik am Unrechtssystem auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali, wo Abdullah Öcalan seit 1999 inhaftiert ist, und aufgrund eines Antrags bei der Stadtverwaltung auf Straßenumbenennung verurteilt. Alinak hatte gefordert, einige Straßen in Qers nach türkischen und kurdischen Intellektuellen, Revolutionären und Gefallenen zu benennen. Unter anderem ging es um die Namen des Schriftstellers Musa Anter, des Menschenrechtsanwalts Vedat Aydın und des Mitglieds der türkischen 68er-Bewegung Deniz Gezmiş. Der EGMR entschied, dass die Haft Alinaks gegen das Recht auf Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen hat.