Lebenslange Haftstrafen nach Bahnhofsmassaker von Ankara
Mehr als acht Jahre nach dem sogenannten Bahnhofsmassaker von Ankara mit mehr als hundert Toten sind zehn Angeklagte zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Mehr als acht Jahre nach dem sogenannten Bahnhofsmassaker von Ankara mit mehr als hundert Toten sind zehn Angeklagte zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Mehr als acht Jahre nach dem sogenannten Bahnhofsmassaker von Ankara mit mehr als hundert Toten sind zehn Angeklagte zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Neun von ihnen wurden wegen vorsätzlichen Mordes bei „Aktivitäten einer bewaffneten Terrororganisation“ zu 101-mal lebenslanger Haft verurteilt, zusätzlich erhielten sie 379-mal 18 Jahre Haft für versuchten Mord. Gegen einen weiteren Angeklagten verhängte das Gericht dasselbe Strafmaß plus weitere dreizehn Jahre Haft, unter anderem aber auch wegen weiterer Vergehen wie eines Umsturzversuchs und unerlaubten Sprengstoff- und Waffenbesitzes. Vom Vorwurf eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit wurde der Beschuldigte freigesprochen. Das Verfahren gegen mehr als ein Dutzend flüchtige Angeklagte wurde abgetrennt.
Am 10. Oktober 2015 hatte sich in Ankara der schwerste Terroranschlag in der Geschichte der Türkei ereignet. Zwei Selbstmordattentäter sprengten sich inmitten einer Friedenskundgebung vor dem Hauptbahnhof in die Luft. 103 Menschen starben, rund 500 weitere wurden teils schwer verletzt. Die Regierung erkannte jedoch nicht alle Verletzten als Anschlagsopfer an: eine nicht unerhebliche Zahl von Menschen wurde durch Schlagstöcke sowie Tränengas verletzt, das die Polizei unmittelbar nach den Explosionen auf die Überlebenden abfeuerte. Bis heute forderte der Anschlag 104 Todesopfer.
Zu der Demonstration vor dem Bahnhof in Ankara hatten damals die HDP, die Gewerkschaftsverbände KESK und DISK, die Architekten- und Ingenieurskammer (TMMOB) und der Türkische Ärztebund (TTB) unter dem Motto „Arbeit, Demokratie, Frieden“ aufgerufen, es wurde das Ende des Krieges des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung eingefordert. Die türkische Regierung machte die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) für die Tat verantwortlich. Die Terrorgruppe selbst bekannte sich jedoch nie dazu. Der Anschlag erfolgte damals nur wenige Wochen vor Neuwahlen im Parlament. Die damalige HDP, die inzwischen in DEM umbenannt wurde, war nach eigener Einschätzung Ziel des Attentats.
2018 wurden neun der Angeklagten in einem ersten Prozess wegen vorsätzlichem Mord g zu lebenslanger Haft verurteilt. Außerdem erhielten sie eine zusätzliche Gesamtstrafe in Höhe von 10.557 Jahren wegen versuchten Mordes in 391 Fällen. Der Kassationshof bestätigte im Juli 2022 die lebenslangen Haftstrafen, korrigierte das Strafmaß wegen versuchten Mordes jedoch mit 379 mal 18 Jahren nach unten. Zur Begründung hieß es, es sei hier nur „beim Versuch geblieben“, weitere Menschen zu töten. Der Freispruch eines weiteren Angeklagten wurde gekippt. Außerdem ordnete das oberste Berufungsgericht der Türkei an, dass der Hauptangeklagte auch wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit hätte verurteilt werden müssen. Unter anderem deshalb war das Urteil wegen „unvollständiger Ermittlungen“ an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen. Mit der heutigen Entscheidung widersetzte sich die Strafkammer in Ankara teilweise der Rechtsprechung des Kassationshofs.