Mit einer Pressekonferenz in Lausanne ist eine zweitägige Demonstration nach Genf eingeleitet worden. Mit dem langen Marsch sollen die UN und andere internationale Institutionen dazu aufgefordert werden, sich nicht durch ihr Schweigen zu der türkischen Besatzung Nordsyriens zu Partnern der Türkei bei der völkerrechtswidrigen Invasion zu machen. Gefordert werden konkrete Sanktionen, um den Angriffskrieg zu stoppen.
Die Pressekonferenz fand auf dem Place de Riponne statt. An diesem Platz steht das Gebäude, in dem 1923 das Abkommen von Lausanne unterzeichnet wurde, das zur Vierteilung Kurdistans führte. Über hundert Vertreterinnen und Vertreter verschiedener kurdischer Parteien und Einrichtungen sowie Künstler*innen und Intellektuelle nahmen an der Pressekonferenz teil.
In den Redebeiträgen wurde die Bedeutung einer kurdischen Einheit gegen den Vernichtungsfeldzug der Türkei betont. Der Musiker Şivan Perwer rief alle Parteien Kurdistans zur Einheit auf und erklärte: „Kurdistan ist in dieser Stadt geteilt worden. Die Kurden sollten vernichtet werden, aber das kurdische Volk hat die ihm gesetzten Grenzen niemals akzeptiert. Die Kurden haben seit Lausanne bis heute immer für Freiheit und Unabhängigkeit gekämpft und leisten weiter Widerstand.“
Die Zeit der Stammeskultur und der Feudalherren sei vorbei, erklärte der bekannte kurdische Musiker: „Auf diese Weise lässt sich die kurdische Frage nicht lösen. Solange das kurdische Volk keine Einheit bildet, die kurdischen Parteien nicht zusammenkommen und keine nationale Einheit entsteht, kann das Problem nicht gelöst werden.“
Şivan Perwer appellierte in seiner Rede auch an den türkischen Staat: „Ihr könnt die Kurden nicht vollständig vernichten, es gibt 50 Millionen Kurdinnen und Kurden. Ihr habt sie bis heute nicht vernichten können und werdet es auch in Zukunft nicht schaffen. Die türkische Regierung muss wissen, dass wir uns nicht vernichten lassen. Die Kurden lassen sich nicht auslöschen und auch ihr könnt nicht ohne die Kurden leben. Ohne eine Anerkennung der Rechte des kurdischen Volkes werdet ihr nie zu einem demokratischen Land. Ihr bewegt euch Richtung Diktatur. Wir appellieren an dieser Stelle erneut an euch: Lasst die Völker freundschaftlich miteinander leben.“
Auch der kurdische Politiker Ahmed Şexo, der die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens auf dem langen Marsch vertritt, forderte praktische Schritte für die Entstehung einer innerkurdischen Einheit: „Alle müssen ihrer Verantwortung nachkommen. Der aktuelle Angriff auf Rojava gilt nicht nur einem Teil Kurdistans, sondern ganz Kurdistan. Die Kurden müssen endlich eine neue Seite in ihrer Geschichte öffnen und eine nationale Einheit herstellen.“
Weitere Beiträge folgten von Hikmet Serbilind (Islamische Partei Kurdistans), Yüksel Koç (KCDK-E), Besime Konca (TJK-E), Hajar Nuri Feqa (Kommunistische Partei Kurdistans) sowie von Vertreter*innen von Parteien und Organisationen aus der Schweiz. Im Anschluss begann der zweitägige Marsch nach Genf, mit dem ein sofortiger Abzug der türkischen Armee aus Nordostsyrien und Efrîn gefordert wird. Weitere Forderungen sind die Schließung des nordsyrischen Luftraums zum Schutz der Bevölkerung, die Beteiligung der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien an den von den UN initiierten Verhandlungen über eine neue syrische Verfassung, die Gewährleistung der Rückkehr der durch die türkische Invasion vertriebenen Menschen in Rojava und ein Stopp der Rüstungsexporte in die Türkei.