Die Internationale Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan, bestehend aus mehr als 100 Menschenrechtsaktivist:innen, Akademiker:innen und Politiker:innen aus verschiedenen europäischen Ländern, wurde als Reaktion auf und in Opposition zu den türkischen Übergriffen in Südkurdistan (Irak) gegründet und plante im Juni einen Besuch in Hewlêr (Erbil). Ziel war es, Beobachtungen in den vom türkischen Staat besetzten Gebieten zu machen, die Zerstörungen an Menschen, Natur und Ökologie zu beurteilen und darüber zu berichten sowie zum Aufbau freundschaftlicher Beziehungen zwischen dem kurdischen Volk und den Völkern Europas beizutragen.
Trotz der Versuche der türkischen und deutschen Regierung sowie der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK), den Besuch mit Gewalt und Verhaftungen physisch zu verhindern, konnte die Delegation Kontakte in der Region knüpfen, Menschen treffen und Beobachtungen machen, nach denen die Delegationsmitglieder in Gruppen in ihre Länder zurückkehrten. Sie sind nun dabei, in verschiedenen europäischen Städten Veranstaltungen zu organisieren, um ihre Beobachtungen über die Situation in der Region und über die türkische Invasion und Besatzung zu teilen.
Lida Weerts: Menschenrechtsaktivistin und Feministin
Lida Weerts, eine niederländische Menschenrechtsaktivistin und Feministin, die in Norwegen lebt, verfolgt die Entwicklungen in der Türkei und in Kurdistan seit Jahren aufmerksam. In den letzten Jahren hat sie sich auch aktiv für die Rechte der Frauen in Kurdistan eingesetzt.
Sie engagierte sich auch in der internationalen Initiative für die Freiheit von Abdullah Öcalan und sieht den seit 22 Jahren in der Türkei inhaftierten PKK-Gründer als Schlüsselfaktor für eine Lösung der kurdischen Frage.
Weerts reiste im März 2019 im Namen der Initiative „Solidarität mit Kurdistan" nach Hewlêr, um den von der HDP-Politikerin Leyla Güven initiierten Hungerstreik gegen die Isolation von Öcalan zu unterstützen. Später nahm sie auch selbst an dem Hungerstreik in Stockholm, Schweden, teil und gab eine öffentliche Erklärung zu den Forderungen der Hungerstreikenden ab.
„Die Herzen der Menschen berühren“
Dilan Karacadag von der Tageszeitung Yeni Özgür Politika hat Lida Weerts als Sprecherin der in Hewlêr gegründeten internationalen Initiative „Defend Kurdistan" nach der Arbeit der Initiative und dem Besuch in Südkurdistan gefragt.
Weerts betont, dass die kurdische Frage eine Sache der Menschenrechte ist. Sie sagt: „Vielleicht sind wir in der Lage, etwas zu bewirken. Mir wurde klar, dass unsere Arbeit gerade erst begonnen hat, als wir nach Europa zurückkehrten. Wir müssen die Menschen zum Protest gegen die geopolitischen Mächte in Kurdistan aufrufen und versuchen, den Prozess zu stoppen.
Laut dem Index 2021 des Freedom House stehen der Irak und Südkurdistan auf der Liste der unfreien Länder. Südkurdistan ist einer der gefährlichsten Orte der Welt in Bezug auf die Meinungsfreiheit, für Menschenrechtsverteidiger und Journalisten. Leider bleiben die meisten Fälle von Mord und Angriffen auf Journalisten und Aktivisten ungestraft. Sie waren also definitiv nicht glücklich über unseren Besuch. Aber dort zu sein und unsere Stimme zu erheben, hat dem gesamten kurdischen Volk Kraft gegeben."
Zu ihren Eindrücken von den Kontakten der Delegation sagt Weerts: „Es war schön, in Kurdistan zu sein, mit den Menschen zu sprechen, sich ihre Probleme anzuhören. Es hat uns Kraft gegeben, zu sehen, dass die Menschen einen solchen Willen haben, ihre Rechte zu verteidigen. Ich habe es vorgezogen, mit den Aktivistinnen und Aktivisten zu sprechen, weil sie noch leidenschaftlicher sind. Die Reden der Politiker waren eher diplomatisch. Ich hoffe, die Politiker, die wir getroffen haben, halten ihr Wort und stellen die Interessen der Menschen vor ihre eigenen Interessen."
Weerts beschreibt „Defend Kurdistan“ als „sehr motivierte Gruppe“: „Unser Ziel ist es, eine effektive Bewegung in Europa zu werden. Es sind nur die Imperialisten mit geopolitischen Motiven, die sich nicht um die Menschen in Kurdistan kümmern. Deshalb müssen wir die Herzen der Menschen in Europa berühren und sie überzeugen, ihre Stimme zu erheben."