LGBTI-Aktivist Atik kandidiert für die HDP

Im Gespräch mit Yıldız Tar von Kaos GL erklärt LGBTI-Aktivist Hasan Atik, warum er sich innerhalb der HDP organisiert hat, um von dort aus gegen Hasspropaganda und für die Rechte der LGBTI-Gemeinschaft zu kämpfen.

Hasan Atik ist LGBTI-Aktivist und Kandidat der HDP (Demokratische Partei der Völker) für die vorgezogenen Parlamentswahlen am 24. Juni in der Türkei. Im Gespräch mit Yıldız Tar von Kaos GL erklärt Atik, warum er sich innerhalb der HDP organisiert hat, um von dort aus gegen Hasspropaganda und für die Rechte der LGBTI-Gemeinschaft zu kämpfen.

Wie kam es zu der Entscheidung, Kandidat für die Parlamentswahlen zu werden? Wird Ihre Kandidatur als politisch aktiver Homosexueller innerhalb der HDP von Ihrer Partei unterstützt?

Ich war bisher in vielen verschiedenen Bereichen der HDP aktiv und habe auf jeder Ebene in vollem Einklang mit meiner Partei und meinen Genoss*innen gearbeitet. Die HDP ist eine Partei, die mit all ihren Farben existiert. Als ich mich entschloss, meine Bewerbung für eine Kandidatur einzureichen, haben mich meine Parteifreund*innen sowohl auf lokaler, als auch zentraler Ebene unterstützt und tun es auch weiterhin.  

Sie kandidieren für einen Wahlkreis, aus dem Sie wohl kaum ins Parlament gewählt werden. Der einzig offen homosexuelle Kandidat sind jedoch Sie, soweit ich das beurteilen kann. Wie wird Ihr Wahlkampf aussehen?

Die Kandidatur für den Wahlkreis Edirne war mein ausdrücklicher Wunsch, da ich denke, dass ich für meine Partei in Edirne nützlicher sein könnte. Kein Mitglied der HDP betreibt Politik, um irgendeinen Sitz zu ergattern. Uns geht es in erster Linie um unsere Partei. Auch während des Wahlkampfes werde ich mich weiterhin für Rechte einsetzen. Mein politischer Einsatz beschränkt sich jedoch nicht auf eine einzige Identität, sondern für die Gleichberechtigung aller Identitäten. Deshalb ist meine Kandidatur als Mittel zu betrachten, und nicht als Zweck. Die Intention, die dahintersteckt, ist eine freie und egalitäre Bürgerschaft für alle Völker der Türkei.

Wir leben leider in einem Land, in dem es keine Anstrengungen zum Schutz der Rechte der LGBTI-Gemeinschaft gibt. Wie sehen Ihre Forderungen als Kandidat des Parlaments für die Rechte der LGBTI aus?

Das Recht auf Leben ist unsere dringendste Forderung. Gleichberechtigte Bürgerschaft, Freiheit, das Recht auf Obdach und Beschäftigung gehören ebenfalls zu unseren Forderungen. Darüber hinaus werde ich für die Konkretisierung und ausreichende Verfolgung von Hasskriminalität kämpfen. Selbstverständlich werde ich unseren Anspruch auf ein Leben auf Grundlage von Gleichstellungsgesetzen statt positiver Diskriminierung ebenfalls energisch angehen.

Neben Ihrem Kampf für die Rechte der LGBTI-Gemeinschaft treten Sie auch als AIDS-Aktivist in Erscheinung. Wie werden Sie diese Aufgaben in die Politik einfließen lassen?

Das Thema HIV/AIDS steht hier auf Messers Schneide. Auf diesem Gebiet hat der türkische Staat außer medizinischer Behandlung keine Präventivmaßnahmen zu bieten. In dieser Hinsicht werden wir uns insbesondere dafür einsetzen, dass Sexualkunde und Aufklärungsunterricht in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen wird. Danach werden wir die Gesellschaft und Öffentlichkeit über HIV/AIDS-Phobie aufklären und gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung Infizierter eintreten.

Unser Ziel ist es, diesen Staat zum Staat aller Personen zu machen, die innerhalb der Grenzen der Türkei leben. Daher bestreben wir, in die Ausgestaltung und Umsetzung der Dezentralisierung alle Teile der Gesellschaft mit einzubeziehen. Wir alle gemeinsam werden am Aufbau einer demokratischeren und lebenswerteren Türkei teilnehmen. Und wir werden gewinnen.